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Gründerdenkmal und Metechi-Kirche

Gründerdenkmal und Metechi-Kirche

georgische Snickers

georgische Snickers

Gruppenbild mit Damen

Gruppenbild mit Damen

Tamada

Tamada

Blick in die Sioni-Kirche

Blick in die Sioni-Kirche

auf der Friedensbrücke

auf der Friedensbrücke

Mutter Georgiens

Mutter Georgiens

Lampenputzer bei der Arbeit

Lampenputzer bei der Arbeit

Freiheitsplatz

Freiheitsplatz

Schädel, 1,5 Mio. Jahre alt

Schädel, 1,5 Mio. Jahre alt

Dshwari-Kirche

Dshwari-Kirche

Blick auf Mzcheta

Blick auf Mzcheta

Sweti-Kirche

Sweti-Kirche

Ninokreuz

Ninokreuz

Alawerdi-Kirche

Alawerdi-Kirche

gleich gehts los

gleich gehts los

Landsitz des Fürsten

Landsitz des Fürsten

Signaghi und das Alasanital

Signaghi und das Alasanital

Abschiedskonzert

Abschiedskonzert

Kaukasische Begegnungen

Kirchen - Klöster - Kunst - Kultur

Georgien

Tbilisi

Nina, unsere reizende neue Reiseleiterin, nimmt uns, nachdem wir den Grenzfluss überschritten haben, in Empfang. Auch sie spricht sehr gut Deutsch, kein Wunder, denn sie hat ein paar Jahre in Nürnberg gelebt und dort studiert. Man muss unserem Veranstalter „berge & meer“ zugestehen, dass vor Ort mit wirklich guten und kompetenten Partnern gearbeitet wird. Im Bus erhalten wir ein paar Basisinformationen und erfahren, dass Georgien als drittes Land, nach Armenien und den Römern, christianisiert wurde. Georgien besteht zu zwei Dritteln aus Bergen, die eine Höhe bis zu 5.000 Metern erreichen. Man ist sich nicht sicher, ob der Name des Landes vom Heiligen Georg oder vom griechischen Wort „Geo“ abgeleitet wurde. Georgien gilt als sehr fruchtbar und als Mutterland des Weines, denn seit etwa 8.000 Jahren werden hier Trauben geerntet und gekeltert. Wir nehmen staunend zur Kenntnis, dass rund 4.500 verschiedene Sorten dieser lieblichen Frucht angebaut werden. Exportiert wird in erster Linie nach Russland. Auch Tee, Mineralwasser, Nüsse, Zitrusfrüchte und andere Produkte finden Käufer im Ausland, Deutschland ist Hauptabnehmer von georgischen Lorbeerblättern, die Schweiz importiert die meisten Nüsse.

Georgien ist außerdem reich an Bodenschätzen, wie Mangan, Stein- und Braunkohle, und hat rund 1.000 Mineralquellen. Benzin kann hier, wie auch in Armenien, preiswerter als in Deutschland getankt werden. 44 Prozent der Landesfläche ist bewaldet. Ein weiterer Wirtschaftsfaktor ist natürlich der Tourismus, denn rund vier Millionen Besucher werden jährlich gezählt, vorwiegend aus Russland oder anderen alt-sowjetischen Ländern. Im Jahre 1991 erfolgte die Unabhängigkeit, Nina meint, während der Sowjetzeit hätte man hier wie im Paradies gelebt. Westgeorgien ist subtropisch feucht, hier gedeiht der Tee besonders gut. Alle Flüsse fließen ins Schwarze Meer. In Ostgeorgien herrscht kontinentales Klima und hier münden die Flüsse im Kaspischen Meer. Mit ein paar Worten erwähnt sie auch das Goldene Vlies.

Im Vergleich zu Armenien wurde hier die Korruption erfolgreich bekämpft und die Polizei mit einem guten Durchschnittseinkommen ausgestattet, was etwa bei 700 bis 800 Lari liegt. Ein Euro entspricht zur Zeit unseres Aufenthaltes etwa 2,55 Lari. Auch bei der Rente wird diese Berufsschicht nicht benachteiligt, 300 bis 400 Lari monatlich werden den ehemaligen Gesetzeshütern zugestanden. Das monatliche Durchschnittseinkommen eines „Normalbürgers“ pendelt zwischen 300 und 400 Lari, die Durchschnittsrente liegt bei 150 Lari. Nina weist einige Male auf die Transparenz bei der Polizei hin, die sich selbst in den Gebäuden und Amtsstuben widerspiegelt.

Mittlerweile sind wir in der georgischen Hauptstadt angekommen, checken ein im „Hotel Terrace“ und bringen unser Gepäck auf die Zimmer. Tbilisi, eine moderne Metropole, die oft Opfer von Zerstörung wurde, besticht durch ihre Museen, Kirchen, Galerien und Theater. Mit einer Standseilbahn erklimmen wir den Hausberg und im urigen Lokal „Chela“ wird zu Abend gegessen und der erste georgische Wein probiert. Wir kosten Walnusscreme in Paprika und laben uns an leckeren Teigtaschen, die hier jedoch ausgeschlürft werden. Margret Thatcher und Fidel Castro sollen in diesem Restaurant, das draußen eine herrliche Aussicht auf die Stadt bietet, ebenfalls gespeist haben. Mir scheint, hier herrscht eine ganz andere Atmosphäre als in Armenien. Zurück im Hotel treffe ich mich mit Karl noch in der Bar. Er hat eine für ihn sehr wichtige Nachricht erhalten und freut sich, darauf mit einem Glas Wein anzustoßen.

Am nächsten Morgen hat sich die Sonne hinter dicken Wolken verkrochen. Mit dem Bus fahren wir ins Zentrum, immer wieder versperren falsch geparkte Autos den Weg. Dann beginnen wir unseren Spaziergang. Als erstes steht die Besichtigung des Gründerdenkmals und der Metechi-Kirche zur Heiligen Jungfrau auf dem Programm. König Wachtang Gorgassali gründete Tbilisi, er blickt mit erhobener Hand grüßend auf seine Stadt. Die Kirche, einst zu einem Schloss gehörend, besichtigen wir nur von außen. Von diesem auf einer Anhöhe stehenden Punkt hat man einen hervorragenden Blick auf die alte Festung, die mit einer Seilbahn erreichbar ist, auf unser gestriges Restaurant, auf die Friedensbrücke und weitere markante Bauwerke der Stadt. Wir orientieren uns dann in Richtung Bäderviertel und halten kurz bei einem Geschäft, das die heimische Spezialität Tschurtschchela anbietet, also die georgischen Snickers, hergestellt aus Walnüssen und Traubensirup. Vor einigen hundert Jahren gab es über 65 Schwefelbäder in der Stadt, meist unterirdisch. Einzig das Orbeliani-Bad wurde in Form einer Moschee oberirdisch hergestellt. Tiflis bedeutet übersetzt „Stadt der warmen Quellen“. An einem Wasserfall bitten wir einen Passanten, uns für ein Gruppenfoto abzulichten. Danach spazieren wir durch das Maidanviertel, gehen durch eine von Lokalen gesäumte Straße, die Erekle-Gasse, erfreuen uns an den schönen Häusern mit Holzveranden und amüsieren uns über ein paar Sprüche auf den Tafeln: „Save the earth, it´s the only planet with wine“ und „Innocent grapes died for you“. Das passt ganz gut zur nächsten Figur, die wir an einer Straße sehen, nämlich den Tamada, den Tischmeister. Bei Banketten ist er für die Trinksprüche in einer bestimmten Reihenfolge verantwortlich. Zunächst wird auf das Wohl der gastgebenden Familie angestoßen, dann auf Eltern, Freunde Verwandte usw. Schon haben wir eine Karawanserie erreicht, die heute als Museum dient und legen eine verdiente Pause ein.

Nachdem wir uns einen Moment ausruhen konnten, wird der Stadtspaziergang fortgesetzt. Die Zionskirche, auch unter Sioni-Kirche bekannt, ist unser nächstes Ziel. Gespannt erreichen wir die Hauptkirche des Patriarchen der georgischen Kirche, sie ist der Mutter Gottes geweiht, und können doch nur einen kurzen Blick in das Innere werfen, denn zurzeit findet ein Gottesdienst statt, den wir nicht stören dürfen. Schade, unsere weiblichen Mitreisenden hatten extra ein Kopftuch und einen Wickelrock umgebunden. Ein Dresscode am Eingang zeigt auf, in welcher Bekleidung das Gotteshaus betreten werden darf. Gegenüber der Eingangspforte wurde ein separater Glockenturm errichtet. Etwas später, am Anfang der Friedensbrücke, gibt Attila ein Glas frisch gepressten Granatapfelsaft aus. Diese Brücke wurde vom Architekten entwickelt, der auch den Präsidentenpalast geplant hat. Anmutig schwingt sie über den Fluss Mtkawari. Besagter Palast ähnelt von der Bauweise dem Weißen Haus in Washington, seine Kuppel ist mit der des Berliner Reichstags vergleichbar. Pünktlich um 12:00 Uhr beginnt im Uhrenturm des Marionettentheaters „Gabriadse“ ein Glockenspiel. In der Ferne ist das Denkmal „Mutter Georgiens“, imposant auf einem Hügel stehend, zu erkennen. Diese Aluminiumstatue, 20 Meter hoch, wurde 1958 aus Anlass des 1.500-jährigen Bestehens der Stadt Tbilisi eingeweiht. In einer Hand hält sie ein Schwert zur Abwehr des Feindes, in der anderen eine Schale mit Wein für in friedlicher Absicht anreisende Gäste oder Freunde.

Unseren Vormittagsspaziergang beenden wir mit dem Besuch der Antschischati-Kirche, dem ältesten Gotteshaus der Stadt aus dem 6. Jahrhundert. Zahlreiche Ikonen schmücken den relativ kleinen Innenraum. In sowjetischer Zeit wurde die Kirche zum Bad umfunktioniert und zweckentfremdet. Auf dem Weg zum Bus kommen wir noch am Sitz des Patriarchats vorbei, ein künstlicher „Lampenputzer steht fotogen an der Straße. Zum Mittagessen fahren wir in einen nahe gelegenen Backbetrieb.

Frisch gestärkt begeben wir uns dann zum Georgischen Nationalmuseum. Eine kompetente Dame erklärt uns die archäologischen und ethnographischen Ausstellungsstücke auf den einzelnen Etagen. Wertvolle Steine, Schmuck, kunstgewerbliche Gegenstände, Waffen aus der Frühzeit bis zur Gegenwart sind zu besichtigen. Besonders in Erinnerung bleiben werden mir drei Schädel, 1,5 Millionen Jahre alt, in Georgien gefunden und von französischen Wissenschaftlern rekonstruiert und präpariert. Nina informiert uns, dass in Georgien elf Nationalmuseen Einblick in frühere Zeiten geben. Am Freiheitsplatz warten wir auf unseren Bus. Dieser Platz wird dominiert von einer 40 Meter hohen Säule, auf der Georg der Drachentöter thront. Früher schmückte eine Leninstatue den Platz, an dem sich auch das ehemalige Rathaus befindet. Auf der Weiterfahrt kommen wir am Revolutionsplatz, wo die Maiparade stattfindet, vorbei, an der Philharmonie und am Heldenplatz. Zahlreiche Denkmäler und Statuen prägen das Stadtbild. Einige Häuser sollen, so Nina, aus Kostengründen mit Wein statt mit Wasser erbaut worden sein. Mittlerweile hat sich die Sonne am Himmel durchgesetzt und bei herrlichem Wetter verlassen wir Tbilisi für ein paar Stunden. Ich wundere mich unterwegs über die zahlreichen Tankstellen. Im Gegensatz zu Armenien hat Georgien keine Atomkraftwerke. Am Ortseingang muss die Geschwindigkeit reduziert werden, da Poller, hier „liegende Polizisten“ genannt, ein rasantes Fahren nicht zulassen.


Mzcheta


Die alte Hauptstadt Iberiens liegt am Zusammenfluss von Aragwi und Kura. Von der Brüstung bei der Dshwari-Kirche, wo wir den ersten Stopp einlegen, haben wir einen hervorragenden Blick auf den Ort. Wir sind längst nicht die einzigen Besucher der Kreuzkirche, die, weithin sichtbar, auf einer Anhöhe im 6. Jahrhundert errichtet wurde und nunmehr zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Das Innere des Gebäudes ist sehr schlicht gehalten. Angeblich wurde die Wehrkirche mit ihrem dicken Gemäuer an der Stelle errichtet, wo die heilige Nino ein Holzkreuz aufgestellt hatte.

Nino, eine Syrerin, soll im 4. Jahrhundert zur Christianisierung Georgiens beigetragen haben. Einer Legende nach hat sie von der Heiligen Jungfrau ein Kreuz aus Rebstöcken erhalten, das sie immer bei sich trug. Eine andere Legende besagt, dass sie das Kreuz selbst erstellt und dabei Strähnen von ihrem Haar zur Befestigung verwendet hat. Charakteristisch sind die herabhängenden Arme. Zunächst wurde das Kreuz als Reliquie in Mzcheta aufbewahrt, nunmehr, nach einigen Umwegen, befindet es sich in der Zionskirche, die wir gestern nicht besichtigen konnten. Im Jahre 337 wurde das Christentum in Georgien zur Staatsreligion erklärt.

Im Zentrum von Mzcheta besichtigen wir die Sweti-Zchoweli-Kirche, auf Geheiß von König Mirian erbaut, als Symbol, das Christentum angenommen zu haben. Auch um den Bau dieses Hauses ranken sich einige Legenden, die ich aber nicht einzeln aufführen mag. Im rechten Seitenschiff wurde eine Kopie der Jerusalemer Grabeskirche errichtet und hier soll das Sterbegewand von Jesus aufbewahrt werden, jedenfalls ein Teil davon. Eindrucksvolle Grabplatten bedecken große Teile des Bodens. Nischen in den Außenmauern der Kirche gelten bei einem möglichen Erdbeben als Stabilisator. Vor den Eingängen warten Bettler auf ein Almosen. Auf dem Weg zum Busbahnhof kommen wir an vielen Souvenirläden und Weinhandlungen vorbei. Das moderne und transparente Polizeigebäude ist nur aus der Ferne zu erkennen. Zurück in Tiflis fahren wir in ein Restaurant zum Abendessen und erfreuen uns anschließend an einer Folkloredarbietung. Unser Hotel liegt an einem Berghang relativ hoch über der Stadt mit herrlichem Blick auf das Geschehen. Mir hätte eine zentraler gelegene Unterkunft allerdings besser gefallen, könnte man dann abends doch noch individuell etwas unternehmen, ohne auf ein Taxi angewiesen zu sein.


Kleiner Exkurs „Goldenes Vlies und Argonauten“


Der griechischen Mythologie nach rettete Gottvater Zeus die Geschwister Helle und Phrixon, Kinder der Göttin Nephele, vor ihrer irdischen Stiefmutter, die sich ein eigenes Kind wünschte. Auf einem Widder mit goldenem Fell flüchteten sie. Helle beugte sich zu weit vor, fiel über den Dardanellen, einer Meerenge zwischen Europa und Asien, hinunter und nur ihr Bruder erreichte Kolchis im heutigen Georgien. König Aietes empfing ihn und der Widder wurde Zeus geopfert. Sein goldenes Vlies befestigte man an einer Eiche und ließ es von einem schiffsgroßen Drachen, der niemals schlief, bewachen.

Später raubten Argonauten, so die Bezeichnung der Seeleute, darunter Castor und Pollux, Söhne von Zeus, und Herakles, unter dem Kommando von Jason und unter Mithilfe der Königstochter Medea das Vlies und brachten es nach Griechenland.


Kachetien


Nun verlassen wir die georgische Hauptstadt und machen uns auf den Weg nach Kachetien, dem östlichsten Teil des Landes und bekannt für seinen Weinanbau. Diese Region gilt als fruchtbarste in Georgien. Nina nutzt die interessante Fahrt wieder professionell und bringt uns ihr Land näher. Wir erfahren u. a., dass
- in Georgien fünf Skigebiete vorhanden sind und auch Heliski möglich ist. Da letztgenannte Variante in Österreich verboten wurde, kommen viele Sportler aus diesem Land und frönen ihrem Hobby im Kaukasus

- die Schüler während der Sowjetzeit Uniformen trugen, diese Regelung besteht nicht mehr

- staatliche Universitäten 3.000 Lari, private 5.000 Lari per anno kosten

- besonders zur Zeit der Lese viele Weintouren angeboten werden

- sich in Georgien zahlreiche Callcenter etabliert haben

- sich auch deutsche Firmen im Land angesiedelt haben, unterwegs wundere ich mich über die umfangreiche Werbung deutscher Bierhersteller

- Silvester zwei Tage lang gefeiert wird

- zu einer Hochzeitsfeier auf dem Lande das ganze Dorf eingeladen wird, so dass mit 300 bis 500 Gästen zu rechnen ist. In der Stadt wird mit 100 bis 150 Bekannten und Verwandten gefeiert. Die standesamtliche und kirchliche Trauung findet an einem Tag statt

- man auch den Ostersonntag und den Totenmontag feiert, dann wird das Grab des Verstorbenen besucht, Wein darauf gegossen und manchmal auch eine Speise hinterlassen, die gern von Bettlern angenommen wird. Aufgebahrt wird zu Hause, Feuerbestattungen gibt es in Georgien nicht. Zum Leichenschmaus erscheinen bis zu 150 Trauergäste, sie schenken Geld. Nahe Angehörige tragen während des Trauerjahres schwarze Kleidung

Und natürlich geht Nina auch auf die schwelenden Konflikte in Bezug auf Abchasien und Südossetien ein. Abchasien, eine abtrünnige Teilrepublik im Nordwesten des Landes, kann im Moment nicht bereist werden. Einst reichste Region der Sowjetunion mit subtropischer Vegetation und herrlicher Küstenlandschaft betrachtet sich die Republik Abchasien als selbstständiger Staat, wird aber von nahezu allen Regierungen der Welt, außer Russland und drei kleinerer Länder, als okkupiertes Gebiet angesehen.

Auch Südossetien ist derzeit für Touristen nicht frei gegeben. Völkerrechtlich Teil Georgiens hat sie aber eigenmächtig die Unabhängigkeit erklärt. Allerdings wird die Souveränität von der Staatengemeinschaft nicht anerkannt, mit Ausnahme von Russlands und drei weiterer Länder, genau wie bei Abchasien.

Bei einer kleinen Fotopause in 1.620 Meter Höhe können wir das Gehörte verarbeiten und verdauen. Weiter geht es durch fruchtbare Weinlandschaften und dann ist unser erstes Tagesziel erreicht, die Alawerdi-Kirche. Die imposante Anlage wurde erstaunlicherweise nicht auf einem Berg, sondern ebenerdig errichtet. Sie ist von einer hohen Mauer umgeben. Jetzt sind wir im religiösen Zentrum des Landes. In der 56 Meter hohen Georgs-Kathedrale sehen wir schöne Wandmalereien. Auch hier gibt es den Platz des Patriarchen, auf einer Seite hat sich früher der Adel, auf der anderen das Priestertum niedergelassen, in der Mitte hielt sich das gemeine Volk auf. Selbstverständlich dürfen sich unsere Begleiterinnen hier wieder mit Kopftuch und Beinwickel schmücken. Zum Mittagessen fahren wir in die Hauptstadt Kachetiens, nach Telawi. Wieder führt der Weg an Feldern und Hängen mit Weinreben vorbei, auch überqueren wir ein paar ausgetrocknete Flussläufe. Telawi, ca. 30.000 Einwohner, liegt malerisch im Alasanital. Der Name wird abgeleitet von „Tela“, was Ulme bedeutet. Bäume dieser Art habe ich nicht gesehen, wohl aber eine 900 Jahre alte Platane. Ein Teil der Stadtmauer ist noch erhalten, viele Häuser wurden restauriert. Im Reiseführer lese ich, dass Telawi schon im 8. Jahrhundert existierte und 300 Jahre älter als Tiflis ist. Unser Mittagessen nehmen wir in einem Privathaus bei einer georgischen Familie ein und werden mit Walnusscreme in Auberginen, Tomaten, Gurken, Käse, Käsebrot, Schaschlik und Kohlrouladen verwöhnt. Walnusscreme soll gut mit Alkohol korrespondieren, man wird lt. Nina nicht so schnell betrunken. Natürlich trinken wir auch Wein zum Mittagessen, nämlich Roter Stengel-Rkatsiteli, ein Tropfen aus der ältesten Rebe. Einige aus unserer Gruppe versuchen sich als Tamada, so dass immer wieder das Glas mit einem lauten „Gaumadschos“ erhoben werden muss.

In östlicher Richtung geht es weiter. Nach kurzer Zeit erreichen wir Zinandali und besichtigen den Landsitz des Fürsten Alexander Tschawtschawadse. Der Fürst entstammte aus einer der angesehensten Familien Georgiens. Sein Vater war Botschafter am russischen Hof, Zarin Katharina die Große seine Taufpatin. Alexandre Dumas zählt zu den Gästen, die hier empfangen wurden. Zur Sommerresidenz spazieren wir durch einen eleganten Park im englischen Stil und besichtigen dann einige der Räume. Kostbare Bilder, Möbel, Klaviere und andere wertvolle Exponate sind ausgestellt.

Nun folgt der wohl interessanteste Teil des Tages, wir fahren zum Dorf Kisißchewi und kehren beim Weingut Schuchmann ein. Bei der Betriebsbegehung hören wir, dass die Kelterei jährlich 1,5 Millionen Flaschen produziert, 80 Prozent werden exportiert, in erster Linie nach Russland, aber auch nach China und in weitere Länder. Wir sehen uns die einzelnen Produktionsstätten, die Stahlbehälter, Amphoren und Fässer an und werden aufgeklärt, dass hier sowohl auf kachetische als auch auf europäische Weise gekeltert wird. Eine hübsche junge Dame erläutert, dass der Wein bei der traditionellen kaukasischen Methode in Quevris, dabei handelt es sich um in Erde eingegrabene Tonamphoren, auf der Maische vergoren wird. Stängel und Schalen der Trauben geben viele Gerbstoffe ab. Dieser Prozess dauert drei bis vier Monate.
Natürlich darf eine Weinprobe nicht fehlen. Und so versammeln wir uns auf der Terrasse und lassen uns mit drei verschiedenen Weinen verwöhnen. Wir beginnen mit einem Weißwein aus dem Jahre 2014, er wurde nach europäischer Methode gekeltert, hat 13 Prozent Alkohol und kostet sieben Lari. Der Rkatisiteli mundet mir.
Bei der zweiten Flasche, einem auf kachetische Weise hergestellten Wein, verhält es sich schon anders. 20 Lari kostet eine Flasche, jedoch sie schmeckt mir nicht, das Getränk ist mir einfach zu herb und hat mit dem geschmeidigen Geschmack der mir bekannten Sorten nichts gemein.
Als letztes wird uns ein Rotwein aus 2014 gereicht. Der Mukuzani hat einen Alkoholanteil von ebenfalls 13 Prozent, wurde „europäisch“ produziert, kostet pro Flasche zehn Lari und schmeckt hervorragend. Gern erwerbe ich ein paar Flaschen für zu Hause. Während unserer Verkostung fällt ein Pferd samt Fuhrwerk eine Rampe hinunter, kann aber glücklicherweise bald darauf etwas humpelnd den Weg fortsetzen.

Doch dann heißt es auch diesen wirtlichen Ort zu verlassen. Wir fahren durch das wunderschöne Alasanital, überholen Fuhrwerke mit Trauben auf dem Weg zur Weinkelterei und sehen unterwegs zahlreiche Quitten-, Aprikosen- und Pfirsichbäume. Bei einsetzender Dunkelheit erreichen wir, nachdem unser Bus sich über Serpentinen den Berg hoch gequält hat, das Städtchen Signaghi, übersetzt „Zufluchtsort“.

Erst im 18. Jahrhundert als Stadt angelegt, besticht Signaghi durch seine Schutzmauer und seine alten Häuser, 75 Prozent sollen aus dem 17. und 18. Jahrhundert sein. Es soll sich um die kleinste Stadt, laut Reiseführer aber auch um einen der interessantesten Orte Georgiens handeln. Etwa 2.000 Menschen wohnen hier. Zum Abendessen gehen wir in einen Weinkeller und probieren den heimischen Wein. Aber, wie oben beschrieben, der weiße mundet mir nicht, beim roten merke ich eine Geschmackssteigerung oder eine Gewöhnung und das dritte Glas, man mag es nicht glauben, kann ich bereits mit Genuss trinken. Auch der heimische Trester ist von guter Qualität. Hans-Jürgen erwirbt eine Flasche zu einem unfassbar günstigen Preis und wird uns während der folgenden Tage immer mal kosten lassen. Am nächsten Morgen wandern wir durch den Ort, besteigen die Stadtmauer und bewundern den einmaligen Blick auf das Alasanital.

Nun kommt der letzte Trip in Georgien. Wiederum fahren wir durch romantische Weinlandschaften, neben uns die Berge des Großen Kaukasus. In einem Weingut essen wir zu Mittag und werden zum Abschluss noch von einem Männerchor mit einem sehr eingängigen Konzert überrascht. Emotional etwas aufgewühlt nach dieser Darbietung steigen wir in den Bus, fahren zum Grenzort Lagodechi und verlassen das Land, in dem Josif Wissarionowitsch Dshugaschwili im Jahre 1879 geboren wurde, besser bekannt unter dem Namen Stalin. Mit einer herzlichen Umarmung verabschieden wir uns dann leider von Nina.

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