Korsika
Freunde von uns waren schon einige Male auf Korsika und kamen immer wieder mit leuchtenden Augen zurück. Also beschlossen Elisabeth und ich, der Sache auf den Grund zu gehen und uns ein eigenes Urteil zu bilden. Wir haben es nicht bereut, im Gegenteil, es war eine sehr erlebnisreiche Reise mit interessanten Ortschaften und wunderschöner Natur.
Da Elisabeth nur während der schulfreien Zeit verreisen kann, sind wir auf die Ferien angewiesen. Im April 1993 fahren wir los. Gerne hätte ich meinen Golf Cabrio genommen, leider ist er in der Werkstatt und wird nicht rechtzeitig fertig. Gerade jetzt im Frühling mit offenem Dach über die Insel zu rauschen stelle ich mir besonders schön vor, aber es geht halt nicht.
Korsika hat etwa 220.000 Einwohner. Sie ist viertgrößte Mittelmeerinsel und hat eine Ausdehnung von 184 km Länge und 83 km Breite.
Mit Elisabeths Kadett fahren wir zunächst bis in die Schweiz und übernachten dort. Am nächsten Morgen geht es am Vierwaldstätter See und am Lago Maggiore vorbei. Es ist leider sehr neblig und verhangen, die gewaltige Bergkulisse lässt sich nur erahnen. Abends erreichen wir La Spezia und bleiben hier für zwei Tage.
Jetzt haben wir noch ausreichend Zeit, eine kleine Tour durch die Toskana zu machen, vor Jahren hatten wir hier zusammen unseren Jahresurlaub verbracht. Trotzdem ist es schön, noch einmal die toskanische Landschaft zu erleben oder einige Städte zu besuchen. Einen jeweils längeren Halt legen wir in Massa, Lucca und Pisa ein.
Frühmorgens verlässt die Fähre den Hafen von La Spezia. Den Fahrschein hatten wir schon vor Wochen in Deutschland erworben.
Nach etwa vierstündiger Fahrt ist Bastia, die mit ca. 50.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Korsikas, erreicht. Wir halten uns nicht lange auf und orientieren uns sogleich gen Norden in Richtung Kap Corse. Auf der Landkarte sieht die Landzunge aus wie ein ausgestreckter Zeigefinger. Häufig halten wir an und bewundern die prächtige Aussicht, das grün-blaue Wasser, die herrlichen Buchten. Hier erhalten wir schon die erste Ahnung von der Schönheit der Landschaft mit der blühenden und duftenden Macchia.
Besondere Sehenswürdigkeiten findet man in Bastia nicht vor. Wir verbringen die erste Nacht hier und sehen uns die Stadt an, den Place St.-Nicolas im Zentrum, den neuen Hafen, die Eglise St.-Jean-Baptiste und die Zitadelle in der eigentlichen Altstadt.
Weiter geht es entlang der Ostküste in südlicher Richtung bis zum Strandsee Etang de Diane, der früher wie heute für seine Austern bekannt und berühmt ist. Es werden aber auch Miesmuscheln gezüchtet.
Etwas weiter auf der Route, in Aleria, besichtigen wir das auf einem Plateau errichtete und weithin sichtbare Fort Matra und eine antike Ausgrabungsstätte. Den nächsten Stopp legen wir in Solenzara ein, ein nicht sehr einladend wirkender Badeort direkt an der Küste.
Kurze Zeit später erreichen wir Porto-Vecchio mit seinen tollen Buchten und Felsenklippen, den langen Sandstränden und großen Pinienwäldern. Der mittlerweile bedeutendste Fremdenverkehrsort der südlichen Ostküste lebt außer vom Tourismus noch von der Korkeichenindustrie, von Wein- und Olivenanbau.
Nun sind wir an der südlichsten Stelle Korsikas angekommen, in Bonifacio. Der Ort hat etwa 3.000 Einwohner und liegt weithin sichtbar auf einem Kreidefelsen. Etliche Häuser sind direkt am Rand der Steilküste erbaut und aus der Ferne meint man, sie könnten gleich ins Meer stürzen. Laut Reiseführer handelt es sich um einen der schönsten Orte der Insel und ich kann diese Einschätzung nur bestätigen.
Eine romantische Altstadt mit malerischen Häusern und die herrliche Lage hoch über dem Wasser eines Fjordes begründen diese Wertung unter anderem.
Es ist Gründonnerstag und eine größere Prozession zieht durch den Ort. Elisabeth ist von dem Gesehenen ganz angetan, mich packt ein Schüttelfrost und so gehe ich lieber ins Bett.
Von Bonifacio fahren täglich einige Fähren zum Nachbar Sardinien.
Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir mittags am Ostersonntag die Hauptstadt Ajaccio. Napoleon wurde hier im August 1769 geboren, zwei Monate vorher, nach der Schlacht von Ponte Nuovo, war Korsika französisch geworden.
Etwa 55.000 Menschen leben in dieser Stadt, die auf einer Landzunge liegt. Wir suchen uns ein Hotel und bleiben einige Tage hier. Die Küste im Zentrum ist meist felsig, manchmal mit kleinen Sandstränden versetzt.
Wir gehen am Fischerei- und Yachthafen vorbei, halten uns eine ganze Weile am Place M. Foch auf und schlendern durch die Boulevards. Abends lassen wir uns zur Feier des Tages frischen Fisch munden.
Von den Wurst- und Schinkenspezialitäten Korsikas schwärme ich noch heute. Man erzählt uns, dass viele Hausschweine noch "halbwild" in der Gegend herumlaufen und sich im Wald oder in der Macchia ernähren. Durch diesen Umstand sollen die Schlachtprodukte diesen besonderen Geschmack erhalten.
Auf der Weiterfahrt taucht vor uns der 60 m hohe Punta de la Parata auf, ein Felskegel mit Genuesenturm, umgeben von einer knallgelb und lila blühenden Macchia. Der Stopp wird mit einem herrlichen Ausblick über den Golf belohnt.
Nun geht es landeinwärts nach Corte. Unterwegs sehen wir einige Male die halbwilden schwarzen, weißen oder schwarzweiß gefleckten Schweine und freuen uns schon auf das nächste Abendessen.
In der Höhe von Bocognano machen wir einen Abstecher zum höchsten Wasserfall der Insel, dem 150 m hohen Cascade de la Voile de la Mariée, übersetzt Brautschleierfall.
Corte, 5.500 Einwohner, liegt im Zentrum der Insel, die Altstadt mit der Festung auf einem steil abfallenden Hügel ist weithin sichtbar. Der Ort liegt malerisch in einer Berglandschaft.
Vom Place Paoli gehen wir über den Place Gaffori zur Zitadelle. Der Ausblick in die Umgebung ist grandios.
Porto an der Westküste ist unser nächstes Ziel. Zuerst regnet es, dann kommen wir, je höher wir fahren, in einen Schneesturm und können kaum noch etwas erkennen. Einmal denken wir sogar an Umkehr. Aber nach einiger Zeit hört der Schneefall auf und die Weiterfahrt ist, trotz Sommerreifen, problemlos. Eine Ziegenherde läuft vor uns und es dauert etwas, bevor wir sie überholt haben. Die Natur ist wieder gewaltig, tief unter uns windet sich ein Bach zwischen zwei hohen Bergen.
Porto, am gleichnamigen Golf gelegen, hat sich zu einem touristischen Zentrum an der Westküste entwickelt, ausschlaggebend sind die wunderbare, buchtenreiche Küste, der schöne Strand und die landschaftlich herrliche Kulisse. Zwischen dem eigentlichen Wohnort und dem Sandstrand thront ein Wachturm auf einem Felsen.
Ganz in der Nähe befinden sich die Calanche (kors.) oder Calanque (franz.), Felsgebilde, die mit Zacken und Türmen 300 m aus dem Meer wachsen. Von der Sonne angeleuchtet sehen sie feuerrot aus, wir können dieses Naturschauspiel leider nicht bewundern, dicke, schwere Wolken ziehen uns einen Strich durch die Rechnung. Mit etwas Phantasie kann man Tierfiguren in den Felsen erkennen und so gibt es den Elefanten, den Hund und andere.
Viele Busse und Privatfahrzeuge am Straßenrand bezeugen, dass es sich wohl um eine echte korsische Sehenswürdigkeit handeln muss.
Es ist ganz praktisch, mit einem PKW unterwegs zu sein. Man kann alle wichtigen Utensilien mit sich führen, hat alles zur Hand und ist flexibel und mobil. So legen wir an den meisten Tagen, immer wenn wir einen schönen Platz sehen, eine ausgiebige Picknickpause ein.
Aufschnitt und frisches Baguette kann man in jedem Ort kaufen, ausreichend Wasser und Wein ist im Auto immer vorhanden. An einem Nachmittag vespern wir im Schatten einer schönen Korkeiche.
Jetzt haben wir schon so viele schöne und interessante Orte gesehen und es gibt tatsächlich noch eine Zugabe.
Calvi (3.600 Einw.) sieht von weitem aus wie eine mittelalterliche Festung. Trutzig erhebt sich die wuchtige Zitadelle auf einem steilen Felsvorsprung, darunter die Marina, der Hafen mit Yachten und Fischerbooten. Zahlreiche Touristen bevölkern den Ort, in den Bistros und Restaurants herrscht abends ein großes Gedränge. Das ist wohl der Preis, den man für dieses einzigartig schöne Stadtbild zahlen muss.
Wir belegen ein Zimmer in einem Hotel direkt am felsigen Ufer und haben von der Terrasse einen weiten Blick auf das Mittelmeer.
Natürlich halten wir uns die meiste Zeit in der Nähe der Zitadelle auf, dem Wahrzeichen der Stadt. Von den Befestigungsmauern hat man wieder ein traumhaftes Panorama vor Augen. Der St. Jean Baptiste-Kirche statten wir einen Besuch ab, über den Place Chr. Colomb gehen wir in die Unterstadt. Dann machen wir einen längeren Spaziergang am steinigen Ufer entlang.
Nun geht es weiter zur Nordküste. Einige Stunden verweilen wir in L´Ile Rousse und machen es uns im Zentrum, auf dem Place Paoli, in einem Café gemütlich. Einige ältere Herrschaften spielen Boule im Schatten der großen Platanen.
Wir haben noch genügend Zeit und keine Eile, nach Bastia zurückzukehren. So fahren wir noch einmal in das Inselinnere nach Ponte Leccia. Der Ort selber birgt keine sehenswerten Anlaufpunkte, die Umgebung und die Bergwelt rechtfertigen aber jeden gefahrenen Kilometer.
Die letzte Nacht auf korsischem Boden verbringen wir in St. Florent. Etwa 1.300 Einwohner leben in diesem Ort am gleichnamigen Golf. Auch hier verbringen wir geraume Zeit in der schönen Altstadt, genießen die Aussicht von der Zitadelle und atmen im Hafen den salzigen Geruch des Meerwassers ein.
Abends statten wir einem urigen Fischrestaurant einen Besuch ab und stoßen mit einem Glas Wein auf den schönen Urlaub an. Morgen geht es in Bastia auf die Fähre.
Salut Corse - Au revoir