Serengeti, Ngorongoro und Träume im Indischen Ozean
Tansania
Nun sind es noch 115 km bis zu unserem Ziel. In Arusha erwartet uns eine große Schar von Helfern, Trägern und Taxifahrern, sehr geschäftstüchtig aber nicht übermäßig aufdringlich.
Wir hatten uns für das Hotel Mezza Luna entschieden. Auf dem Weg dorthin versucht der Taxibegleiter uns ein "besseres" Haus anzubieten, wir lehnen aber ab. Auch der von uns avisierte Safari-Veranstalter "Roy Safaris" (wird u. a. in der Reisezeitschrift "Reise & Preise" empfohlen) taugt angeblich nicht viel, ist entschieden zu teuer und wird nur von Indern und anderen reichen Gästen frequentiert.
Die freundliche Dame an der Rezeption des "Mezza Luna" meint ebenfalls, dass es bessere Anbieter als Roy gibt, sie empfiehlt "NYIKA TREKS & SAFARIS Ltd.". Nun gut, ich telefoniere mit Roy und hole mir ein Angebot ein, 140 USD/Tag/Person, ein Mitarbeiter von Nyika besucht uns im Hotel, stellt lange Berechnungen an und verlangt 125 USD, wir handeln und einigen uns schließlich auf 110 USD, immerhin eine Ersparnis von 30 USD pro Tag und Person.
Im Stadtbüro des Veranstalters wird ein Vertrag aufgesetzt, wir zahlen eine Hälfte in bar, den Rest mit Reiseschecks. Da wir nach Beendigung der Safari gern auf schnellstem Weg nach Mauritius wollen, erkundigen wir uns in einem nahe gelegenen Reisebüro nach Transportmöglichkeiten, möglichst am Mittwoch der nächsten Woche, denn dienstags kommen wir nach Arusha zurück.
Es ist nicht einfach, am darauf folgenden Sonntag wäre ein preiswerter Flug mit den Emirates ab Dar es Salaam über Dubai möglich, noch fünf Tage länger in Arusha bleiben? Gefällt uns nicht.
Als Alternative wird uns ein erheblich teuerer Flug ab Nairobi am gewünschten Mittwoch angeboten, mit Zwischenstopp auf den Seychellen.
Wir schlagen zu und müssen auch hier wieder bar bezahlen, so dass unsere flüssigen Mittel gleich zu Anfang der Reise arg strapaziert werden. Am Automat der Nationalbank decke ich mich per Visa-Card mit ausreichend tansanischen Schillingen ein.
Die Abende verbringen wir im Gartenrestaurant unseres Hotels, nach dem Tusker in Kenia lassen wir uns hier das gute Kilimandscharo-Bier munden. Eine Band unterhält die Gäste mit einheimischen Stücken, die mir gut gefallen, aber auch mit "Ein Schiff wird kommen" und "Marina". Im Hotelservice herrscht ein hartes Regiment, die Kellner gehen nicht, sie laufen! So etwas habe ich vorher noch nie gesehen.
Gleich nebenan im Impala-Hotel befindet sich ein Internet-Cafe und wir können die ersten Grüsse versenden.
Am nächsten Morgen geht es dann endlich los. Wir fahren in einem Landrover, außer Reiner und mir sind Hashim, der Fahrer, ein Koch und Jaroslav, ein Russe, an Bord.
Jaroslav hatte mit unserem Veranstalter schon eine sechstägige Kilimandscharo-Besteigung hinter sich und ist sehr stolz, darüber berichten zu können. Wegen der Nebel- bzw. Wolkendecke war es ihm erst am dritten Tag möglich, den schneebedeckten Gipfel zu erkennen.
Nach etwa einer Stunde auf Teerstrasse begeben wir uns auf eine Schotterpiste, auf eine african road, wie Hashim sagt.
Einige Massai-Dörfer liegen am Rande des Weges, mal größer, mal kleiner, je nachdem, wie viel Frauen der Mann hat. Bis zu 10 Frauen darf er heiraten.
In Mto Wa Mbu, auf deutsch Moskitofluss, legen wir einen letzten Stopp ein und frischen unseren Vorrat mit Fleisch und Gemüse auf. Viele Kinder drängen an unser Auto und bitten um einen Kugelschreiber. Glücklicherweise haben wir vorgesorgt und einige Exemplare dabei.
Unterwegs begegnen uns immer wieder Massai-Hirten in ihren leuchtenden Gewändern, sie hüten ihre Rinder- und/oder Ziegenherde.
Auch sehen wir viele Menschen auf dem Weg zum einmal in der Woche stattfindenden Markt, sie nehmen zum Teil einen Fußweg von über 20 km in kauf. Vereinzelt warten jüngere Männer darauf, gegen Entgelt fotografiert zu werden, manchmal mit schwarz-weiß angemaltem Gesicht, um dadurch die Geister nach der Beschneidung gnädig zu stimmen. Aber wohl mehr, um ein gutes Motiv darzustellen. Ein begehrtes Fotoobjekt sind auch die Einheimischen mit ihren langen und durchlöcherten Ohrläppchen. Manchmal ist das Loch so groß, dass selbst ein Besenstiel durchpassen würde.
Auf einer Anhöhe legen wir eine kurze Rast ein und genießen den Blick auf den Lake Manyara, einem Salzsee.
Kurze Zeit später, vorbei an Köcher- und Affenbrotbäumen, erreichen wir den Eingang des Ngorongoro- Nationalparks, bzw. der Ngorongoro Conservation Area. Etwas über 20.000 Massai leben in dem 8.200 qkm großen Gelände.
Hashim entrichtet unseren Eintritt, ich muss hier vor Ort meine in Arusha schon abgegebenen Travellerschecks gegenzeichnen.
Wir fahren an Antilopen vorbei, einige Strauße und Zebras sind zu erkennen.
Nur noch eine kurze Fahrt und schon haben wir den atemberaubenden Blick auf den Ngorongoro-Krater. Der Sodasee leuchtet im Zentrum, vereinzelt kann man riesige Tierherden erkennen. Es bedarf keiner Erwähnung, dass sich hier jeder mit genügend Erinnerungsfotos eindeckt.
Etliche Kilometer sind auf der holprigen und staubigen Piste noch zu bewältigen, ehe wir am Eingang der Serengeti sind. Auf einer Erhebung können wir unsere Blicke in die endlose Weite schweifen lassen, Savanne und Steppe soweit das Auge reicht. Die Serengeti ist etwa so groß wie Schleswig-Holstein.
Das Dach des Landrovers wird hochgedrückt, das Abenteuer kann beginnen. Die ersten Tiere lassen nicht lange auf sich warten, Gazellen, Impalas, Wasserböcke, Buschböcke, Kudus und Giraffen, einige Elefanten in der Ferne. Plötzlich hält Hashim abrupt an, ein Löwe! Und nur wenige Meter vom Jeep entfernt, welch ein Gefühl. "Hoffentlich reichen meine Filmrollen", dieser Gedanke beschleicht mich. Eigentlich habe ich mehr als genug mitgenommen, aber wenn das so weitergeht.....
Wir fahren noch eine gute Stunde, müssen das Verdeck wieder schließen, es hat angefangen zu regnen, nachteilig für die Sicht, allerdings ist es jetzt nicht mehr so staubig.
Zum Tagesausklang begegnen uns noch einige Elefanten und Büffel, einer Pavian-Familie gewähren wir die Vorfahrt.
Es fängt schon an zu dunkeln, als wir das Seronera-Camp erreichen. Wir bauen unsere Zelte am Rand des Platzes auf. Zum Unmut von Reiner gibt es keinen Strom und kein fließendes Wasser, für mich ist es aber wichtig, in einer naturverbundenen Umgebung zu schlafen. Der Gedanke, in einer Luxus-Lodge, die in einem Natur-Reservat nun gar nichts zu suchen hat, zu nächtigen, womöglich mit Bedienung in Livree, nein, das konnte und wollte ich mir nicht antun - es hätte zu sehr nach Hollywood ausgesehen.
Unser Koch bereitet uns ein sehr schmackhaftes Abendessen, das wir unter dem Sternenhimmel einnehmen.
Noch ein kurzer Plausch mit Jaroslav und dem Fahrer, dann gehts ins Bett oder vielmehr ins Zelt. Einige Minuten noch im Licht der Taschenlampe lesen und schon übermannt uns die Müdigkeit.
Kurz nach Sonnenaufgang beginnt der nächste game drive. Bei herrlichem Sonnenschein genießen wir die Pracht der Serengeti und sehen bis auf Nashörner alle Tiere, die im Park beheimatet sind. Selbst ein Leopard auf einem Baum gewährt uns eine Audienz, er kann seinen Platz nicht verlassen, unter ihm wartet eine Herde Büffel mit Jungtieren.
An einem Baum hängen die Reste einer Antilope. Eine Schar Mungos begegnet uns, es ist ein drolliger Anblick. Eine kurze Zeit ist auch ein Gepard zu erkennen. Kurz vor Mittag dürfen wir das Auto verlassen und uns die Beine vertreten, wir gehen zu einem Fluss und beobachten Hippos und Krokodile.
Nach dem Lunch bauen wir unsere Zelte ab. Paviane schleichen ins Lager und suchen nach Essensresten, unsere Begleiter vertreiben sie mit gezieltem Steinwurf. Unterwegs zum Ngorongoro-Nationalpark halten wir kurz an einer Jugendherberge und kaufen etwas. Zwei Marabus stelzen stolz und bedächtig auf dem Hof herum.
Unterwegs sehen wir etliche Wasserböcke, sie stehen wie ein Denkmal auf einer kleinen Anhöhe und können die ganze Ebene gut überschauen. Antilopen, Zebras, Strauße, Giraffen säumen den Weg, einmal halten wir an, um eine schläfrige Hyäne unter einem Baum zu beobachten.
Am Eingang des Nationalparks darf ich wieder die Schecks unterschreiben und meinen Pass vorzeigen. Weiter geht es auf der staubigen und holperigen Piste, kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Simba Campside, auf 2.200 m direkt am Kraterrand gelegen.
Auch hier sind bereits gut 20 Zelte aufgebaut, die sanitären Zustände sind nicht besser. Zwei Holländerinnen, die ihr Zelt neben uns aufgeschlagen haben, wollen ihr Geschäft in Zukunft nur noch nachts hinter einem Baum erledigen. Auch ich überlege mir diesen Schritt und gehe kurz vor dem Einschlafen zu besagtem Baum. Ich vernehme unbekannte Geräusche, höre ein Schnauben und greife zur Taschenlampe. Was sehe ich, über 20 Zebras grasen neben den Zelten, einige starren mich an. Jetzt nehme ich doch lieber mit den örtlichen sanitären Einrichtungen vorlieb, so naturverbunden bin ich nun doch nicht.
Am Kraterrand und in dieser Höhe ist es erheblich kälter. Der Wind weht die ganze Nacht hindurch, einmal regnet es etwas, ich kuschele mich dicht in den Schlafsack.
Wir stehen zwar früh genug auf, einen Sonnenaufgang direkt am Kraterrand können wir aber nicht erleben, da es ist viel zu diesig ist.
Der Weg in den 16 x 20 km großen Krater führt über gefährliche Serpentinen, allmählich lichtet sich der Schleier und wir haben eine prachtvolle Aussicht.
Wir sehen einige Löwen auf der Pirsch, viele Strauße, Kraniche, Schakale und, und, und.
Am meisten beeindrucken mich die riesigen Zebra- und Gnu- Herden auf dem Weg zum Wasser, es sind hunderte von Tieren. Manchmal, wenn Hyänen die Jungtiere angreifen, kommt Bewegung in die Marschordnung. Man kann sich gar nicht sattsehen, jeder Stopp bietet schönere Motive. Hashim erzählt uns, dass im Mai noch Herden aus der Serengeti hierher kommen und der Platz schwarz von Tieren ist. Insgesamt leben immer zwischen 15.000 und 30.000 Tiere im Krater.
Gegen Ende dieser Beobachtungsfahrt haben wir noch das große Glück, den König der Tiere, einen männlichen Löwen, zu beobachten, kurz darauf zwei weitere, es ist ein berauschender Anblick, den Löwen beim Begrüßungsritual zuzusehen.
Das Glück, zumindest eins der etwa 20 Nashörner, die noch im Krater leben, zu sehen, haben wir leider nicht. Krokodile gibt es nicht.
Nachdem wir noch einige Flusspferde und Flamingos ausgiebig angeschaut haben geht es den steilen Weg zurück, ohne Viergang wären wir gar nicht hoch gekommen.
Wir räumen das Lager, statt der Paviane streiten sich hier mehrere Raben um die Nahrungsreste, ein Marabu stolziert herum.
Kurz nach Verlassen des Parks stoppt unser Fahrer, er meint, einen Leoparden gesehen zu haben, wir holen unsere Ferngläser heraus, können aber nichts erkennen.
Auf dem Weg nach Arusha halten wir an einem einsamen Laden an und erstehen nach längeren Handeln und Feilschen einige Souvenirs.
Den nächsten Stopp legen wir bei der Schlucht von Olduvai ein. Hier wurden von englischen Wissenschaftlern in den letzten Jahrzehnten spektakuläre und wissenschaftlich sehr interessante Funde gemeldet, die Aufschluss über die Evolution der Menschheit geben, u. a. der über 2 Millionen Jahre alte Halbschädel eines "Nussknackermenschen" und ein 3,7 Millionen Jahre alter Fußabdruck. Selbst Kaiser Wilhelm schickte vor dem 1. Weltkrieg, als Tansania bzw. Tanganjika noch deutsche Kolonie war, eine Ausgrabungsexpedition nach Afrika.
Gegen Abend erreichen wir die Zivilisation, leider ist für Jaroslav die Reise zu Ende, er fliegt am nächsten Tag von Nairobi über Amsterdam nach Moskau, Reiner und ich fahren weiter zur letzten Station unserer Safari, dem Tarangire-Nationalpark.
Das Camp ist etwas luxuriöser, es gibt sogar einen Kiosk und warmes Duschwasser, das in einer Tonne auf offenem Feuer erhitzt wird.
Reiner bemerkt eine Schlange und sieht sofort in unserem Zelt nach, zum Glück hat sie sich ein anderes Ziel ausgedacht. Später hören wir, dass es sich um ein harmloses und ungiftiges Tier handelt.
In einiger Entfernung zum Camp befindet sich ein Massai-Dorf, abends lauschen wir ihren schönen Liedern.
Nun also auf zum letzten game drive dieses Urlaubs. Man kann darüber streiten, ob eine 4- oder 5-Tage-Safari sinnvoll ist, Reiner und ich finden übereinstimmend, in den vier Tagen genug gesehen zu haben, letztendlich wiederholt sich doch einiges, aber das muss jeder selbst für sich ausmachen.
Gleich nach dem Parkeintritt, das Tor wird von einem bewaffneten Mann bewacht, stehen gewaltige Affenbrotbäume oder, wie man hier sagt, baobabs, am Rande des Weges. Auch gibt es die imposanten Wurstbäume, aus den Früchten stellen die Massai ein Rauschgetränk her.
Dieser Park ist vegetationsreicher. Auch hier sehen wir die üblichen Tiere wie Zebras, Strauße, Antilopen, Giraffen und Elefanten.
Auf einem Baum sitzen ein Dutzend Geier, wir kommen näher und sehen einen Büffelkadaver am Boden, über 10 Geier hocken darauf, es stinkt fürchterlich.
Auf einer Lichtung beobachten wir einen Löwen, wie er Zebras jagt. Er hat keinen Erfolg und legt sich gut getarnt im Schatten eines Baumes auf die Lauer. Von der anderen Seite kommt eine andere Herde Zebras, Hashim meint, dass eines der Tiere gleich Opfer des Löwen wird.
Sie schauen nach links und rechts, sondieren das Terrain und ziehen weiter, Zebras einer anderen Herde stoßen Warnlaute aus, bald muss es losgehen. Doch es bleibt friedlich, erst kommen Giraffen, danach Elefanten und stellen sich zwischen Opfer und Angreifer. Irgendwann ist die Gefahr vorbei, einmal noch davongekommen. Beim Anblick dieser Artenvielfalt hatte ich das Gefühl, im Garten Eden zu sein.
Im Tarangire-Fluss baden ca. 25 Elefanten, es ist ein tolles Schauspiel. An einer anderen Stelle liegt ein Elefantenkadaver, die Elefantenfamilie marschiert eine ganze Zeit um den leblosen Körper herum und mag sich nicht trennen. Eine Tierart sehen wir in diesem Park zum ersten Mal, nämlich Dikdiks, eine kleine Antilopenart.
Tansania ist ein armes Land. Hashim erzählt während einer Pause, dass der Koch etwa 3 USD am Tag verdient, elektrischen Strom kann sich kein Einheimischer, auch wenn er am Versorgungsnetz angeschlossen ist, leisten. Unser Fahrer verbringt seine Abende zu Hause im Schein einer Karbidlampe, Strom ist zu teuer.
Der wachsende Tourismus beschert einige Arbeitsplätze, leider, so hören wir, gehören viele Unternehmen der Tourismusbranche ausländischen Anlegern, somit bleibt der wirtschaftliche Erlös längst nicht vollständig im Lande.
Auf dem Rückweg nach Arusha kehren wir noch einmal ein, unser Koch unterhält uns mit seinen Vorstellungen über Frauen.
Am Ende der Fahrt geben Reiner und ich unserem Fahrer je 10 USD Tip, er schaut uns verständnislos und wehmütig an, so dass wir noch jeweils 10 drauflegen, dem Koch geben wir 5 Dollar.
Nach einer Nacht im Mezza Luna geht es per Linienbus zurück nach Nairobi, an der Grenze gibt es keine Probleme, unser Visum ist noch gültig. Wir waren zuerst nicht sicher, ob wir mit einem Visum öfter als einmal ins Land einreisen dürfen.
Den Kilimandscharo haben wir mehr erahnt als gesehen, er war in Wolken verhüllt.
Wir steuern wieder das Grand Hotel Regency an und müssen zu unserem Bedauern feststellen, dass wir fast doppelt so viel bezahlen müssen als uns die Hotelbuchung in Deutschland vorab gekostet hat. Es ist vor Ort keinesfalls immer billiger, es sei denn, man kümmert sich um Low-Budget-Unterkünfte, die in keinem Prospekt stehen.