Rock'n Roll - Blues - Country - Jazz
New Orleans
Die Fahrt dauert etwa sieben Stunden, nach 90 Minuten halten wir in Meridian. Es sind fast nur schwarze Mitreisende im Zug. Manchmal fahren wir im Schritttempo, lange Zeit durch Waldgegend. Das "Hotel Prince Conti", zentral im French Quarter und einige Schritte von der Bourbon Street gelegen, ist meine nächste Bleibe. Gebucht bzw. ersteigert hatte ich die Unterkunft ebenfalls im Internet bei Priceline.
Nun also hinein ins Vergnügen. Lifemusik wird in jedem zweiten Lokal angeboten, allerdings überwiegend Blues, Punk oder Pop und weniger Jazz. Früher, so jedenfalls meine ich mich zu erinnern, muss es umgekehrt gewesen sein. An der Güte und Qualität der Musik hat sich nichts geändert. Nachdem ich mich mit Bohnen und Reis, der angeblichen Leibspeise von Louis Armstrong, gestärkt habe, bleibe ich eine geraume Zeit im Maison Bourbon Jazz Club und genieße das Konzert. Es stört mich, dass nach kurzer Zeit immer die Rechnung vorgelegt wird mit dem Hinweis, dass mindestens ein Getränk pro Musikset verzehrt werden muss. Im Vergleich zu Tennessee kommt es mir in New Orleans teuerer vor und der Service hat mir in Memphis und Nashville auch besser gefallen.
Der nächste Tag steht ganz im Zeichen der Stadtbesichtigung. Hier, im Wirtschaftszentrum von Louisiana, leben etwa 220.000 Einwohner. Lebensader der Stadt ist der Mississippi, der Ole Man River, aber auch verantwortlich für die größte Katastrophe. Im Jahr 2005 zerstörte der Hurrikan "Katrina" große Teile des Stadtgebietes. Heute werden Touren angeboten, um Reste der Verwüstung zu erleben. Ich habe an einer solchen Fahrt nicht teilgenommen. Bei meinem Rundgang durch New Orleans ist mir nichts aufgefallen, dass an diese Überschwemmung erinnern könnte.
Das French Quarter oder Vieux Carré beeindruckt nach wie vor mit seiner schönen Architektur, mit seinen interessanten, filigranen, gusseisernen Balkonen und Zäunen. Im Zentrum befindet sich der Jackson Square mit der St. Louis Cathedral und dem Cabildo. Grünflächen und Blumenbeete verleihen dem Platz ein angenehmes Flair. Einige Musiker machen auf sich aufmerksam. Gleich dahinter fließt er dahin, der Mississippi. Der Schaufelraddampfer "Natchez" wartet wie eh und je auf seinen nächsten Ausflug. Bei unserem ersten Besuch hatten wir auf diesem Schiff an einer Rundfahrt teilgenommen.
In der Canal Street besteige ich eine der historischen Straßenbahnen und fahre zum Garden District. Es geht vorbei an noblen Stadthäusern, den Ante Bellum Villen, und man meint, in ein anderes Jahrhundert einzutauchen. Am Straßenrand blühen schon die ersten Magnolien und ich erlebe Südstaatenromantik pur.
Für die Rückfahrt braucht die Bahn nicht zu wenden, es werden einfach die Sitze umgedreht, einige Male steigt der Fahrer aus, um die Weiche in Position zu bringen.
Im Fernsehen wird auf allen Kanälen die Vereidigung des neuen Präsidenten gezeigt, ich freue mich, dass Aretha Franklin die Ehre gebührt, an dieser Feier aktiv mitzuwirken.
Am späteren Nachmittag spielen die ersten Bands schon wieder in den angesagten Clubs. Als eine Dame sich aufdrängt und unbedingt mitsingen möchte, wahrscheinlich gehört das zum Konzept, verlasse ich das Lokal schnurstracks.
Etwas problematisch stellt sich die Suche nach einem Internet-Café dar, wen ich auch frage und anspreche, niemand kann mir eine genaue Antwort geben. Mehr zufällig als geplant habe ich dann doch noch den gewünschten Erfolg.
Abends ist wieder Musik angesagt. Heute steht ein Besuch der bekannten Preservation Hall auf dem Programm. Der Jazzkeller befindet sich in einem unscheinbaren Gebäude, ich war schon einige Male daran vorbei gegangen. Nachdem ich 10 Dollar Eintritt entrichtet habe, lausche ich den Klängen von Shannon Powell and the Preservation Hall-Stars. Der Club ist gut gefüllt, ich vermute viele Touristen unter den Gästen. Ansonsten ist im Quarter nicht viel los und eine ganze Reihe der Lokale wirbt mit Sonderangeboten oder mit “3 for 1“.
Nun geht es weiter, mit dem Taxi fahre ich zum Bahnhof. Der Taxifahrer grinst vielsagend, als ich ihm erzähle, dass der andere Mann im Foyer seit geraumer Zeit auf den Flughafenshuttle wartet.
Vor dem Waggon weist der Schaffner uns die einzelnen Plätze zu. Zunächst geht es am riesigen Stadtfriedhof vorbei, später sehen wir den Golf von Mexiko. In Meridian und Birmingham wird jeweils ein längerer Raucherstopp eingelegt. Nach der Einfahrt in den Bahnhof Tuscaloosa verlasse ich kurz den Zug, kann aber niemanden meiner Bekannten entdecken. Der Zugbegleiter spricht etwas Deutsch, er hat früher in Speyer gewohnt. Nach 11½ Stunden sind wir in Atlanta und ich gehe zum nahe gelegenen "Motel Super 8" und checke ein. Eigentlich wollte ich hier ein paar Tage bleiben, habe mich dann aber kurzfristig für den eben beschriebenen Abstecher nach New Orleans entschieden, der ursprünglich gar nicht geplant war.
Mit der Subway geht es am nächsten Tag direkt zum Flughafen. Viele Soldaten bevölkern die Gänge und warten auf ihren Abflug. Nach gründlicher Personenüberprüfung kann ich endlich das Flugzeug besteigen, einige Gäste sind mit einem "Obama"-T-Shirt bekleidet. Der Flug bis Fort Lauderdale dauert etwa 90 Minuten. Aus der Luft ist der lange Strand gut zu erkennen und ich bin sehr beeindruckt.