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New York
Der Landeanflug auf New York ist atemberaubend, unter uns ein Lichterteppich soweit das Auge reicht. Von Paris bis zum John-F.-Kennedy-Flughafen benötigen wir gut 8 ½ Stunden. Mit Air-France war ich vorher noch nie geflogen. Der Service gefällt mir, mein Wunsch nach einer weiteren kleinen Flasche Wein wird immer mit einem Lächeln quittiert – und mit einem frischen Getränk.
Ab heute, 12. Januar 2009, benötigen ausländische Besucher für die Einreise in die Vereinigten Staaten erstmals eine Reisegenehmigung, um im Rahmen des Programms für visumfreies Reisen (Visa Waiver Program) das Land zu betreten. Ich hatte diese Berechtigung ein paar Wochen vorher im Internet beantragt. Aber der Grenzbeamte interessiert sich überhaupt nicht für dieses Papier, er fragt nur nach der "Green Card", und die hatte ich noch nicht zur Hand. Also Formular besorgen, ausfüllen und hinten anstellen.
Ein Super Shuttle bringt mich binnen kurzer Zeit nach Manhattan und erwartungsvoll betrete ich das per Internet reservierte "Hotel Grand Union" in der 32nd Street, einige Meter von der Fifth Avenue und dem Empire State Building entfernt und somit mitten im Big Apple.
Es ist lausig kalt und der sternenklare Himmel lässt für die nächsten Tage keine wärmeren Temperaturen erahnen. Dick vermummt beginne ich das Abenteuer New York und esse standesgemäß in der Fifth Avenue zu Abend – im Wendy´s. Der Burger schmeckt nicht schlecht, er wird mit einigen Bieren in der benachbarten Heartland Brewery ergänzt. Dicke Stretch-Limousinen fahren die Straße entlang, aus den Gullys entweicht weißer Dampf.
Gegen Mitternacht mache ich mich, mit der nötigen Bettschwere versehen, auf den Heimweg. In Europa ist es wegen der Zeitverschiebung immerhin schon 6.oo Uhr morgens.
Der nächste Tag steht ganz im Zeichen eines langen ausgedehnten Stadtspaziergangs. Wie erwartet scheint die Sonne, das Thermometer zeigt sechs Minusgrade an. Ich schlendere die Fifth Avenue entlang, verweile ein paar Momente am Madison Square, überquere den Broadway und halte am Washington Square mit dem eindrucksvollen Triumphbogen.
Eine Frau, ehemals Deutsche, erklärt mir den Weg nach Soho und dann bin ich auch schon am Ground Zero.
Mit gemischten Gefühlen blicke ich auf den Zaun, der das Gelände umschließt, führe mir noch einmal die schrecklichen Bilder der unvorstellbaren Katastrophe vor Augen und denke an das unmenschliche Leid, das hier erlebt werden musste. Das World Trade Center, ehemaliges New Yorker Wahrzeichen, wurde 2001 dem Erdboden gleichgemacht.
Mittlerweise haben die von Machtkämpfen begleiteten Wiederaufbauarbeiten begonnen und der ganze Platz gleicht nur noch einer Riesenbaustelle, 1,6 Mio. Tonnen Schutt mussten weggeräumt werden. Auf dem Weg zum Financial Center habe ich einen guten Blick auf die World Trade Center Site, wie der Ort heute genannt wird. Leider hat das Museum geschlossen, ich hätte gern an einer Führung teilgenommen.
Zusammen mit Elisabeth war ich 1985 das bisher einzige Mal in New York und natürlich hat ein Besuch der über 400 m hohen Twin Towers, wie das Gebäude auch genannt wurde, nicht gefehlt. Die Aussicht war phänomenal. Ansonsten verlief diese Reise nicht immer geradeaus und wir mussten uns durchaus mit einigen Handicaps auseinandersetzen.
Die von mir in Stolzenau eingetauschten Dollarscheine waren nicht mehr gültig, der Kurs des Dollars lag damals bei unvorstellbaren DM 4,20 und eine Kreditkarte hatten wir nicht. Elisabeths Banker riet ihr davon ab und gab dieser Zahlungsmodalität keine Zukunft.
Wir flogen dann nach Houston und fuhren mit dem Greyhound-Bus zum Besuch von Verwandten nach El Paso. Zusammen unternahmen wir mit zwei Autos einen Ausflug zum Grand Canyon und nach Las Vegas. In New Orleans war unser Portemonnaie leer, wir besaßen nur noch Euroschecks.
Bei der achten Bank hatten wir Glück und konnten einen Scheck einlösen, 300,- DM abzüglich 15 Dollar Bearbeitungsgebühr wurden uns eingetauscht, mehr war nicht drin. Sofort lösten wir eine Zugfahrkarte nach New York, um wenigstens den Rückflug nicht zu verpassen. Die nächsten Tage lebten wir sprichwörtlich von Wasser, Brot und Liebe. Kein Gedanke mehr an romantische Fahrten durch die Südstaaten mit einem Mietwagen …..
Doch jetzt hat mich die Gegenwart wieder eingeholt. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich gehe gerade an der Wall Street vorbei und schon stören Worte wie Finanz- und Wirtschaftskrise, Spekulationschaos, Subprimes und Maßlosigkeit mein Urlaubswohlbehagen.
Nicht weit von hier legt die Staten Island-Fähre ab und, da sie kostenlos ist und einen guten Blick auf die Freiheitsstatue verspricht, besteige ich das Schiff, das tagsüber halbstündlich ablegt. Lady Liberty ist wirklich gut zu erkennen und ich habe den Eindruck, dass die meisten Mitreisenden genau wie ich wegen dieser Sehenswürdigkeit unterwegs sind und nicht, um auf den Stadtteil Staten Island zu gelangen. Sie werden aber auch mit phantastischen Ausblicken auf die Manhattan Skyline belohnt. Dieses Panorama ist unvergleichlich und ich bleibe trotz der Kälte während der gesamten Fahrt an der Reling stehen. Nach 20 Minuten sind wir leider schon am Ziel.
Zurück in Manhattan statte ich der im Schatten riesiger Wolkenkratzer stehenden Trinity Church einen Besuch ab und gehe anschließend doch noch durch die Wall Street. George Washington grüßt wuchtig von der Federal Hall, wo er seinerzeit seinen Amtseid ablegte. Das Haus der Börse, New York Stock Exchange, ist noch weihnachtlich geschmückt – ob den geprellten Anlegern das recht ist? Eintritt in dieses Gebäude wird nur Privilegierten gewährt, Touristen und andere neugierige Gäste bleiben draußen.
Das Trumps Building ist hier zu finden, die Deutsche Bank und BMW haben u. a. in dieser Straße ein Büro oder eine Niederlassung.
Am East River entlang orientiere ich mich zur Brooklyn Bridge, habe allerdings etwas Mühe, den Fußgängeraufgang zu finden. Zwei Polizisten zeigen mir den rechten Weg und so spaziere ich zum Stadtteil Brooklyn. Pflastermüde ziehe ich eine Fahrt mit der Subway zum Hotel zurück einer längeren Wanderung vor und steige in die Linie 6. Die Fahrt kostet 2 Dollar.
Nach dem Abendessen verweile ich in mehreren Cocktailbars. Besonders gefallen hat mir die Bar 230 Fifth, Ecke 27th Street. Sie befindet sich im 20. Stock und der Gast kann sich entweder drinnen oder, mit Wolldecken versorgt, auch draußen auf der vom Schnee befreiten Terrasse aufhalten. Heizstrahler lassen den Aufenthalt angenehmer werden. Der Ausblick ist gigantisch, die Preise haben es aber auch in sich.
Am nächsten Morgen lasse ich es ruhiger angehen, mein Knie verlangt nach einer Pause. So nehme ich an einer organisierten Stadtrundfahrt teil und es ist sehr interessant und unterhaltsam. Am Empire State Building in der Höhe von Macy´s besteige ich den Bus und fahre dann, fast auf der Strecke, die ich gestern zu Fuß abgelaufen bin, bis zum South Street Seaport. Von hier beginnt eine tolle Fahrt mit dem Wassertaxi. Wieder geht es Richtung Freiheitsstatue, allerdings fahren wir wesentlich näher an diese Sehenswürdigkeit heran. Eine junge hübsche Frau versorgt uns an Bord permanent mit Informationen über New York. Der Blick auf die Manhattan Skyline ist wieder traumhaft an diesem sonnigen, aber eiskalten, Wintertag.
Nachdem wir die Brooklyn Bridge und die Manhattan Bridge von unten bewundern durften, legt das Schiff an und ich warte auf den Bus.
Bis zum nächsten Halt kommen wir u. a. am UN-Gebäude, dem Trumps Tower, an Tiffanys und dem Chrysler Building vorbei, beim Rockefeller Center steige ich aus. Etliche Schlittschuhläufer vergnügen sich auf der Eisfläche. Inmitten dieser mächtigen Wolkenkratzer, immerhin 14 an der Zahl, komme ich mir klein und verlassen vor. Nach dem Besuch des General Electric-Gebäudes gehe ich zur Kathedrale des Hl. Patrick und versuche, die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Laut Reiseführer handelt es sich bei diesem Gotteshaus um die elftgrößte Kirche der Welt, mir ist es nicht so vorgekommen. Nun folgt noch ein kleiner Spaziergang zum Times Square. Hier staune ich wieder über das hektische Treiben und die stetig wechselnde Neonreklame. Der fast 20 km lange Broadway bahnt sich seinen Weg über den Platz, in einem der vielen Theater wird gerade "König der Löwen" aufgeführt.
Wieder im Bus, begeben wir uns, vorbei an international renommierten Hotels, zum Central Park und müssen dann in der Nähe des Times Square das Fahrzeug wechseln. Mein Ticket hätte noch für die Uptown-Tour gegolten, aber ich habe an diesem Tag genug gesehen und entscheide mich, zum Empire State Building zurückzufahren. Die Stadtbesichtigung auf diese Art und Weise gefällt mir, denn das Prinzip "hop on/hop off" lässt genügend Eigeninitiative und selbst bestimmte Aktivität zu.
Mit dem Fahrstuhl geht es in den 80. Stock des Empire State Building hinauf. Die gewaltigen Ausmaße dieses Gebäudes erstaunen mich und es dauert, bis ich endlich die Aussichtsplattform erreicht habe. Unter uns liegt Manhattan im Glanz der Spätnachmittagssonne. Obwohl es klirrend kalt ist, laufe ich einige Male auf der Außenballustrade um die Turmspitze herum und versuche die Bauwerke unter uns zu bestimmen. Hudson River, East River, Central Park, Chrysler Building, Rockefeller Center, Freiheitsstatue, alles ist gut zu erkennen und die Aussicht einfach unvorstellbar schön und interessant. Dass ich mir bei diesem Höhenflug eine mittlere Erkältung einheimse muss in Kauf genommen werden.
Bevor ich nach diesen aufregenden Besichtigungen eine Kaffeepause im Starbucks einlege, sehe ich mir noch das Kaufhaus Macy´s an.
New York liegt am nächsten Morgen unter einer dicken Schneedecke. Der Shuttlebus zum Flughafen La Guardia erscheint mit 40minütiger Verspätung und, da ich diese Erfahrung in den USA schön öfter gemacht habe, schwöre ich mir, beim nächsten Mal eine Stunde früher aufzubrechen. Aber es ist nichts passiert, gleich draußen wird mir mein Rucksack abgenommen und die Bordkarte ausgedruckt. Mein Flug nach Birmingham hat zwei Stunden Verspätung.
Nun, da ich noch reichlich Zeit habe, bitte ich am Delta Air Schalter, mir die Meilen für diesen Flug gut zu schreiben, aber mein Name taucht nicht im Computer auf. Die Dame ist überhaupt nicht kooperativ und erklärt mir nur, was alles nicht möglich ist, von Hilfe und Unterstützung kann keine Rede sein. Auch findet sie nicht meinen in einigen Tagen anberaumten Flug von Atlanta nach Ft. Lauderdale. Entnervt frage ich bei Cockpit Reisen in Bremen nach und mir wird bestätigt, dass alles in Ordnung ist, die Dame am Schalter hätte nur die Buchungsnummer eingeben müssen. Mein Verhältnis zu Delta Air ist seit diesem Moment getrübt und auch spätere Flüge bestätigen dieses Vorurteil. Die Bordverpflegung ist mit der anderer Gesellschaften nicht zu vergleichen, so erhält der Fluggast auf einem mehr als zwei Stunden langen Flug lediglich ein Getränk und einen Keks, beim Heimflug von Atlanta nach Paris wurde mir die zweite kleine Flasche Wein gleich in Rechnung gestellt.
Wenn ich da Air France denke ….
Nach knapp drei Stunden landen wir in Birmingham.