Patagonien und Feuerland
El Calafate
Die etwa dreistündige Busfahrt ist eher langweilig, Wiesen, Steppe, Schafe, Weite. Das Hotel, das ich mir im Reiseführer ausgesucht habe, existiert nicht mehr, also wähle ich das La Loma in der Nähe des Busterminals.
Auch in El Calafate zeigen ausgelassene Fußballfans ihre Freude über den Sieg. Es gibt in diesem Ort ausgezeichnete Steak-Restaurants und ich gebe mir Mühe, keines zu benachteiligen und auszulassen.
Bis zum Gletscher Perito Moreno sind es um die 80 km. Im Bus treffe ich Jaqueline wieder, eine Mexikanerin, die in Kalifornien lebt. Wir haben uns in Ushuaia kennen gelernt, sie trank in unserem Hotel Whisky mit heißem Wasser und hat mir auch ein Glas angeboten.
Außer ihr sind noch einige Holländer und Belgier im Bus. Unterwegs legen wir einige Pausen ein und beobachten Ibisse und Flamingos. In den Bergen haben Kondore ihren Horst, an den Strassen sind Calafate-Sträucher (Bickbeeren) und Mutillabäume. Wir kommen an der Estancia "Anita" vorbei, einer Farm mit 65.000 ha Weideland und 3.500 Schafen. Unsere Begleiterin erzählt, dass man im Winter mit 10 % Viehverlust rechnen muss.
Am Parkeingang stehen etliche tote Bäume. Sie sind, so wird uns berichtet, abgestorben. Die Gletscherzunge wächst so schnell, dass der Südarm des Lago Argentino alle drei bis sieben Jahre abgeschnitten und das Wasser gestaut wird, über die Ufer tritt und die Umgebung überschwemmt. Die Bäume ertrinken in den Wassermassen.
Dann stehen wir vor dem Perito Moreno, sein Eis leuchtet zart bläulich-weiß. Die Frontseite ist etwa 60 m hoch und wir fahren mit einem Boot dicht heran.
Später gehen wir zur anderen Seite und können von verschiedenen Balkonen erleben, wenn der Gletscher kalbt.
Es ist ein grandioses Schauspiel, kann aber auch gefährlich sein. In der Zeit von 1968 bis 1988 haben 32 Menschen durch zersplitternde Eisbrocken ihr Leben gelassen. Zu meiner ganz besonderen Freude kreisen zwei Kondore über den Bergen, mit dem Fernglas kann ich sie gut beobachten.
Auf dem Parkplatz steht ein Unimog. Er ist aus Hannover, wie ich am Nummernschild erkennen kann.
Abends in El Calafate treffe ich die beiden Iren wieder.
Die Spitze des Berges Fitz Roy soll so scharf sein, dass kein Schnee darauf liegen bleibt. Ich möchte mich selber davon überzeugen und fahre mit dem Bus nach Chalten, dem Ort am Fuße des Massivs.
Unterwegs kaufe ich eine Flasche Mineralwasser, habe ich doch vor, bis zur Laguna Capri zu wandern, von dort soll man einen wundervollen Blick auf die Spitze haben. Gleich im Ort erhasche ich aus dem Busfenster noch einen Blick auf den Berg und freue mich auf den Treck.
Leider ist auch hier schlechtes Wetter. Einige Mitreisende wollen bis zum nächsten Tag warten und dann loswandern, ich setze mich gleich in Bewegung.
Es ist wiederum eine schöne Wanderung mit tollem Panorama, keine Menschenseele unterwegs, bis auf eine Ausnahme, einmal überholt mich ein Pferdegespann. Etwas abseits vom Weg liegt ein Kuhkadaver.
Irgendwann bin ich auch am Ziel, der Aufstieg war für mich ganz schön anstrengend. Was sehe ich - nur Wolken! Ich bin etwas enttäuscht und zwinge mich aber, noch eine halbe Stunde zu warten und siehe da, nach 20 Minuten schiebt sich die Wolkendecke ein kleines Stück zur Seite und ich habe doch noch das begehrte Motiv, zwar nicht klar, aber immerhin.
Der Rückmarsch ist einfach, allerdings fängt es an zu regnen. Auf einer Wiese im Ort grasen einige Alpacas.
Im Busbahnhof will ich meinen Pullover überziehen und muss leider erkennen, dass er völlig durchnässt ist, die Verkäuferin hatte die Wasserflasche geöffnet und ich nichts davon gewusst. Vor Kälte bibbernd nehme ich im Hotel angekommen erst mal eine heiße Dusche. Abends stärke ich mich bei einem Asado mit gegrilltem Lamm-, Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch.
Um einen Eindruck von der Weite Patagoniens zu erhalten, nehme ich nicht das Flugzeug, sondern einen Bus nach Trelew, meinem nächsten Ziel. Das Ticket kostet 65 USD. Trelew liegt am Rande der Halbinsel Váldes.
Es wird eine lange Busfahrt, erst vier Stunden zurück nach Rio Gallegos, dann in einem anderen Bus weitere 16 Stunden, zwischendurch wird immer mal eine kleine Pause eingelegt.
Neben mir sitzt Victor von den Falklandinseln. Er ist Seemann und fährt nach Hause, um bei der Geburt seines ersten Kindes dabei zu sein. Der Blick aus dem Fenster ermüdet schnell, Gras, Gras und noch mal Gras. Einmal konnte man für kurze Zeit den Atlantik sehen.