Patagonien und Feuerland
Punta Arenas
Strahlender Sonnenschein aber heftiger Wind empfängt uns bei der Ankunft, die Menschen sind mit Jacke oder Pullover bekleidet.
Zusammen mit einem Argentinier aus Ushuaia suche ich die Hospedaje Independencia, zum Glück ist gerade noch genügend Platz vorhanden. Im Ort versende ich einige e-mails und decke mich im Supermercado mit dem Nötigsten ein. In unserer Unterkunft wird schon geheizt, in der Küche steht ein alter Küppersbusch-Herd von der Art, die ich noch aus meinen Kindheitstagen kenne. Zwei niedliche Katzen wärmen sich hinter dem Herd. Beim Frühstück begegne ich zwei Norwegerinnen, sie waren vorher in Cusco und La Paz.
Ein eigenartiges Gefühl beschleicht mich, als ich an der Magellanstrasse stehe, hier ist die Welt zu Ende, zumindest das südamerikanische Festland. In der Ferne kann man Feuerland erkennen.
Ich mache schöne Spaziergänge, lese und besuche ein Museum, das Stadthaus des Viehzüchters Braun. Die Bäume in der Innenstadt sind kugelförmig gestutzt. Punta Arenas ist Ausgangspunkt für Exkursionen in die südchilenischen Nationalparks, mein Ziel ist jedoch Feuerland.
Edouardo, ein Mitarbeiter in der Pension, verkauft mir ein Ticket für einen Ausflug zu einer Pinguinkolonie. Statt 7000 brauche ich nur 5000 pesetas zu bezahlen, Beziehungen... so meint Edouardo.
Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir die Kolonie, unterwegs sehen wir etliche Schafe, Ñandus, eine Straußenart, und einen Skunk. Auch kommen wir an einer Farm vorbei, sie hat einen indianischen Namen und heißt übersetzt: Platz im Wind, sie verfügt über die bescheidene Fläche von 3.500 ha.
In dieser Zeit sind nur einige Pinguine anwesend, etwa 150 Tiere, Monate später können es bis zu 1000 Stück werden. Sie sind drollig anzuschauen wie sie da in ihrem Frack langstolzieren. Die Elterntiere, so erzählt man uns, laufen zum Wasser, futtern ca. 3 kg an und eilen ans Nest zu den Jungen zurück. Unterwegs werden sie von Möwen belästigt, verlieren einen Teil des Futters und hinterlassen den frechen Möwen leichte Beute. Feinde der Pinguine sind der Fuchs, er frisst die Eier, die Seelöwen im Wasser und der Mensch.
Auf dieser Tour lerne ich zwei Iren kennen, sie wollen anschließend für ein Jahr nach Australien um dort zu jobben, wir werden uns in den nächsten Wochen noch einige Male treffen.
Abends esse ich die Nationalspeise Curanto, ein fettes aber wohlschmeckendes Gericht aus Fleisch, Kartoffeln und Muscheln. Hier im Restaurant treffe ich auf ein älteres deutsches Ehepaar, das bereits fünf Wochen auf eigene Faust in Südamerika unterwegs ist, Respekt. Ihnen wurden in Buenos Aires 1.500 DM gestohlen, in La Paz ein Tagesrucksack. Punta Arenas ist sicher, Edouardo sagt, dass er selbst nachts sein Auto nicht abschließt.
Auf dem Weg zurück zum Hotel komme ich an vielen Bars und Restaurants vorbei, die Lichtreklame leuchtet, vorher waren mir die Lokale gar nicht aufgefallen. Auf einem Dach erkenne ich einen Mann mit Gewehr, was immer das zu bedeuten hat.
Zurück im Hotel höre ich im Radio von politischen Auseinandersetzungen in Argentinien und von Einreisestopps, wenn das man kein schlechtes Omen ist.
Die Katzen haben ihren Platz hinter dem Herd verlassen und liegen auf den Betten der Pensionsgäste, später, als ich in der Küche noch bei einer Flasche Wein sitze, kuscheln sie sich auf meinen Schoss.
Die Überquerung der Magellanstrasse mit dem Schiff dauert etwa 2,5 Stunden. Es herrscht heftiger Wellengang, viele Vögel begleiten uns auf dem Weg nach Feuerland, unter ihnen auch einige Albatrosse.
In Porvenir wechseln wir in einen Bus und sind knapp drei Stunden später an der Grenze nach Argentinien. Unterwegs nur Gras, Grassteppe und Schafe, ich glaube nicht, dass uns in dieser Zeit ein Auto entgegengekommen ist. In der Wachstube des chilenischen Grenzers hängt ein Bild von Paul Schäfer, dem ehemaligen Chef der Colonia Dignidad, der Kolonie der Würde. Eine Skandalkolonie, Leute, denen die Flucht gelang, berichten von Psychoterror, Folter und Mord. Schäfer wird von den chilenischen Behörden gesucht.
Nun sind es noch 320 km bis Ushuaia, dem am südlichsten bewohnten Ort der Welt. In Rio Grande wechseln wir den Bus, gegen 22.oo h sind wir am Ziel, es regnet und ist kalt.