Von Venezuela über Kolumbien nach Ecuador
Ecuador
Der Airbus 320 der Gesellschaft SAETA bringt mich am nächsten Morgen in 45 Minuten ans Ziel, Teresa und Uwe warten bereits. Wir fahren zusammen mit dem Auto ins Hotel "Indira" und verabschieden uns von Teresa, die zur Arbeit muss.
Beim Stadtbummel sehen wir eine gewaltige Blaskapelle auf einem zentralen Platz, u.a. mit zehn Klarinetten und zwölf Saxofonen besetzt. Wir steuern ein sehr hektisches Reisebüro an und erwerben Tickets für den Besuch der Galapagosinseln.
Am Malecon, der Flaniermeile am Rio Guayas, essen wir zu Mittag die Nationalspeise ceviche, es handelt sich um rohen Fisch in Saft mariniert. Später sehen wir in einem Park eine Schildkröte und mehrere Iguanas (Landleguane). Abends besuchen wir Teresa in ihrem Salsakurs, anschließend bestellen wir in einem Restaurant lomo und erhalten ein Steak, an dem mindestens drei Holzfäller ihre Freude gehabt hätten.
Teresa arbeitet im Diners-Club. Sie empfing von Harms aus Bremen ein Telefax mit den Bundesliga-Ergebnissen, leider hatte Werder in Duisburg! verloren.
Am nächsten Morgen treffe ich Uwe im Flughafen. Nach dem Einchecken haben wir noch genügend Zeit, ein einfaches aber völlig überteuertes Frühstück einzunehmen. Es gibt in ganz Ecuador meistens Nescafe, obwohl doch jede Menge Kaffee im Land angebaut wird.
Dann habe ich ein in meinem Leben wohl einmaliges Erlebnis: Eine junge hübsche Frau spricht mich an "Tú eres Horst"? Sie fragt, ob ich Horst sei. Ich fasse es nicht, Tausende von Kilometern von zu Hause entfernt und dann das. Später klärt sich die Sache auf. Miriam ist eine Bekannte von Teresa und hat bei ihr wie auch immer ein Foto von mir gesehen, aber dennoch, ich bin völlig sprachlos. Sie hat Geschäftsfreunde zum Flughafen gebracht und verspricht, mich bei der Rückkehr hier wieder abzuholen.
Wir fliegen mit einer Boeing 727 und landen nach etwa 90 Minuten auf der Insel "Baltra" des Galapagos-Archipels. Die Zeitverschiebung zu Deutschland beträgt jetzt acht Stunden bzw. eine Stunde zum ecuadorianischen Festland.
Es sind 11 USD Inseltax zu entrichten, den Eintritt, 80 USD, hatten wir bereits im Reisebüro bezahlt. Unter den Mitreisenden sind erstaunlich viele Israelis.
Zunächst geht es mit dem Bus zum Hafen, dann mit dem Boot zur Insel "Santa Cruz". Ein Israeli versucht um den Bootspreis zu feilschen, sofort stoppt der Bootsführer, dreht um und will ihn wieder am Hafen absetzen, im selben Moment wird das Portemonnaie gezückt.
In Puerto Ayora besichtigen wir die Darwin-Station, einige Riesenschildkröten werden hier gehalten. Unterwegs sehen wir viele Meerechsen, Leguane und Pelikane. Gegen abend dann besteigen wir das Schiff, das in den nächsten Tagen unser Zuhause sein wird. Zwei ältere Spanierinnen sind bei den Mahlzeiten unsere Tischdamen.
Am nächsten Morgen sind wir bereits vor der "Isla Floreana", die ´Galapagos Adventure´, unser Schiff, war die Nacht durchgefahren. Ein Dingi bringt uns von jetzt an immer an Land, wir wissen vorher, ob wir nasse Füße kriegen oder nicht, auf dem Tagesplan steht entweder "wet landing" oder "dry landing". Am Beginn der Insel halten wir an einem "Postamt" an, man kann Postkarten hinterlegen in der Hoffnung, dass sie jemand aus dem Heimatland mitnimmt, ich finde es albern.
Dann endlich sehen wir die Tiere, gleich zu Anfang beeindrucken mich die Blaufußtölpel, wenn sie kamikazegleich ins Wasser stürzen um einen Fisch zu fangen. Es erweist sich als außerordentlich schwierig, diese Aktion zu fotografieren. Meerechsen und Krebse finden wir in dieser Bucht ebenfalls reichlich vor. Dann ist er da, der erste Seelöwe, er wird von uns umringt, die Kamera im Anschlag. Wer kann schon wissen, dass in den nächsten Tagen Tausende seiner Kameraden ein ebenso schönes Motiv abgeben.
Bei der Weiterfahrt wird unser Schiff permanent von Pelikanen und Fregattenvögeln begleitet, bei den männlichen Fregattenvögeln ist der rote Kehlsack gut zu erkennen. Kurz vor der Landung taucht vor uns ein Pinguin im Wasser auf, es soll der einzige bleiben. Am Strand empfangen uns ganze Heerscharen von Seelöwen, alte Paschas rufen die jungen Tiere zur Ordnung, am besten gefallen hat mir die Fortbewegung auf dem Lande und die Unterhaltung der Tiere untereinander.
Einige Mitreisende baden und erleben, wie die Seelöwen immer spielerisch um sie herumschwimmen. Ich mache währenddessen einen Spaziergang und bemerke leider nicht, dass ein Tier mittleren Alters im Gebüsch liegt, es faucht mich an und ich weiß nicht, wer von uns beiden größeres Herzklopfen hat.
Nachmittags erkunden wir eine Lagune und kommen an einigen Flamingos vorbei, eine Riesenschildkröte schwimmt im Meer und tut uns nicht den Gefallen, an Land zu gehen. Unser Begleiter erklärt, dass sich die kleineren Schildkröten im Hochland aufhalten und die Riesen im Wasser, ich war etwas enttäuscht, nicht mehrere Tiere dieser Gattung sehen zu können, habe ich doch Galapagos immer mit Schildkröten in freier Natur in Verbindung gebracht.
Bei der Poststation "Wittmer", betrieben von einer deutschen Siedlerfamilie, gibt es einen Stempel in den Reisepass, meine hier aufgegebenen Ansichtskarten erreichen ihren Empfänger jedoch nicht.
Auch die "Isla Española" ist ein Domizil etlicher Seelöwen, hier entdecken wir viele Muttertiere mit ihren Jungen, eine große Anzahl von Meerechsen, Hunderte von Blaufuß- und Maskentölpeln, einige mit niedlichem Nachwuchs im Nest. Einige Albatrosse fliegen über uns, gern hätte ich eine Landung à la Walt Disneys Mäusepolizei gesehen, den Gefallen erweisen sie mir leider nicht. Zum Programm gehört dann noch die Gardner-Bay mit ihrem langen weißen Strand, wo wir herrlich baden und die Insel "Seymor". Hier begeistern uns einige männliche Fregattenvögel mit einem wunderbar aufgeblasenen roten Kehlsack.
Miriam wartet tatsächlich im Flughafen auf mich und bringt mich mit dem Auto ihres Neffen ins Hotel, Uwe wird von Teresas Mutter und Cousine abgeholt, abends wollen wir uns wieder treffen.
Wir fahren zur Plaza Bolivar und speisen in einer Cafeteria. Plötzlich kommt etwas Unruhe auf, Adolpho Abdallah, der Bruder des Präsidenten, betritt das Lokal und nimmt einige Tische in Beschlag. Seine Bodygards, Polizisten im Kampfanzug mit Gewehren und Pistolen, sitzen derweil am anderen Ende des Cafes und essen. Adolpho ist, so sagt Miriam, Sozialminister von Ecuador. Als nächstes steht ein Besuch von Miriams Schwester auf dem Programm, zwei ihrer fünf Kinder sind zu Hause, ihr Mann ist Rechtsanwalt und noch im Büro. Sie bewohnen ein Haus in einer vornehmen Gegend, ich werde freundlich und liebevoll aufgenommen.
Abends treffen Teresa und Uwe in der Hotelbar zu uns. Zwischen den Frauen herrscht eisige Stimmung und wir wissen bis heute noch nicht warum. Nach einiger Zeit sind Miriam und ich wieder allein, eine Drei-Mann-Kapelle spielt in der Bar und wir tanzen ein wenig, ab und zu geht einer der Gäste ans Mikrofon und singt mehr schlecht als recht. Einmal kommt der Saxofonist zu uns und meint, die Dame am Nebentisch hätte gesagt, sie kennt mich, ich sei auch Saxofonist. Ist das nun Telepathie oder habe ich einen Doppelgänger?
Morgens läuft "Derrick" im Fernsehen, deutsch mit spanischen Untertiteln. Eine von Teresas Freundinnen heiratet heute und ich brauche unbedingt noch adäquate Festkleidung, als Rucksackreisender stellt die Mitnahme entsprechender Garderobe ein logistisches Problem dar, also muss ich mir noch eine neue Hose kaufen, auf eine Jacke verzichte ich. Im dritten Geschäft werde ich fündig.
Punkt 18.oo h warte ich in der Hotelbar auf Teresa und Uwe, es wird spät und später. Gegen 21.oo h endlich erscheint Uwe, sichtlich verärgert, Teresa war über drei Stunden beim Friseur und er hing im Haus herum.
Dann fahren wir zur Hochzeitsfeier, es ist sehr vornehm, alle Herren im Smoking, beim Eintreten fragt man mich, ob ich denn kein Jackett habe. Die Gastgeber hat es aber nicht gestört.
Es heiraten Drazen und Inge, wie soll man sonst auch in Südamerika heißen. Inges Vater ist vor 30 Jahren aus Deutschland eingewandert, Drazen kommt aus Jugoslawien. Eine Band spielt sehr gut, aber für meine Begriffe zu laut, auch die Discomusik in den Pausen hätte ihre Lautstärke gern reduzieren dürfen. Ich tanze einige Male mit Ilse, der Schwester von Inge, und habe nicht zuletzt wegen des Geräuschpegels einige Probleme, mich mit ihr zu unterhalten.
Am Tisch wird Sekt, Wasser, Cola und Scotch serviert. Um Mitternacht eröffnet das Brautpaar das große Hochzeitsbuffet mit leckeren warmen und kalten Speisen, dazu wird Wein gereicht. Ich lange kräftig zu, der Käse-Imbiss zu Beginn der Feier sagte mir nicht so zu.
Die Braut trägt einen weißen Schleier. Zu vorgerückter Stunde verschenkt sie nach altem Brauch ihre Strumpfbänder an Freundinnen, später wird, wie auch in Deutschland üblich, der Brautstrauß geworfen. Um halb drei verlässt das Brautpaar die Feier, die Musik hört um 3.oo h auf zu spielen. Beim Hotel angekommen muss ich mich nun leider von Teresa und Uwe trennen.
Etwas verkatert warte ich am nächsten Morgen im Hotelfoyer auf ein Taxi. Einige Einheimische raten mir noch, im Bus-Terminal und auch später im Bus sehr vorsichtig zu sein. Cuidado und peligroso sind ihre häufigsten Vokabeln, vorsichtig und gefährlich, und das nach einer durchfeierten Nacht.
Aber es geht alles gut und die Busreise nach Quito wird zu einem schönen eindrucksvollen Erlebnis. Die Zugbegleiterin reicht Kekse und Cola. Nach kurzer Zeit ist das Fenster vor mir zertrümmert, Steinschlag? Ich weiß es nicht.
Später führt der Weg durch die Anden, die Sichtverhältnisse verschlechtern sich und ich schlafe etwas.
In Quito entscheide ich mich für das Hotel "Ambassador", hier treffe ich zum ersten Mal während dieser Reise auf deutsche Touristen. Auch kommen mir zwei Männer bekannt vor, ich meine, sie in der Darwin-Station auf Galapagos gesehen zu haben. Heute geht es früh ins Bett, die Höhenluft macht mir etwas zu schaffen, oder ist es eine Nachwirkung auf die Hochzeit?
Am nächsten Tag beginne ich die obligatorische Stadtbesichtigung mit einem Besuch der Altstadt. Es gefällt mir sehr gut und ich wandere eine ganze Zeit umher und sehe mir das Teatro Sucre an, die Plaza de la Independencia mit der Kathedrale, dem Palacio Municipal (Rathaus), dem Bischofspalast und dem Regierungsgebäude. Es ist kühl hier, die Höhenluft macht sich doch bemerkbar.
Ein Taxi bringt mich auf den Panecillo, einem Vulkankegel in der Altstadt. Man hat von hier eine wunderbare Aussicht auf die Stadt und Umgebung. Auf der Spitze des Kegels thront das Wahrzeichen von Quito, die Jungfrau oder Virgen de Quito. Der Reiseführer empfiehlt, mit dem Taxi hochzufahren, zu Fuss soll man leicht Opfer eines Raubüberfalles werden.
Während dieser gesamten Reise habe ich keine Probleme, meine Sicherheit ist zu keiner Zeit gefährdet, allerdings bin ich auch sehr vorsichtig vorgegangen, habe alle Wertsachen, so möglich, am Körper verstaut und alle Gegenstände auf verschiedene Verstecke verteilt. In manchen Hotels konnte ich einen Safe mieten. Man sagt, das gebrannte Kind scheut das Feuer, Ende 1990, bei meiner ersten Reise nach Südamerika, wurde ich viermal beraubt.
Auf dem Rückflug versuche ich ohne Erfolg, einen Blick auf den Cotopaxi zu werfen, werde aber durch andere Berge, die durch die Wolkendecke lugen, entschädigt.
Auf Curacao haben wir noch eine Stunde Aufenthalt, dann geht es nonstop nach Europa.
PS: Teresa und Uwe sind mittlerweile verheiratet und haben Familie.