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China-Transsib 1
Landkarte von StepMap
StepMap China-Transsib 1

China und Transsib

hinein ins fernöstliche Abenteuer

Hongkong

Einige Tage vor dem Abflug ist meine Vorfreude auf den Nullpunkt gesunken, habe ich mich doch bei der Arbeit am Fuß verletzt und kann kaum noch gehen. Am letzten Abend, während ich auf dem Sofa liege und kühle Umschläge auf den geschwollenen Fuß lege, raten meine Freunde mir noch, die Reise abzusagen. Aber dank Tabletten und Zäpfchen kann ich mich wenigstens humpelnd bewegen und eine Stornierung kommt überhaupt nicht in Frage. Dass es sich um Gicht handelt, erfahre ich erst Wochen später nach der Rückkehr.

Natürlich bin ich etwas nervös, ich habe zwar einige Urlaube im Ausland verbracht, aber meist zu zweit und, bis auf eine Reise in die Vereinigten Staaten, immer in Europa. Jetzt geht es allein und mit gesundheitlicher Beeinträchtigung nach Asien.

Vor Monaten hatte ich eine sogenannte Mini-Package-Tour bei Panda-Tours, Frankfurt, gebucht, d. h. um Inlandsflüge, Flughafentransfers und Hotels brauche ich mich nicht mehr zu kümmern. Heute würde ich es anders machen und individuell vorgehen.

Zur Einstimmung und Vorbereitung hatte ich u. a. die Reiseführer von Doris Knop über China und die Transsib gelesen, mir eine Sprachkassette Chinesisch-Deutsch gekauft und bei der Volkshochschule einen Russischkurs belegt.

Am 02. April 1987 geht es los, zuerst fliege ich von Bremen nach London und habe dort noch einen halben Tag frei, fahre mit der U-Bahn zum Piccadilly-Circus und besichtige die Sehenswürdigkeiten in der Umgebung wie Westminster Abbey, Houses of Parliament, Big Ben, Downing Street usw. Es ist ein sonniger Frühlingstag, ich kann ihn aber nicht so richtig genießen, denn das Gehen bereitet mir doch große Schwierigkeiten.

Die Boeing 747 hebt mit geringfügiger Verspätung ab, in Bombay wird ein Zwischenstopp eingelegt, und nach fünfzehn Stunden landen wir in Hongkong.

Marsha wartet bereits im Flughafen auf mich und begleitet mich dann in das sündhaft teuere und moderne Hotel "Riverside Plaza" im Stadtteil New Territories. Es ist etwas neblig.
Sie schlägt vor, am Abend gemeinsam eine neue Kaufhauspassage zu besichtigen, ich habe aber keine Lust auf einen Schaufensterbummel und ziehe lieber auf eigene Faust los. Beim Geldtausch erhalte ich für 50 US$ den Gegenwert von 366 Hongkong$.

Was für ein Treiben ist in der Stadt, Menschen über Menschen, Lampen, Lichtreklame, hier ein Leuchten und Glitzern, dort Neon in allen Farben. Ich schlendere durch die Nathan Road und durch andere Straßen und Gassen von Kowloon, die Läden sind bis 23.oo Uhr geöffnet.

In einem Restaurant wird mir zunächst ein Waschtuch zum Reinigen der Hände gereicht. Leider hatte ich versäumt, das Essen mit Stäbchen zu üben, der Kellner beobachtet mich eine Weile, hat dann ein Einsehen und reicht mir unaufgefordert eine Gabel. Es ist lecker und preiswert. Später habe ich immer weniger Probleme mit dem Holzbesteck, kann aber kein Verständnis für die heimische Uncle-Ben´s Reiswerbung aufbringen, die besagt, dass der Reis angeblich nicht klebt und locker ist. Gerade die festen Reisklumpen machen mir am wenigsten zu schaffen.

Hier im Restaurant beobachte ich einige Engländer beim Essen von Garnelen. Die Tiere werden erst lebend in Eiswasser, danach in kochendes Wasser getaucht.

Hongkong gehört in dieser Zeit noch zu England, lt. Marsha besteht die Bevölkerung der Stadt zu 98 % aus Chinesen.

Mit der Fähre fahre ich dann zur Insel Hongkong und berausche mich an dem Panorama der beleuchteten Skyline.
Weiter geht es zum Liegeplatz der Dschunken, zum Teiphone Shelter, man lädt mich zur Mitfahrt ein, ich lehne aber dankend ab.

Mein nächstes Ziel heißt Kanton in der Volksrepublik China. In meinem Zugabteil treffe ich auf eine Reisegruppe aus Bramsche bei Osnabrück, die bemüht ist, mit mir nicht ins Gespräch zu kommen.

Hier aus dem Zugfenster sehe ich zum ersten Mal Arbeiter auf den Reisfeldern, sie sind meist barfuß.
Andere bearbeiten den Acker mit einem Büffel oder Ochsen vor dem Pflug. Es fällt mir gleich auf, dass selten ein oder zwei Personen, sondern immer größere Gruppen tätig sind.

Kurz nach der Abfahrt bildet sich vor dem Speisewagen eine lange Schlange, um das Mittagessen entgegen zu nehmen. Wegen des Qing Ming-Festes sind viele Hongkong-Chinesen im Zug. Kleinkinder werden eingewickelt auf dem Rücken getragen.
Es regnet, als wir Kanton erreichen.

Nun bin ich also im bevölkerungsreichsten Staat der Erde angekommen, gut 1 Mrd. Menschen leben hier. China ist von der Fläche her etwa so groß wie ganz Europa und nach der UdSSR und Kanada drittgrößtes Land der Welt. Die Ausdehnung von Norden nach Süden entspricht etwa der Entfernung vom Nordkap bis Kreta. Trotz mehrerer Zeitzonen gilt nur eine einheitliche Zeitrechnung, die Pekingzeit.

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