Eine Rundreise durch Lykien
Demre
Dann erreichen wir auch schon den Busparkplatz und stehen vor der antiken Stadt Myra. Da ich das Entdeckerpaket nicht gebucht hatte, stelle ich mich alleine am Schalter an und erwerbe eine Eintrittskarte für 15 TL.
Im 5. Jh. v. Chr. gegründet, war Myra eine der führenden Städte des Lykischen Bundes. Am meisten beeindrucken mich die in einen steilen Felsen gehauenen Grabhöhlen und Grabtempel. Sie sind teilweise mit Balkonen und Giebeln versehen, einige werden durch Reliefs geschmückt. Das antike römische Theater, das sich der Anlage anschließt, kündet vom Wohlstand während der römischen Kaiserzeit. Es handelt sich um den best erhaltenen antiken Veranstaltungsort Lykiens. Damals war Platz für 8.000 bis 10.000 Besucher vorhanden. Auch in heutiger Zeit finden hier noch Festivals, Sportveranstaltungen etc. statt. Um sich vor der sengenden Sonne zu schützen, konnten Holzpfosten, an denen Tücher befestigt waren, in Löcher versenkt werden.
Als nächstes besichtigen wir, nunmehr wieder alle Teilnehmer, die Nikolauskirche. Der heilige Nikolaus wirkte hier im 4. Jh. als Bischof. Heute ist die Grabeskirche ein Wallfahrtsort. Einige Sarkophage sind zu sehen. Da die sterblichen Überreste des heiligen Nikolaus im Jahr 1087 von italienischen Kaufleuten nach Bari transportiert wurden, ist es nicht sicher, in welchem der Gräber der Namensgeber tatsächlich bestattet wurde. Dieser Ort ist ein beliebtes Ziel für russische Touristen, alte Ikonen sind an den Wänden noch erkennbar. Den Eingang ziert ein modernes Nikolaus-Denkmal. Das Gebäude war Jahrhunderte lang im Schlamm des Demre-Flusses versunken. 1863 wurde es vom russischen Zar Alexander erworben und restauriert.
Nikolaus entstammt einer reichen Familie aus Anatolien. Der Überlieferung nach warf er einst heimlich Goldstücke in das Haus eines Mannes, der zu arm war, um seinen Töchtern eine Aussteuer zu finanzieren. Möglicherweise begründete dies die Tradition, in der Weihnachtszeit Kinder zu beschenken.
Nach der Besichtigung bleibt noch etwas Zeit und ich frage nach einem Uhrengeschäft. Nach kurzer Zeit habe ich es gefunden und ein alter Uhrmacher wechselt dann die Batterie und nimmt, den Enkel im Arm, noch eine kleine Reparatur vor – und das alles für 10 TL. Mir fallen die vielen Werbeplakate in russischer Schrift auf. Dann geht es zum Restaurant, eine Gruppe begibt sich zum Mittagessen, der Rest trinkt draußen ein Bier, ich kaufe mir ein paar Kekse in der gegenüber liegenden Tankstelle. Nach dem Essen vertreiben sich Özer und unser Fahrer, der Pascha genannt werden soll, die Zeit mit Backgammon.
Auf der Weiterfahrt nach Kekova sehen wir auf beiden Seiten der Straße Johannisbrot- und Olivenbäume. Gewächshäuser wurden an den Bergen auf Terrassen errichtet. Nun trennt sich unsere Gruppe wieder. Während wir Gelegenheit haben, bei herrlicher Herbstsonne durch den Ort zu wandern und am türkischen Leben teilzuhaben, begeben sich die anderen auf ein Boot und besichtigen Grabhöhlen unter Wasser. Frauen in traditioneller Kleidung verkaufen selbst gemachte Souvenirs. Restaurants wetteifern mit Superlativen wie „Ibrahim – bester Koch weit und breit“ oder „Hassan – bester Koch vom Mittelmeer“. Ich setze mich auf eine Bank und genieße die Ruhe und den angenehmen Blick auf das Meer. Eine zutrauliche Katze leistet mir Gesellschaft, bis sie es vorzieht, vor einem eifersüchtigen Hund die Flucht zu ergreifen.
Gegen Abend geht es weiter. In Kaş legen wir eine Pause ein und erfreuen uns an der wunderschönen Aussicht auf die türkische Ägäis, die in der Abendsonne leuchtende Steilküste und die griechische Insel Meis (griechisch: Kastellórizo). Özer erzählt uns, dass die Griechen und Türken in dieser Region eine gute Nachbarschaft pflegen, die Inselbewohner in Kaş einkaufen und hier schon viele bilaterale Ehen geschlossen wurden. Die Insel liegt 2,5 Kilometer vom Festlang entfernt und ist mit Boot in nur 15 Minuten erreicht.
Nun ist das heutige Tagesziel fast erreicht. Unser Reiseleiter macht uns noch auf die zahlreichen unfertigen Häuser aufmerksam. Sie sind teilweise bewohnt, aber der Staat verlangt erst nach Fertigstellung eine Steuer. Für Miete wird im Monat durchschnittlich 400 TL verlangt, was der Hälfte des Einkommens entspricht. Nomaden, die wir in der Ferne erkennen, haben es da besser. Sie schlafen in Zelten aus Ziegenhaut. Nach elf Stunden türkischer Heimatkunde erreichen wir Fethiye und belegen für die nächste Nacht ein Zimmer im „Hotel Harman“. Die übrigen Busse, die für RSD (Reise Service Deutschland) im Einsatz sind, haben anscheinend eine andere Unterkunft ausgewählt. Mir gefällt es hier, besonders die Bar mit dem freundlichen Keeper hat es mir angetan. Auf der einen Seite zeigt sich die Türkei modern und weltoffen, verfügt über eine sehr gute Infrastruktur mit guten Verkehrsanbindungen, auf der anderen Seite wird jedes Bier noch in einem Block notiert und mit vier Durchschlägen abgerechnet.