Eine Rundreise durch Lykien
Pamukkale
Sofort stürze ich aus dem Bus und haste an das Ufer des Kalkberges. Die Sonne hat sich verkrochen und die bekannten Kalkterrassen sind nur zu erahnen. Zu allem Überfluss trete ich noch in eine Pfütze und hole mir einen nassen Fuß. Im „C & H Hotel“ in der Nähe von Denizli werden wir die nächste Nacht verbringen. Ein Thermalbad und ein umfangreicher Wellnessbereich gehören zum Haus. Schnell ziehe ich mich um und schwimme einige Runden in dem warmen Wasser. Anschließend begebe ich mich in den Hamam und überlasse mich in den nächsten 30 Minuten der Obhut einer hübschen Mitarbeiterin. Eine Ölmassage vervollkommnt die abendliche Entspannung.
Nach dem Abendessen teile ich Özer mit, dass ich am nächsten Morgen die Gruppe verlassen und Pamukkale auf eigene Faust erkunden werde. Zunächst ist er etwas erstaunt und ein klein wenig missmutig, telefoniert aber mit seinem Chef und verlangt dann von mir eine Bescheinigung, dass ich mich auf eigenen Wunsch entferne und bei eventuellen Vorkommnissen keine Regressansprüche gegen den Reiseveranstalter stellen werde. Danach ist er aber ganz kulant, erklärt mir, wie ich am besten nach Denizli komme und wie unser nächstes und übernächstes Hotel heißen.
In der Hotelbar wird heute Bauchtanz gezeigt. Eigentlich halte ich nichts von dieser Art von Animation, aber wir sind hier mitten im Nowhere und andere Alternativen für die Gestaltung des Restabends sind rar. Und meine Vorahnung wird erfüllt. Gleich nach dem ersten Tanz werden Gäste auf die Bühne geholt und es wird auf ihre Kosten ein albernes Programm geboten. Auch Günter aus unserem Bus hat das zweifelhafte Vergnügen, aktiv am Geschehen teilzunehmen.
Die Gruppe stimmt am nächsten Morgen ab, dass sie Pamukkale noch einmal im Sonnenlicht erleben möchte. Mir ist es recht, muss ich mich so doch nicht um den Transport zu der Sehenswürdigkeit kümmern. Meinen Koffer lasse ich im Bus. Günter, ein anderer Reisekollege, ist so freundlich und will sich um mein Gepäck kümmern.
Der Aufstieg ist nur auf vorgegebenen Wegen möglich, am Eingang muss ein Ticket erworben werden. Kreditkarten werden akzeptiert. Außer mir ist noch eine japanische Reisegruppe unterwegs. Als erstes ziehe ich meine Schuhe und Strümpfe aus und krempele die Hose hoch.
Die Sinterterrassen sind über 100 m hoch und etwa zwei Kilometer breit. Das Thermalwasser rinnt über die Terrassen herab, wird unten aufgefangen und verwertet. Ein chemischer Prozess sorgt dafür, dass das über 50 Grad warme Wasser beim Heruntersprudeln Sinterkalk ablagert bzw. sich in Kalziumkarbonat umwandelt. Früher durfte der ganze Berg erklettert und auf dem gesamten Areal gebadet werden.
Heute darf in künstlich angelegten Bassins geplanscht werden. Im Reiseführer wird die Gegenwart etwas negativ mit den Möglichkeiten in der Vergangenheit verglichen. Ich genieße den Besuch trotzdem außerordentlich und staune über das in der Morgensonne glitzernde Weiß, was wohl vor Jahren wegen erheblicher Bausünden und deren Folgen in dieser Pracht nicht erlebt werden konnte. Immer wieder habe ich das Gefühl, auf einem Eisberg zu stehen. Pamukkale, das mit Baumwollburg übersetzt werden kann, gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Keinen Moment habe ich bereut, den Schutz der Gruppe verlassen und diesen Besuch auf eigenes Risiko gemacht zu haben.
Zufrieden verlasse ich dieses Naturschauspiel und betrete ein paar Meter weiter die antike Stadt Hierapolis. Hier sehe ich mir die Ruinen der großen Therme und des Apollontempels an. Gesättigt von den Besichtigungen der vorigen Tage versage ich mir den Spaziergang zum etwas entfernt liegenden Theater.
Um unnötige Umwege zu vermeiden, frage ich einen Offiziellen nach der besten Möglichkeit, die Stadt Denizli zu erreichen. Sein Gesprächspartner hat denselben Weg vor sich und gemeinsam gehen wir den Berg hinunter. Fünf Minuten später sitzen wir im Dolmuş. Mehmet steigt im Zentrum aus, ich am Busbahnhof. Kurze Zeit später habe ich die Fahrkarte nach Antalya erworben und setze mich im Bus auf den mir zugewiesenen Platz.
Die Fahrt dauert 3 3/4 Stunden einschließlich einer halbstündigen Pause. In dieser Zeit wird der Bus von zwei Männern gewaschen. Mir gefällt die Fahrt, Mineralwasser wird kostenlos verteilt und jeder Platz verfügt über einen kleinen Bildschirm zum Fernsehen. Wieder bin ich überrascht von der guten Beschaffenheit der türkischen Fernstraßen. Zugfahrten sind hier nicht so populär, auch das Streckennetz lässt Wünsche übrig, so jedenfalls haben wir es von Özer erfahren.
Mit einem Minibus geht es dann schließlich nach Kemer. Der Busfahrer nickt, als ich den Namen meines Hotels nenne, lässt mich dann aber doch einen Kilometer zu weit aussteigen. Aber was macht das schon, ich liege gut in der Zeit und betrete „Arma`s Beach Hotel“ eine Stunde bevor meine Mitreisenden eintreffen. Sie hatten eine Teppichfabrik besucht und sind recht erstaunt, mich so früh anzutreffen.