Gemächlich durch die Zeitzonen - mit Speed durch die Landschaft
Wladiwostok
Wladiwostok ist schweißtreibend, es geht immer hinauf und hinunter, meistens jedoch bergauf, so jedenfalls ist mein Eindruck. Trotzdem gefällt es mir hier, die Stadt hat Charme, sie wird wegen der Hügel und der unten genannten Brücke auch gern mit San Francisco verglichen. Mit knapp 600.000 Einwohnern ist sie größte Stadt im Osten Russlands und auch das wirtschaftliche, politische und kulturelle Zentrum. 1987, bei meiner ersten Transsibfahrt, wäre ein Besuch gar nicht möglich gewesen, denn bis 1990 war Wladiwostok eine geschlossene Stadt, die nur mit Sondergenehmigung betreten werden durfte, und der Zug endete damals in Chabarowsk.
Den Rest des Abends verbringe ich mit Hering, Pfannkuchen und Kaviar im „Gutov“, in der Nähe des Hotels. Alle Tische sind besetzt und die vorwiegend asiatischen Gäste verbreiten eine ausgelassene Stimmung.
Am nächsten Tag peile ich die Lage und sehe mir die Abfahrtsstelle der Fähre an und siehe da, das Schiff ankert schon im Hafen. Besichtigungspunkte gibt es genug in der Stadt: der schöne Bahnhof, die an die Golden Gate Bridge erinnernde Solotoi Rog (Golden Horn Bridge), das Kaufhaus GUM, die Hafenanlage, es wurde viel investiert und lohnt sich, besichtigt zu werden.
Gegen Abend fahre ich in den 12. Stock des Hyundai-Hotels und sehe mir dort von der Skybar aus die Stadt im Abendlicht aus der Vogelperspektive an, es ist außerordentlich beeindruckend. Allerdings empfinde ich mich in Jeans und mit einem auf Olchon gewaschenen aber nicht gebügelten Outdoorhemd etwas underdressed, wenn ich da an die modisch gewandeten einheimischen Damen denke, die mit Schuhen, wo die Bezeichnung „Pfennigabsatz“ übertrieben erscheint, ihre Aufwartung machen … Aber dieser Abstecher hat sich auf alle Fälle gelohnt, die Aussicht ist einmalig und man kann sich ja auch recht lange an einem Getränk aufhalten.
Den Abend beschließe ich wieder im „Gutov“, aber heute scheinen alle auswärtigen Gäste an einem anderen Ort zu feiern, es ist, gelinde gesagt, nichts los.
Den letzten Tag in Russland beginne ich ganz relaxt, frühstücke gemütlich und schlendere dann gemächlich zum Hafen. Eine freundliche Mitarbeiterin der Fähr-Agentur überreicht mir mein Ticket und verlangt 560 Rubel Ausreisegebühr. Ich hatte davon gelesen und den Betrag abgezählt im Portemonnaie. Zwar gibt es ATM-Automaten im Hafengebäude, aber keinen Bankschalter, wo ich das restliche russische Geld umtauschen kann.
Viele Asiaten kommen lautstark zu einem Souvenirshop und fallen über die Waren her.