Im Mittleren Osten
Kuwait City
Endlich ab in die Sonne. Die ersten Wintertage in Deutschland waren zwar nicht kalt, aber regnerisch, trübe und ungemütlich und jetzt liegt das von der Sonne verwöhnte Arabien vor mir.
Beschwingt und voller Vorfreude fliege ich am 10. Januar 2008 von Amsterdam nach Kuwait. Doch gut fünf Stunden später, beim Landeanflug auf die Hauptstadt, mag ich meinen Augen nicht trauen, dicke Wolken lassen einen Blick auf die Erde unter uns gar nicht zu, später erkenne ich Wasserlachen neben der Landebahn. Das Thermometer gibt schlappe 14 Grad an und um 17.30 Uhr ist es bereits dunkel. In Deutschland schlägt die Uhr in diesem Moment erst 15.30 h, denn zwei Stunden Zeitverschiebung sind zu berücksichtigen.
Im Flughafengebäude stehen lange Menschenschlangen vor der Visumausgabe, auch ich ziehe eine Wartemarke und nach gut 90 Minuten zahle ich 6 KD, erhalte den begehrten Stempel in den Pass und fahre mit dem Taxi zum "Hotel Continental", das ich bereits in Deutschland reserviert hatte. Der Fahrer akzeptiert den im Reiseführer genannten Preis von 5 KD. Am Wechselschalter im Flughafen erhalte ich für einen Euro rd. 0,40 Kuwaiti Dinar (KD).
Mein Chauffeur hat Probleme mit der englischen Sprache, bringt mich aber ohne Umweg und in kurzer Zeit ans Ziel, am Hoteleingang muss ich einer großen Pfütze ausweichen.
Kurz den Rucksack im Zimmer abgestellt und schon fahre ich zu der Sehenswürdigkeit des Landes und dem Wahrzeichen der Stadt, den Kuwait-Towers.
Die drei Türme, 113m, 147 m und 187 m hoch, können in Notzeiten die Wasserversorgung der Stadt für einige Tage sichern, so horten die beiden höheren jeweils 4,5 Mio. Liter der lebenswichtigen Flüssigkeit.
Mit dem Fahrstuhl fahre ich ins Restaurant, genieße die Aussicht und esse eine Kleinigkeit, später empfiehlt mir der Kellner, dem Fahrstuhlführer die Quittung zu zeigen, um umsonst in die oberste Etage, immerhin gut 120 m hoch, zu gelangen. Die Aussichtsplattform dreht sich um die eigene Achse und man hat einen wunderbaren Rundumblick. Es sind nur einige Gäste unterwegs, die meisten Tische sind unbesetzt und ich scheine der einzige Europäer zu sein. Später, beim Warten auf ein Taxi, meint ein Kuwaiti, dass es in der Nacht schneien könnte und die Temperatur solle auf den Gefrierpunkt fallen.
Beim Frühstück wundere ich mich über die vielen verschleierten Frauen im Restaurant. Ein Chinese fragt mich nach meinem Heimatland, hat dann aber Probleme, meine Antwort zu verstehen.
Wieder fahre ich zu den Kuwait-Towers und beginne dann einen langen Spaziergang die Arabian Gulf Street entlang, die, wie es der Name schon andeutet, parallel zum Golf verläuft. Heute ist Freitag, also Feiertag, und auf den Straßen und den anliegenden Geschäften und gastronomischen Betrieben wenig los. Kurze Zeit unterhalte ich mich mit einem Paar aus der Schweiz, das auch in meinem Hotel wohnt. Sie waren gestern aus Indien gekommen und sehnen sich nach der dortigen Wärme.
Die Beach-Clubs sind noch geschlossen, einige Personen stöbern im modernen Shark Souq, einer großzügigen und glitzernden Shopping-mall, und ich freue mich immer, wenn ich die Kuwaitis in ihrer dishdasha, einem langen, überwiegend weißen, Gewand sehe, auf dem Kopf die kafiya oder gutra, ein Tuch, meist rot-weiß kariert, gehalten von einer schwarzen Kordel. Mit diesem Band hat man früher die Kamele angebunden.
Einheimische Frauen sind häufig mit der abaya, einem schwarzen Umhang, bekleidet und auch genau so oft verschleiert.
Ein paar Schritte weiter befindet sich der Fischmarkt und hier herrscht geschäftiges Treiben. Fische in allen Größen und Sorten stehen zum Verkauf bereit. Gegenüber liegt das Dickson House, früher Wohnhaus eines britischen Colonels, heute Museum. Im Fischereihafen, Dhow Harbour, ist ebenfalls Feiertag, die Boote und Schiffe dümpeln vor sich hin, von Betriebsamkeit kann keine Rede sein.
Mein Weg führt dann weiter zum Sief-Palast, der im 2. Golfkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut wurde. Heute werden in diesem illustren Gebäude Staatsgäste untergebracht. Auf der anderen Straßenseite sehe ich die Große Moschee mit ihrer imposanten Kuppel. Die Innenräume bieten etwa 10.000 Menschen Platz. Und, wohin man auch schaut, Gerüste über Gerüste … (dass der Bauboom in Dubai noch wesentlich größer und mit Kuwait eigentlich gar nicht zu vergleichen ist, werde ich in einigen Wochen erfahren und erleben).
Nach dem Ende des Krieges wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, mehrspurige Autobahnen angelegt und Wolkenkratzer hochgezogen, ein Ende der Baulust ist noch nicht abzusehen. Ansonsten habe ich vom Krieg oder seinen Folgen nichts mehr mitgekriegt.
Die Orientierung ist eigentlich ganz einfach, wenn ich allerdings Einheimische nach einem Gebäude oder einer Straße frage, stoße ich meistens auf Unverständnis, da viele der englischen Sprache nicht mächtig sind. Mehr Glück habe ich auf einem Campingplatz. Eine Familie genießt den Feiertag mit Grillen und ich werde eingeladen, ihnen Gesellschaft zu leisten. Zwei junge Frauen ziehen genussvoll an der Wasserpfeife. Meine Frage nach dem Jahra Gate wird problemlos beantwortet, allerdings verstehen meine Gastgeber nicht, dass ich zu Fuß unterwegs bin, sie können dafür kein Verständnis aufbringen. Und tatsächlich, wohin ich auch schaue, immer bin ich der einzige Spaziergänger.
Pflastermüde vom vielen Laufen erreiche ich gegen Abend mein Hotel und erhole mich bei einer Kanne Tee. Das Getränk wird hier und auch in den danach folgenden anderen Orten auf dieser Reise ganz einfach mit Aufgussbeutel serviert.
Später marschiere ich wieder in Richtung Towers und esse im "chilys", diese Restaurantkette habe ich auch in den nächsten Wochen in den übrigen Ländern außer im Jemen angetroffen. Der Service ist perfekt und die Nachfrage groß, leer geräumte Tische werden sofort wieder besetzt. Alkohol ist in Kuwait tabu und so nehme ich mit einer Flasche Wasser und einem Glas Tee vorlieb. Auf dem Heimweg ist es ungemütlich, wieder gehe ich auf großen Umgehungsstraßen ohne Bürgersteig und kämpfe gegen den nicht nachlassenden Autoverkehr an. Erschöpft erreiche ich das Hotel und sinke sofort in die Federn.
Am nächsten Morgen stehe ich rechtzeitig auf und bin zwei Stunden vor dem Start im Flughafen, doch was sehe ich, der Abflug wurde um eine Stunde vorverlegt. Das habe ich noch nicht erlebt, man gut, dass ich rechtzeitig losgefahren bin. Ich mag es nicht glauben, aber die Sonne scheint und bei strahlendem Wetter wird eingecheckt. An einer Wand wirbt ein Poster mit "Kuwait – The land of friendship". Zu den Zielangaben bei den verschiedenen Gates wird auch in Celsius und Fahrenheit angegeben, wie warm es am Bestimmungsort ist.
Die Stewardessen der Gulf-Air tragen eine hübsche Uniform und über der Schulter einen Schleier. Gleich hinter Kuwaits Hauptstadt beginnt die Wüste und man sieht nur noch braune Erde unter sich. Nach 45-minütigem Flug landen wir in Bahrain.