Ein kleines Stück entlang der Seidenstraße
Samarkand
Aufgrund der politischen Situation entscheiden wir uns, von Taschkent sofort nach Samarkand, dem eigentlichen Höhepunkt unserer Reise, weiterzufahren. Auf Taschkent und andere Stätten wollen wir, sollte es zu einer plötzlichen Abreise kommen, eher verzichten.
Der Flughafen Manas liegt eine halbe Fahrtstunde außerhalb der Stadt. Es gibt Bordkarten, aber ohne Platzbezeichnung, jeder setzt sich im Flugzeug hin, wo er will. Nach 60 Minuten Flug, vorbei an Bergen mit weißen Gipfeln, landen wir in Taschkent und dürfen die Uhr wieder umstellen. Jetzt beträgt die Zeitdifferenz nur noch vier Stunden.
Vor dem Flughafengebäude die gleiche Prozedur: diverse Menschen, die nur unser Bestes wollen.
Wir handeln einen Preis aus und fahren Richtung Autobusbahnhof. Zwischendurch wird uns angeboten, mit Taxi nach Samarkand weiterzufahren. Nach dem üblichen Feilschen erklären wir uns einverstanden und akzeptieren den Preis von insgesamt 30 US$, es sind immerhin über 300 km.
Am Stadtausgang steigen wir in einen weißen Daewoo und ab geht die Fahrt - pardon, natürlich kommt erst wieder die obligatorische Polizeikelle.
Wir fahren an großen weiten Baumwollfeldern vorbei. Es ist ein schönes Bild. Auf vielen Feldern sind Erntehelfer im Einsatz, Pflückmaschinen sieht man selten.
Nach gut der Hälfte, gerade hatte ich ein Schild "Samarkand 165 km" gesehen, streikt der Wagen. Die Motoraufhängung ist gebrochen. Es ist keine Abzockerfinte, Wilfried bestätigt den Schaden.
Unser Fahrer versucht, vorbeikommende Autos anzuhalten, leider vergeblich. Schließlich steigen wir in einen Bus und kommen gegen Abend wohlbehalten in Samarkand an.
Der Taxifahrer, der uns zum Hotel Zarafshan bringt, glaubt anscheinend, uns mit seiner rasanten Fahr- und noch offensiveren Bremskunst imponieren zu müssen.
Im Hotel halten wir uns nicht lange auf, sind wir doch nun am Höhepunkt der Reise angekommen, und wir sollten nicht enttäuscht werden. Ein kurzer Fußmarsch und schon sehen wir vor uns die Prachtgebäude Zentralasiens. Unzählige Male hatten wir diese Bilder bereits in Büchern oder auf dem Bildschirm gesehen, jetzt stehen wir davor.
Zunächst besuchen wir Gur Emir. Die deutsche Übersetzung lautet "Grab des Gebieters", es handelt sich um das Mausoleum des mächtigen, aber nicht weniger grausamen Timur.
Am eindrucksvollsten ist der Blick von der Grabstelle hoch unter die Kuppel. Auf dem weiteren Weg kommen wir noch an einem anderen Timuridenmausoleum vorbei, dem Oq Saray (Weißer Palast).
Und dann stehen wir vor dem Registan, einer wunderschönen harmonischen Anordnung von drei Medresen/Koranschulen. Den Anblick, noch dazu im warmen Abendlicht, werden wir nie vergessen.
Einfach grandios.
Wir bleiben eine ganze Weile sitzen und lassen die Stimmung auf uns einwirken. Erstaunlicherweise sind wir fast die einzigen Touristen. Eine Besucherempore und zwei seitliche Gerüste stören den Gesamteindruck etwas.
Der Platz, wo früher Erlasse kundgegeben wurden, Gericht gehalten wurde oder ein Markt stattfand, ist heute mit Brettern belegt. In den einzelnen Medresen bzw. in den hinteren Räumen sind kleine Geschäfte angesiedelt. Man kann Getränke, Karten, Souvenirs, Teppiche und dergleichen kaufen, sollte aber unbedingt handeln.
In den nächsten Tagen haben wir noch häufiger Gelegenheit, den Registan zu erleben.
Nach diesen wunderschönen Eindrücken erholen wir uns im Lokal Marco Polo bei einem Glas Bier. Es wurde gerade renoviert, die Arbeiten sind noch nicht ganz abgeschlossen. Überraschenderweise ist auf der neuen Toilette kein Sitz-WC, sondern eine Vorrichtung wie vor 100 Jahren installiert.
Sherzod, der 14-Jährige Junior, hat alle Hände voll zu tun, er spricht als einziger der Belegschaft gut Englisch.
Am letzten Tag gibt er uns seine Adresse mit der Bitte, ihm doch eine Uhr zu schicken.
Einmal fährt ein Bus vorbei mit der Aufschrift "Hutfilters Reisedienst Delmenhorst", allerdings mit usbekischem Kennzeichen.
In der Nationalbank tauschen wir 100 US$, ein Großteil des Geldes muss im Rucksack verstaut werden, jede Menge Papiernoten.
Wir schlendern durch die recht übersichtliche Stadt, gehen durch den Basar, der teils draußen unter freiem Himmel, teils drinnen stattfindet. Hier kann man alles kaufen: Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Bekleidung, es riecht herrlich nach Gewürzen. Ich erwerbe nach längerem Feilschen eine Moslemkappe.
Direkt am Basar kann man die Bibi Xanom-Moschee und das gleichnamige Mausoleum sehen, es wird momentan renoviert. Auch hier wieder prächtige Kuppeln und Türme.
Zu unserem Besichtigungsprogramm gehört auch die Nekropole Shohizinda, eine Gräberstadt mit Moscheen und Mausoleen.
In Usbekistan werden wir, so scheint es uns, mehr als in den vorherigen Ländern daran erinnert, in einem islamischen Land zu sein.
In Kasachstan und Kirgistan sahen wir mehr Leute mit mongolischen Gesichtszügen. In allen drei Ländern fiel uns auf, dass viele Erwachsene goldenen oder vergoldeten Zahnersatz tragen.
Das Essen bereitete keine Probleme, die Mahlzeiten haben geschmeckt. Meist gab es Reis mit Geflügel oder Lamm in verschiedenen Variationen. Das Bier, meistens mit weniger Alkoholgehalt, war in Ordnung, bis auf das in Usbekistan gebraute. Hier favorisierten wir Sorten aus Russland.
Gelegenheit zum Schwarztauschen gab es. Wir machten nur in Samarkand Gebrauch davon, der Kurs war allerdings nur geringfügig günstiger als der offizielle Wert in der Nationalbank. Entweder haben wir nicht richtig aufgepasst oder nicht genügend gehandelt, im Reiseführer stand, dass der Schwarzmarkt wesentlich mehr hergibt - vielleicht haben sich ja auch die Zeiten geändert.
Man sollte beim Einreisen, falls man noch kein Geld in der Landeswährung getauscht hat, für das schnelle Geschäft zwischendurch immer Kleingeld, Ein- oder Fünf-Dollar-Noten, zur Hand haben.