Vietnam und Kambodscha
Kambodscha
Bei der Einreise erhalten wir problemlos ein Visum für 20 $, zu dritt fahren wir zum "Capitol-Hotel" und belegen dort ein Zimmer mit Dusche und West-WC für vier Dollar (ohne hätte drei Dollar gekostet).
Im Hotel erhalte ich für 20 $ 52.000 Riel, eine Mark entspricht dem Gegenwert von etwa 1.700 Riel.
Die kambodschanische Hauptstadt hat rund 700.000 Einwohner.
Auch in Kambodscha ist die frühe Vergangenheit allgegenwärtig. Die 57 Monate der Pol Pot - Regierung, die mörderische, menschenverachtende Zeit, ist nicht einfach wegzuwischen.
Während des Regimes der Roten Khmer war das Land quasi von der Außenwelt abgeschlossen, selbst die Post wurde abgeschafft. Fast zwei Millionen Menschen wurden während dieser Zeit ermordet, Brillenträger galten als gebildet und wurden zu Tode gefoltert, Kambodschaner, die eine Fremdsprache erlernt hatten, mussten ihr Leben lassen.
Fast die gesamte intellektuelle Elite fiel dem Terrorregime zum Opfer.
Ich fahre zum Tuol Sleng Museum, dem früheren Sicherheitsgefängnis 21 (S 21 ), das ursprünglich bis 1975 eine Schule war. Hier wurden über 17.000 Menschen gefoltert und getötet. Bilder und Fotografien können die Grausamkeit nur andeuten. Zwei Gemälde sind mir nachhaltig in Erinnerung geblieben: Einer Mutter wird das Baby entrissen und in die Luft geworfen, ein Soldat der Roten Khmer wartet mit gezückter Lanze, um das Kind aufzuspießen.
Beim nächsten Bild wird das kleine Kind wie ein Stück Holz an einen Baum geschlagen.
Folterwerkzeuge werden ausgestellt, Fotos zeigen, wie den Gefangenen Brustwarzen abgeschnitten und dann Würmer auf die Wunde gelegt wurden, wie Fingernägel abgezogen wurden, wie man die Insassen erhängt und ertränkt hat.
Zusammen mit zwei Neuseeländern fahre ich mit dem Taxi zu den Killing Fields, die mich sehr stark an KZ-Gedenkstätten erinnern. Etliche der im S 21 gehaltenen Gefangenen wurden hier getötet und in Massengräbern begraben. Um wertvolle Munition zu sparen wurden sie auch mit Knüppeln erschlagen.
Viele der 129 Massengräber wurden geöffnet, etwa 9.000 Leichen exhumiert. Verstreut auf dem Gelände liegende Knochen und Kleiderreste erinnern an die Toten.
Am Eingang des Geländes wurde eine Gedenk-Stupa errichtet. Sie enthält über 8.000 Schädel hinter Glas, nach Geschlecht und Alter sortiert, es ist einfach grausam!
Nachmittags mache ich eine Mopedtour mit Juan. Er spricht sehr gut englisch, fährt äußerst vorsichtig und wir verstehen uns von Anfang an sehr gut. Er erzählt mir, das gute Englisch hätte er gelernt, um mit den UN-Soldaten sprechen und ihnen danken zu können.
Militär ist auch jetzt noch in Phnom Penh präsent, es dominiert aber nicht.
Wir einigen uns auf einen Dollar pro Stunde und fahren erst mal zu einer Adresse, die mir Michael, ein Bekannter aus Bremen, zugesteckt hat. Er bat mich, einem Freund einen Brief zu überreichen. Zu meiner großen Überraschung handelt es sich um eine junge Frau. Sie freut sich sehr und bittet mich, sie doch später noch einmal zu besuchen.
Michael war vor einiger Zeit in Kambodscha und hat bei der Minensäuberung aktiv mitgewirkt.
Unser Weg führt uns dann zum 27 m hohen Wat Phnom, einer Pagode, die weithin sichtbar ist. Der eigentliche Höhepunkt für mich ist aber der Besuch des Königspalastes.
Die Thronhalle und weitere königliche Gebäude stehen nach der Rückkehr von König Sihanouk nicht mehr zur Besichtigung frei, wohl aber die Silberpagode.
Glücklicherweise wurde sie von den Khmer rouge nicht zerstört. Ich bin der einzige Gast in diesem prächtigen Bauwerk, das auch Pagode des Smaragd-Buddhas genannt wird, extra für mich wird das Tor geöffnet und ich bin fasziniert und geblendet von dem prächtigen Marmor, dem goldenen Buddha und den Diamanten.
Fotografieren ist in den Innenräumen verboten.
Vor Jahren, beim Besuch des Smaragd-Buddhas in Bangkok, war es genau umgekehrt. Hunderte von Besuchern drängten sich und man beeilte sich, wieder nach draußen zu kommen.
Auch in der kambodschanischen Hauptstadt sieht man viele Krüppel, oft handelt es sich noch um junge Menschen. Im Hotel unterhalte ich mich öfter mit einem hier stationierten französischen Fotografen und er zeigt mir einige seiner erschütternden Fotos. In der englischsprachigen Zeitung steht heute, dass ab dem 01.01.1995 für Kambodscha keine Visumpflicht mehr besteht, an der Grenze hatte man wohl "versäumt", uns darauf hinzuweisen.
Abends fahren wir, das sind Sophie, eine Schweizerin, die beiden Neuseeländer und ich auf zwei Mopeds in den Martini-Pub, später ins Heart of Darkness, wo sich allerdings nur Traveller aufhalten.
Die Mopedfahrt ist interessant, der Fahrer vorn unterhält sich mit mir auf französisch, Craig aus Neuseeland sitzt hinter mir und spricht mich auf englisch an.
Khmer ist die offizielle Sprache, französisch aber noch allgegenwärtig, schließlich war Kambodscha bis zur Unabhängigkeit 1953/1954 unter französischer Herrschaft. 1993 wurde die Monarchie wieder eingeführt.
Am nächsten Morgen fährt Juan mich zum Flughafen. Gut 40 Minuten braucht die ATR 72 von Phnom Penh bis Siem Reap, der Flug kostet 45 Dollar. In der Ankunftshalle hält jemand ein Schild hoch: Mr. Horst from Germany.
Was war geschehen? Craig hatte die Aktion veranlasst. Er hatte die erste Maschine genommen, sich im Guesthouse 260 einquartiert und auch für mich ein Zimmer reserviert. Mit einem Mopedtaxi fahre ich zum Quartier, die Adresse hatte ich von Michael erhalten, er hatte dort früher gewohnt und mir das Haus empfohlen. Eine Nacht kostet 5 Dollar.
Craig hatte sich bereits ein Moped gemietet und gemeinsam fahren wir zum Angkor Wat, der wohl berühmtesten und eindrucksvollsten hinduistischen Tempelanlage. Der Eintritt ist nicht billig, für einen Tag hat man 20 $ zu bezahlen, drei Tage kosten 40 $.
Es ist ganz phantastisch, wir sind die einzigen Touristen und haben die gesamte Anlage für uns allein. Der Tempel wurde im 12. Jahrhundert zu Ehren des Gottes Vishnu erbaut. Da er, im Gegensatz zu anderen Tempeln der Khmer-Gottkönige, nach Westen ausgerichtet ist, wird vermutet, dass er als Grabtempel fungiert. Ein 190 m breiter Graben ist rechteckig um Wat Angkor gezogen.
An der zentralen Tempelanlage werden hinduistische Szenen oder Begebenheiten aus der Khmer-Geschichte auf Reliefs dargestellt.
Leider hat nicht nur die Zeit ihre Spuren hinterlassen, auch die Roten Khmer haben das Baudenkmal, die Reliefs und Figuren teilweise zerstört.
Wir begeben uns dann in die alte Stadt Angkor, sie war zur Zeit der Khmer-Könige Hauptstadt. Es heißt, dass sie früher über eine Million Einwohner hatte. Ich habe fortwährend ein gespanntes Gefühl, in allen Reiseführern hatte ich gelesen, nur auf echten Wegen zu gehen, niemals die Straße zu verlassen, denn man könnte auf eine Mine treten. Auch wird vor Schlangen gewarnt.
Innerhalb der Stadtmauern, die von fünf großen Toren unterbrochen werden, besichtigen wir u. a. den Bayon-Tempel, die Reste des Königspalastes, die 350 m lange Terrasse der Elefanten, auf der die gleichnamigen Tiere und eine Elefantenjagd dargestellt werden, die Straße der Riesen und die Terrasse des Lepra-Königs.
Wir fahren dann noch in die weitere Umgebung und sehen uns andere Tempel an, so den Ta Keo Tempel und den Ta Prohm, der vom mächtigen Wurzelwerk der Baumriesen umschlossen ist. Nach und nach gesellen sich doch weitere Besucher zu uns und wir dürfen die kostbaren Sehenswürdigkeiten mit anderen Touristen teilen.
Nach dem leckeren Abendessen im Gästehaus, es kostet weniger als zwei Mark, gehen wir in eine Diskothek. Ralf, ein Berliner, der z. Zt. als Krankenpfleger in Zürich arbeitet, schließt sich uns an. Unterwegs erschrecke ich mich einmal, Soldaten mit Maschinengewehr wachen in einem ausgetrockneten Flussbett.
In der Dancing Hall gibt ein Soldat an der Garderobe seinen Munitionsgürtel ab wie andere Gäste ihren Hut oder Mantel. Es ist sehr dunkel, eine Frau fragt, ob wir tanzen möchten und schickt uns dann drei hübsche Frauen, die leider kein Wort englisch verstehen. In den Tanzpausen wird immer kräftig Bier nachgebracht, man wartet unsere Bestellung gar nicht ab. Später fragt die Frau uns, ob wir die Tanzpartnerinnen mit ins Hotel nehmen wollen, wir gehen aber allein zurück.
Am nächsten Morgen herrscht große Aufregung. Die Inhaberin unseres Hauses hatte erfahren, dass zwei amerikanische Touristen und ihr Führer überfallen worden waren. Die Amerikanerin und der kambodschanische Guide waren sofort tot, der Mann wurde nach Phnom Penh ins Krankenhaus geflogen. Die Tempelanlage, wo der Überfall erfolgt war, hatten wir gestern besichtigt. Mir wird ganz mulmig. Erst sagt man, der Anschlag wäre von Angehörigen der Khmer rouge ausgeübt, später im Laufe des Tages kursiert die Meinung, es seinen korrupte Soldaten gewesen.
Wir verzichten auf weitere Fahrten in die Umgebung, auch wenn wir längst nicht alle Tempel gesehen haben, gegen Abend besuche ich allerdings noch einmal das Wat Angkor. Hier ist von den Vorfällen nichts zu merken. In der Stadt sitzt alles vor den Fernsehern, die Menschen sind besorgt. Man befürchtet, dass sich das Attentat negativ auf den Tourismus auswirkt.
Im Ort wird geputzt und gewienert, denn morgen kommt der König, der hier einen kleinen Sommerpalast besitzt, zu Besuch.
Abends bleibe ich im Gästehaus und unterhalte mich mit den freundlichen Inhabern. Es ist eine schöne Vollmondnacht, der Mond scheint durch die Palmen, es hätte, wäre der Überfall nicht geschehen, ein romantischer Abend sein können.
Eigentlich wollte ich mit dem Schiff auf dem Tonle Sap nach Phnom Penh zurück, denn der Wasserweg gilt seit einiger Zeit als sicher. Nun allerdings habe ich meine Bedenken, besorge mir ein Flugticket und mache mich auf den Weg zum Flughafen. Außer Ralf und mir fährt noch ein amerikanisches Paar im Taxi mit, der Mann ist malariakrank.
In der Hauptstadt lasse ich mich von einem Mopedfahrer gleich zum Büro der kambodschanischen Fluggesellschaft bringen, das dauert allerdings seine Zeit, erst ist der Sprit alle, dann hat der Fahrer das Ziel falsch verstanden. Als wir endlich ankommen, ist wegen Mittagspause geschlossen. Also zurück ins Hotel.
Juan fährt mich dann erneut zum Buchungsoffice, ich kaufe einen Flugschein für den selben Tag (120 $), hole mein Gepäck und dann machen wir uns wieder auf den Weg zum Flughafen.
Nach einem herzlichen Abschied gehe ich zur Abfertigung, der Flug nach Bangkok dauert 50 Minuten.