Australien
Nach gut fünf Stunden Flugzeit sind wir endlich am Ziel, ein herrlicher Sonnenaufgang verschönert uns den letzten Teil der Strecke.
Die Passformalitäten gehen schnell über die Bühne, nur der Zoll scheint etwas gegen Rucksacktouristen aus Singapur zu haben und kontrolliert sorgfältig deren Gepäck. Nun sind wir an der Reihe. Ein freundlicher Mann fragt mich, ob ich Drogen, Waffen oder andere verbotene Sachen bei mir habe und ob die Zolldeklaration richtig ausgefüllt ist, danach packt er meinen ganzen Rucksackinhalt aus. Reiner ist längst abgefertigt, ich werde nach Beruf und Einkommen gefragt. Es dauert und dauert, auch das Flugticket muss ich vorzeigen, es kommen weitere Dienstgrade hinzu, prüfen mein Gepäck, und endlich erklärt mir jemand das Problem: Bei der Menge der Visumstempel in meinem Pass ist es nach Meinung der Zollbeamten einfach nicht möglich, nur als Tourist unterwegs zu sein, wahrscheinlich verschweige ich die wahren Hintergründe der Reise.
Aber man kann mir logischerweise nichts anhängen und nach einer guten halben Stunde ist die Prozedur beendet, wir steigen in den Autobus und fahren zur "Challis Lodge" im Stadtteil Kings Cross, das Zimmer hatten wir im Flughafen telefonisch reserviert.
Nach kurzer Erholungspause gehen wir dann in die Innenstadt und lassen uns vom Zauber der Stadt gefangen nehmen. Die gewaltige Harbour-Bridge und die wunderschöne Schwimmoper, jetzt stehen wir davor. Man hat den Eindruck, dass das Opera House mit seinen segelförmigen Dächern auf dem Wasser schwimmt. Auf der einen Seite des Gebäudes wurden etliche Blumensträuße anlässlich des Todes von Prinzessin Diana niedergelegt.
Wir schließen uns einer Führung durch die Oper an und erfahren, dass der Bau bis zur Fertigstellung einige Skandale zu überstehen hatte. Die Kosten wurden zunächst mit 10 Mio. Dollar angesetzt, zum Schluss war der zehnfache Preis fällig. Der Schöpfer der genialen Konstruktion, ein Däne, hat zwischendurch die Arbeit frustriert niedergelegt und das fertige Bauwerk angeblich nie gesehen.
Auf einer Hafenrundfahrt kann man die interessante Skyline von Sydney bestaunen, das Ensemble Oper und Harbour-Bridge immer dominant im Vordergrund. Aber auch sonst war es eine schöne Bootstour, die Bewohner von Sydneys Außenbezirken leben nicht schlecht.
In Darling-Harbour, dem alten und früher verwahrlosten Hafenbezirk, verbringen wir einen Nachmittag und einige Abende. Etliche Lokale und andere Attraktionen laden ein zum Verweilen, Menschen strömen durch die Straßen und es ist viel los. Einmal fahren wir mit der Monorailbahn und besuchen das Aquarium. Aber auch den normalen Bierkneipen in Kings Cross, dem Rotlichtviertel, statten wir einen Besuch ab.
Alles in allem ist Sydney für mich eine pulsierende, moderne, interessante und freundliche Stadt, die ich gerne noch einmal wiedersehen möchte.
Unser nächstes Ziel heißt Adelaide, reine Fahrzeit etwa 23 Stunden. Mit der U-Bahn fahren wir zur Central-Station und checken am Schalter der Buslinie "Firefly" ein.
Das Wetter ist sehr unterschiedlich, mal regnet es, mal scheint die Sonne, genau wie bei uns im April. Während der Fahrt schlafe und lese ich viel, es werden auch Videos gezeigt.
Nach 12 langen Stunden erreichen wir gegen 20.oo Uhr Melbourne, steigen in einen anderen Bus, einen Doppeldecker, und fahren in die Nacht hinaus.
Am Busbahnhof in Adelaide warten bereits einige Fahrzeuge der Backpackerhotels auf uns. Wir lassen uns die Angebote unterbreiten und entscheiden uns für das "Adelaide Backpacker Inn", es ist gemütlich, preiswert und zentral gelegen.
In einer uralten Straßenbahn mit Schaffner fahren wir an den Indischen Ozean und faulenzen dort den ganzen Nachmittag, abends berauschen wir uns an einem schönen Sonnenuntergang.
Die Innenstadt ist wie vom Reißbrett angelegt, die Straßen verlaufen schachbrettartig. Es gibt viele Parks. Dem 20 Autominuten entfernten Cleland Conservation Park statten wir einen Besuch ab und schauen uns Känguruhs, Dingos, Emus, Koalas und den Tasmanischen Teufel an.
Das Abendprogramm ist nicht mit dem von Sydney zu vergleichen, aber wir haben nichts auszustehen. Hier in Adelaide habe ich immer das Gefühl, in England zu sein. Die Gebäude, die Kirchen, die Pubs - man hätte sie auch in Manchester vorfinden können.
Das Outback ruft!
Pünktlich um 14.oo Uhr setzt sich der Ghan, der legendäre Zug von Adelaide nach Alice Springs, schwerfällig in Bewegung. Zunächst schnauft er an Gemüseplantagen vorbei, der erste Halt erfolgt nach drei Stunden. Einen gewaltigen Sonnenuntergang erleben wir gegen 18.oo Uhr auf dem Bahnhof in Port Auguste. Einige Tafelberge sind in der Ferne zu erkennen, dann legt sich schwere Dunkelheit über das Land.
Der Zug ist in drei Klassen eingeteilt, wir fahren in der preiswerten. Leider dürfen wir uns nur am Kiosk bedienen, das Restaurant bleibt uns verschlossen und nur den besseren Plätzen vorbehalten. Aber wir kommen auch so zurecht. Genau wie im Flugzeug zeigen auch hier Monitore den Streckenverlauf an.
Auffallend viele Aborigines reisen mit uns, knapp 200.000 der Ureinwohner sollen noch in Australien wohnen. 1967 wurden ihnen zwar die Bürgerrechte verliehen, sie sind aber nicht in die Gesellschaft integriert, werden vom Staat unterhalten und müssen nicht arbeiten. Es besteht zwar Schulpflicht, aber niemand kontrolliert die Einhaltung. Der Rassismus ist noch gegenwärtig.
Am nächsten Morgen befinden wir uns schon im "red country", rote Erde, soweit das Auge reicht. Ich habe schlecht geschlafen und bin froh, dass die Nacht vorbei ist. Einige Kinder quengelten und immer lief jemand an meinem Platz vorbei zum Raucherabteil.
Als wir Alice Springs kurz nach 10.oo Uhr erreichen, warten schon diverse Fahrzeuge der Backpackerhotels auf uns, wir entscheiden uns für "Nomads Ossies Homestead", das Doppelzimmer kostet 32 Austr. Dollar oder rund 40,- DM. Als Haustiere leisten uns drei Känguruhs Gesellschaft.
Wir organisieren die nächsten Trips und tauschen Geld. Ein Austr. Dollar entspricht etwa 1,30 DM. Die Bankangestellten haben ein Namensschild mit Vornamen angesteckt.
Zum Abendessen lassen wir uns Känguruhfleisch munden, es schmeckt sehr lecker, wir hätten uns auch für Kamelfleisch entscheiden können. Später habe ich es einmal probiert, mochte es aber nicht so gern. Einige Trucker am Nebentisch schaufeln Unmengen in sich hinein, kleine Steaks, einige Würstchen, Speck und riesige Portionen Pommes, es passt beinahe nicht auf den Teller.
Im Vergleich zu Sydney und Adelaide sehen wir hier viele Aborigines, einige sitzen im ausgetrockneten Flussbett und betrachten diesen Platz als ihr Heiligtum.
Leider kann ich mich gegen Reiner nicht durchsetzen und so schließen wir uns einer Tour zum Ayers Rock an, ich hätte mir lieber ein Auto gemietet.
Aber es ist auch so aufregend und interessant. Wir fahren in einem Minibus, das Gepäck im Anhänger. Als erstes steuern wir eine Kamelfarm an. Ralph, unser Fahrer und Guide, erzählt uns, dass es in Australien noch sehr viele Kamele gibt, dass sogar viele Tiere exportiert werden, u. a. nach Saudi Arabien.
Am Straßenrand liegen viele Reifen, ab und zu ein Tierkadaver. Einmal halten wir noch an und sammeln Holz für das abendliche Lagerfeuer.
Plötzlich geht ein Raunen durch den Bus, der Ayers Rock ist angeblich zu sehen, es ist aber "nur" der ebenfalls isoliert in der Landschaft stehende Mt. Connor.
Dann endlich haben wir die 420 km geschafft und belegen einige Zelte im Ayers Rock Resort.
Nach einer kurzen Pause fahren wir zum ersten highlight des Tages, zu den Olgas. Der höchste der 36 Berge oder Felsen, der Mt. Olga, ist mit 546 m noch höher als der Ayers Rock.
Nachdem Ralph sich überzeugt hat, dass wir alle mit genügend Wasser versorgt sind, beginnen wir einen etwa einstündigen Treck in die Olgas.
Dann, 30 Kilometer weiter, können wir ihn erkennen, den Ayers Rock oder Uluru, Australiens bekanntestes Wahrzeichen.
Der Monolith ist knapp 350 m hoch und 3,5 km lang. Wir fahren hin, den berühmten Sonnenuntergang erleben wir leider nicht, da es zu bewölkt ist. Dennoch wird zur Feier des Tages Wein gereicht, die Veranstalter in den Bussen neben uns schenken Sekt aus.
Zurück im Resort beginnen wir mit dem Kochen und setzen uns anschließend um das Lagerfeuer herum. Ralph erzählt uns viele Geschichten über die Entwicklung von Australien, über die Situation der Aborigines und über andere aktuelle Begebenheiten.
Nachts regnet es etwas.
Am nächsten Morgen stehen wir um 5.oo Uhr auf, Reiner meint, das ist doch kein Urlaub.
Nach einem kurzen Frühstück müssen wir leider erkennen, dass das Erlebnis Sonnenaufgang auch nicht zu realisieren ist, die Wolkendecke ist einfach zu dick.
Wir fahren zurück zum Uluru und umrunden ihn einmal zu Fuß, es sind immerhin neun Kilometer. Einige Mitreisende besteigen den Monolith, Reiner und ich nehmen davon Abstand, weil diese Besteigung den religiösen Vorstellungen der Aborigines widerspricht.
Das Wetter bessert sich und in der Ferne sind die Olgas im Sonnenlicht zu erkennen.
Einige Momente halten wir uns in der Basis- oder Kulturstätte auf, ich kaufe ein paar Andenken. Danach geht es weiter ins 300 km entfernte Kings Resort.
Abends dann die gleiche Prozedur wie am Vortag. Essen kochen, sich unterhalten, Bier trinken. Meine Aufgabe ist es, Geflügel in Kräutern zu panieren.
Es schmeckt wieder köstlich. Die Unterhaltung am Lagerfeuer ist auch heute sehr romantisch, interessant und beeindruckend, ich muss aber oft nachfragen, denn das australische Englisch ist doch sehr gewöhnungsbedürftig. Gestern habe ich zum Beispiel nicht verstanden, dass wir uns duschen können, unter Ralphs "showering" verstand ich immer nur "sharing" und konnte mir keinen Reim daraus machen. In der Gruppe fühle ich mich sehr wohl, die Mitreisenden, zumeist Australier, sind sehr freundlich und bemüht, dass es uns an nichts mangelt.
An diesem Abend können wir das Kreuz des Südens gut erkennen.
Das Biertrinken bildet in Australien, die Verschlüsse der Sorte XXXX haben Fragen und Antworten auf der Unterseite, vergleichbar mit Trivial Pursuit.
Unser nächstes Frühstück nehmen wir stehend am Lagerfeuer ein, Toast vom Rost, heißes Wasser vom Feuer.
Dann fahren wir zum Kings Canyon und wandern einige Stunden in der Morgenkühle. Ein Teil des riesigen Canyons war vor 250 Mio. Jahren ein See, man sieht im Gestein noch die Rillen, ähnlich wie im Wattenmeer.
Die Formationen sind sehr unterschiedlich, manchmal denkt man, in der Wüste zu sein, kurz darauf wandert man durch den Garten Eden, der hier wirklich so heißt. Einmal nehmen wir ein kühles Bad. Die Aussichten sind grandios, man kann sich spektakulär an die Felskante legen oder auf einen Felsausschnitt stellen
Auf dem Heimweg nach Alice Springs verspüre ich leichte Zahnschmerzen und nehme vorsichtshalber eine Tablette.
Abends treffen wir uns fast komplett im Scotties. Leeuw, die ebenfalls zu unserer Gruppe gehörte, ist Gitarristin und hat dort einen Auftritt.
Beim Einchecken für den Weiterflug nach Cairns wird nicht nach unserem Pass gefragt, auch die Hotels legen keinen Wert auf Vorlage dieses Dokuments.
Wir können uns den besten Platz aussuchen, denn von den 73 Sitzen im Flugzeug sind nur 25 belegt. Nach etwas mehr als zwei Stunden setzen wir zur Landung an.
Die Stadt Cairns selbst interessiert uns nicht so sehr, wir möchten lieber an den Strand und buchen im Flughafen ein Appartement in den "Casablanca Domes" in Trinity-Beach.
Die einzelnen Unterkünfte sind Iglus nachgebaut, wir müssen nur die Straße überqueren und schon sind wir am Ozean. Meine Urlaubsfreude wird durch öfter wiederkehrende Zahnschmerzen getrübt.
Am nächsten Morgen stehen wir zeitig auf und erleben einen wunderschönen Sonnenaufgang, der das Meer in goldenen Farben leuchten lässt.
Der Hotelinhaber hatte mir die Adresse eines Zahnarztes gegeben. Er soll gut sein, aber übermäßig teuer, wenn er Probleme mit seiner Frau hat. Ich lasse es darauf ankommen und fahre mit dem Taxi hin. Die Praxis ist voll und ich werde auf den nächsten Tag vertröstet. Eine Mitarbeiterin organisiert dann aber einen Termin bei der Konkurrenz im acht Kilometer entfernten Smithfield House.
Gleich nach der Ankunft muss ich ein Patientenformular ausfüllen, die Schmerzen verstärken sich und ich werde langsam unruhig. In der allgemeinen Aufregung fällt mir nicht ein, was die Frage bedeutet, ob ich "pregnant" sei, ich frage nach und ernte lautstarkes Gelächter.
Auf dem Röntgenbild erkennt die Zahnärztin eine starke Zahnfleischentzündung, die auf einen Zahn übergegangen ist. Nachdem sie mich entsprechend versorgt hat folgt noch eine einstündige Parodontose-Behandlung. Alles ins allem werden 140 Austr. Dollar fällig, ich hatte mit mehr gerechnet, bezahlen kann ich mit Kreditkarte.
Die nächsten Stunden sind nicht besonders schön.
Abends bin ich dann allerdings überrascht, im Fernsehen das Bild eines Kollegen zu sehen. Herr Bretz vom Verband der Vereine Creditreform in Neuss gibt auf der Deutschen Welle ein Statement über die schlechte wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik ab.
An einem der nächsten Tage fahren wir mit der Sky-Rail, einer Seilbahn, durch den Regenwald nach Kuranda. Dort besichtigen wir den Nachtzoo und machen einen Spaziergang auf dem Dschungelpfad, auch hier treffen wir wieder auf viele Aborigines.
Mit einem Museumszug geht es zurück nach Cairns, einmal halten wir an, um einen rauschenden Wasserfall aus nächster Nähe zu betrachten.
Den Rest dieses schönen Tages beschließen wir mit einigen Flaschen Rotwein.
Auf unserer Reise durch Down under soll ein Besuch des Great Barrier Reefs, des längsten Riffs der Welt, nicht fehlen.
Im Hafen von Cairns besteigen wir die "Compass" und nach etwa drei Stunden erreichen wir Michaelmas Reef. Es ist paradiesisch!
Weißer Sand, türkisfarbenes Wasser, nur das Rauschen des Meeres im Ohr.
Wir schnorcheln und lassen uns dann aber zu einem Tauch-Schnupperkurs überreden. Man gut, dass wir diese Investition nicht gescheut haben. In kleinen Gruppen tauchen wir in acht Metern Tiefe und haben die ganze Pracht der Unterwasserwelt vor Augen, Herz, was willst du mehr!
Korallen, leuchtende Fische in allen Variationen, einmal sehen wir sogar einen gut zwei Meter langen Hai. Es ist berauschend und nicht in Worte zu fassen.
Bei der Weiterfahrt begleitet uns eine Schildkröte im Wasser, manchmal ist ein fliegender Fisch zu sehen. Den nächsten Tauchgang absolvieren wir dann am Saxon Reef und auch hier erleben wir eine traumhafte Landschaft unter Wasser.
Ein wunderschöner Sonnenuntergang krönt diesen besonderen Tag, nachts strahlt das Kreuz des Südens wieder auf uns herab.
Nach dem Frühstück gehen wir noch einmal ins Wasser und fahren dann zum Hastings Reef. Und auch hier wieder Fischschwärme in allen Farben und leuchtende Korallen, es ist eine eigene grandiose Welt.
Die letzte Nacht auf dem australischen Kontinent verbringen wir in Cairns im Backpacker "Parkview".
Schweren Herzens nehmen wir Abschied.
Auf dem Flug nach Bali wird noch ein einstündiger Zwischenstopp in Darwin eingelegt.