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Karte

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Sonnenuntergang

Sonnenuntergang

Strandleben

Strandleben

unterwegs auf der Insel

unterwegs auf der Insel

Seehunde vor Norderney

Seehunde vor Norderney

Eckernförder Strand

Eckernförder Strand

altes Rathaus

altes Rathaus

Schäferwagenkirche

Schäferwagenkirche

Küsterpütt

Küsterpütt

Schloss

Schloss

Maria

Maria

Glockenspiel

Glockenspiel

Karte

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Pingelhus

Pingelhus

Auricher Schloss

Auricher Schloss

Marstallgebäude

Marstallgebäude

Segelschulschiff Deutschland

Segelschulschiff Deutschland

Alex 2

Alex 2

Klimahaus

Klimahaus

Empfang in Buxtehude

Empfang in Buxtehude

Rathaus

Rathaus

Hansekogge

Hansekogge

Burg: Rathaus

Burg: Rathaus

Fernblickhäuser in Burgtiefe

Fernblickhäuser in Burgtiefe

St. Nikolai

St. Nikolai

Schönes Deutschland X

warum in die Ferne schweifen wenn das Gute liegt so nah

Baltrum

Es gilt, einen 70. Geburtstag zu feiern, also ab nach Baltrum. Heidi und René holen mich zuhause ab und auf geht´s nach Neßmersiel. Kurze Zeit später fährt die Fähre in den Hafen ein und wir besteigen zusammen mit weiteren Geburtstagsgästen das Schiff. Für die rund sechs Kilometer bis zur Insel brauchen wir etwa 30 Minuten. Am Südstrand von Norderney erfreuen uns zig Seehunde und Kegelrobben, wie sie so relaxt in der Sonne dösen, vereinzelt sehen wir sie auch im Wasser der Nordsee. Eine Mitarbeiterin in der Fahrerkabine erklärt uns, dass die Inselkinder nur vier Wochen Sommerferien haben, weil die Eltern überwiegend im Tourismus arbeiten und in dieser Jahreszeit weniger Zeit für sie haben. Dafür sind dann die Herbst- und Winterferien länger.

Zwei Videos von dieser Reise können auf YouTube angesehen werden:

https://youtu.be/4OjddF-83k8

https://youtu.be/c3I2Xk9SBvU

Viel Spaß dabei!

Simon wartet schon am Hafen auf seine Gäste und hat zu unserer großen Freude Bier und andere Getränke auf seinem Bollerwagen. Auf dem Weg zum Hotel gönnen wir uns dann noch ein wirklich sehr leckeres Fischbrötchen. Ein paar Pferde auf einer Koppel beobachten uns neugierig. Heidi und René checken im „Witthus“ ein, Marion, Wilfried und ich im benachbarten und dazugehörigen „Haus Seemöwe“.

Bei bestem Sommerwetter beginnen wir dann die Inselerkundung, gehen zum Strand und erfrischen uns bei einem Bad in der Nordsee. Die meisten Strandkörbe sind belegt. Dann wird es Zeit für eine Pause im „Strand Café“. Später kommen wir noch an den beiden Inselkirchen vorbei, an der neuen und der alten aus dem Jahre 1826. In diesem ältesten Haus der Insel, innen kaum größer als ein Wohnzimmer, werden zeitweise noch Trauungen und Andachten zelebriert. Kinder können sich bei schlechtem Wetter im „Kinderspöölhus“ vergnügen, hier erkenne ich, dass das hiesige Plattdeutsch doch vom mir bekannten abweicht.
Am Rathaus kommen wir vorbei, an einer Eisdiele, wo Gäste in langer Schlange auf die begehrte Erfrischung warten, an Tennisplätzen, Gästehäusern und dem Haus des Gastes. Dann schallt Livemusik zu uns herüber und so verweilen wir geraume Zeit bei einigen Gläsern Bier in der „kleinen Freiheit“ und hören der Oldieband „Roxx 4 you“ zu.

Marion hatte vor Tagen einen Tisch im „Witthus“ reserviert und so treffen wir uns hier zum Abendessen, Conny gesellt sich noch zu uns. Dann begeben wir uns an den Strand und freuen uns über einen Sonnenuntergang, wie ich ihn lange nicht mehr erleben durfte. Den Rest des Abends verbringen wir zusammen mit den meisten anderen Geburtstagsgästen im „Moby Dick“.

Nach einem guten Frühstück gehe ich am nächsten Morgen an den Weststrand und beobachte etliche Trauerenten am und im Wasser. Auf einer Anhöhe am Gezeitenpfad erfahre ich, dass bereits im 18. Jahrhundert mit der Befestigung der Insel begonnen wurde, um gegen die Bedrohung durch Sturmfluten geschützt zu sein. Später wurde eine Palisadenwand gebaut, Buhnen und Steinschüttungen wurden angelegt. Etliche Infotafeln am Gezeitenpfad erklären die Vegetation auf der Insel. Auf einer Steinwand lese ich: well ne will dieken de mutt wieken, also, wer nicht bei der Deichpflege hilft, soll die Insel lieber verlassen.

In Höhe des Strand Cafés treffe ich auf einige meiner Mitreisenden und zu viert setzen wir die Inselerkundung fort, laufen im niedrigen Wasser, stapfen durch den Sand und sinken manchmal ganz schön mit den Füßen ein. Eine tote Robbe liegt am Strand, einige tote Krabben und Millionen Muscheln ebenfalls. Ein wahrer Kenner der Bundesliga hat das Werder-W in den Sand gemalt. Irgendwann sind die Strandkörbe am Horizont verschwunden und wir sind nur noch von Sand und Wasser umgeben. Hunderte Möwen warten darauf, dass das Wasser abzieht und sie sich auf die Köstlichkeiten im Watt stürzen können. Nun haben wir schon lange die Insel Langeoog im Blick und ein Schild besagt, dass jetzt die Schutzzone beginnt und ein Weitergehen verboten ist. Also orientieren wir uns südwärts in Richtung Ostdorf. Wegen eines menschlichen Bedürfnisses legen wir bei der Jugendbildungsstätte am Zeltplatz eine kleine Pause ein – glücklicherweise! Ein Regenschauer prasselt auf uns hernieder und wir sitzen gemütlich und trocken unter einer Plane, selbst für Getränke ist gesorgt.

Nun ist das Bewegen wieder einfacher, haben wir nun doch feste Wege unter uns. Wir wandern durch eine interessante Natur, vorbei an einigen kleinen Tümpeln mit Trauer- und Eiderenten, neben uns eine Pferdewiese, vor uns manchmal Austernfischer und Rebhühner, wie Marion uns erklärt. Dann fängt es wieder an zu regnen und wir stürzen unter das schützende Dach des „Sturmeck“. Lieber wäre ich in den Fischladen gegenüber gegangen, aber er hat geschlossen, weil samstags wegen An- und Abreise der Feriengäste wenig Betrieb ist. Das Bier schmeckt mir sehr gut, allerdings habe ich Probleme, mit dem stumpfen Messer meine Frikadelle zu schneiden. Später werden wir nahezu hinauskomplimentiert, weil Ladenschluss ist – das hätte man auch vorher sagen können.

Abends feiern wir im „Moby Dick“ in den Geburtstag von Simon hinein, essen und trinken vorzüglich und werden von Simon´s Tanzgruppe unterhalten. Gegen 2:00 Uhr gehe ich heim, gar nicht so einfach, denn die Insel liegt in völligem Dunkel, aber es hat ohne Komplikationen geklappt. Um 13:15 Uhr verlässt die Fähre den Inselhafen und ein Wochenende, an das ich mich gerne erinnern werde, neigt sich dem Ende zu.


Eckernförde

Diese Stadt, gut 20.000 Einwohner, kannte ich bisher nicht. Da mein Deutschlandticket auch im August noch gültig ist steige ich gespannt in den Zug. In Hamburg muss ich umsteigen und von Kiel geht es mit dem Bus weiter. Ein paar Kilometer fahren wir an der Ostsee entlang. Am Bahnhof steige ich aus und habe sofort einen Blick auf den Hafen, wo eine Fähre der Stena Line im Wasser dümpelt und auf die Abfahrt wartet. Mich zieht es an den Strand, wo bereits allerhand los ist. Im Tourist Office versorge ich mich mit Informationen, daneben erhebt sich das Brauhaus „Land in Sicht“.

Eine Broschüre informiert über Sehenswürdigkeiten beim Gang durch das Ostseebad und empfiehlt einen Besuch der Ritterburg, einem der ältesten Gebäude der Stadt, von dem in grauer Vorzeit Adlige regen Handel getrieben haben. Nur, ich finde es nicht. Ein freundlicher Herr aus dem Nachbarort kennt die Burg am lebhaften Gänsemarkt ebenfalls nicht und fühlt sich gefordert, mir zu helfen. Er befragt drei Personen in verschiedenen Geschäften und erst die vierte erklärt, dass es sich um das weiße Gebäude handelt, in dem sich jetzt ein Damen- und Herrenausstatter befindet.

Ganz in der Nähe sind das alte und neue Rathaus zu besichtigen, Wochenmarktbeschicker packen gerade ihre Ware ein. Der mittelalterliche Marktplatz ist von gut erhaltenen Wohn- und Geschäftshäusern umgeben, im alten Rathaus ist heute das Stadtmuseum angesiedelt. Eine Möwe sucht Erfrischung auf einem Brunnen. Seitlich vom Marktplatz kommt man am Kaffeehaus Heldt vorbei, der Giebel des Gebäudes zieht die Besucher sofort in seinen Bann. Heute scheint die St. Nicolai Kirche, ein dreischiffiger gotischer Bau aus dem frühen 13. Jahrhundert, geschlossen zu haben, so bleibt mir halt nur die Außenansicht. Eine Bank und der Domkrug residieren im Otte-Speicher aus dem 18. Jahrhundert.

Von weitem hatte ich ihn schon gesehen, den Rund- und Siemensspeicher, der alle Gebäude überragt. Dieser aus roten Ziegeln gemauerte Rundbau wird von einem goldenen Engel gekrönt. In seiner Passage sind diverse Geschäfte und eine Kaffeerösterei anzutreffen. Und dann ist der Hafen mit seinen Fischerbooten, Jachten und Traditionsseglern erreicht. Im Fischhuus mache ich Pause und gönne mir zwei Fischbrötchen, ein paar Minuten mieselt es etwas. Danach gehe ich über die hölzerne Klappbrücke und dann weiter am Hafen entlang. Gegenüber auf einer kleinen Anhöhe erkenne ich die Borbyer Kirche. Plötzlich werde ich von einer Möwe gestreift, sie wollte sich gerade auf ein Pärchen mit Brötchen stürzen, leider ohne Erfolg.

Nun bin ich wieder am Strand, wundere mich über ein paar Holzstatuen, aber noch mehr über eine Schäferwagenkirche, so etwas war mir vorher fremd. Bis zur Abfahrt des Busses bleibt mir noch etwas Zeit und so bestelle ich drei Eiskugeln im „La Gondola“, habe aber den Eindruck, dass es sich um mindestens sechs handelt, ein wunderbares Preis-Leistungsverhältnis. Und dann setzt der Regen ein, die Tropfen prasseln auf den Sonnenschirm und ich bin stolz auf mein Timing.

Der Bus fährt pünktlich ab, außerhalb von Eckernförde weist ein Schild auf einen Begräbniswald hin. Nachdem wir den Nord-Ostsee-Kanal überquert haben geht es langsamer vorwärts, der Feierabendverkehr hat eingesetzt. Dennoch erreiche ich den Zug pünktlich, es regnet heftig und die Binnenalster ist fast nicht zu erkennen. Der Umstieg in Hamburg wird mir länger in Erinnerung bleiben, kurz vor Eintreffen des Zuges werden wir auf einen anderen Bahnsteig verwiesen, Personen mit Handicap hätten es wahrscheinlich nicht geschafft. Glücklicherweise kann ich einen freien Platz ergattern, etliche Reisende müssen bis Rotenburg stehen. Kein Wunder, dass viele Mitbürger lieber ihr Auto nehmen.


Jever

Am 9. August fahre ich wieder zum Bahnhof, steige in den Zug nach Oldenburg und wechsele dann in die Nordwest-Bahn nach Sande. Hinter Rastede suchen acht Störche auf einer Wiese nach Futter. Ein letzter Umstieg und dann ist Jever, die Kreisstadt des Landkreises Friesland, knapp 15.000 Einwohner, erreicht. Der Wetterbericht hat viele Regenschauer angekündigt, aber ich habe Glück und erreiche trockenen Fußes, gelegentlich scheint sogar die Sonne, die schöne Altstadt. Mein erstes Foto gebührt einem Löwen aus Stahl vor dem Kreistag. Dieses Tier ist das Wappenzeichen der Jeverschen Häuptlinge. Dann bleibe ich vor dem Küsterpütt in der Fußgängerzone stehen und lese, dass sich früher die Einwohner am eigenen oder öffentlichen Brunnen mit Wasser versorgten und diese Pütten genannt wurden. Daneben sieht man die Wasserträgerin mit Hund oder „Theda und Lumpi“, beide vor dem ehemaligen Wohnsitz des Küsters. Ganz in der Nähe kann das Krimimuseum besucht werden.

Die Stadtkirche ist mein nächstes Ziel, 1959 nach einem Brand wieder neu errichtet. Hier staune ich über die moderne Fenstergestaltung. Eine Sehenswürdigkeit ist leider wegen Renovierung fast gar nicht zu erkennen: das Edo-Wiemken-Denkmal. Das Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Bauwerk ehrt den letzten Regenten des Jeverlandes. Der wuchtige Kirchturm, in dem sich heute ein Weltladen befindet, steht separat. Mich wundern die vielen Schaustellerwagen und dann lese ich, dass an diesen Tagen das Altstadtfest stattfindet. Vor dem Rathaus, meinem nächsten Ziel, wird gerade der Wochenmarkt beendet. Zwei Löwen bewachen den Eingang.

Nach kurzem Spaziergang ist das Schloss erreicht, das Wahrzeichen Frieslands und das wohl prunkvollste Bauwerk der Stadt, leider verhindern Gerüste einen Blick auf den Turm. Da die Sonne gerade Pause hat gönne ich mir einen Besuch des Schlossmuseums und schaue mir an, wie früher gelebt wurde, bewundere die Bilder und Teppiche und schlendere danach durch den prächtigen Schlosspark. Enten schwimmen gemütlich auf der Graft, ein Pfau zieht seine Runden. Dann lege ich eine Pause vor dem Sagenbrunnen auf dem Alten Markt ein. Verschiedene Bronzefiguren stellen Sagen und Mythen des Jeverlandes dar.

Schade, dass ich mich gerade gestärkt habe, denn auf dem Weg zur Blaudruckerei komme ich am Restaurant „Butt“ vorbei, es wurde mir gestern sehr empfohlen und ein Besuch nahe gelegt. Wie vor 200 Jahren werden hier Stoffe von Hand bedruckt, dieses alte Handwerk ist nur noch selten zu finden. Dann suche ich Schutz unter der Plane vor einem Textilladen, denn gerade setzt ein heftiger Schauer ein und an Weitergehen ist nicht zu denken.

Doch nach kurzer Zeit klärt sich der Himmel auf und ich stehe vor dem wohl bekanntesten Botschafter der Stadt: vor dem Friesischen Brauhaus zu Jever. Das Brauwasser des Bieres wird wie vor über 100 Jahren aus demselben Brunnen gewonnen. Im Shop frage ich nach einer Karte, um das Brauereimuseum zu besichtigen und höre zu meinem großen Erstaunen, dass alles ausverkauft und ein Besuch erst in knapp drei Wochen möglich ist. So schaue ich mir stattdessen den Brunnen „Kiebitze und Getreue“ an. Zwischen 1871 und 1891 erhielt Otto von Bismarck vom Jever-Stammtisch, den Getreuen, regelmäßig 101 Kiebitzeier zum Geburtstag.

Die Schlachtmühle, mein nächstes Ziel, ist weithin sichtbar. Der zweistöckige Galerieholländer beherbergt ein Museum, gegenüber, im Landwirtschaftsmuseum, freue ich mich mal wieder eine alte Dreschmaschine, wie ich sie aus Kindstagen kenne, und einen Lanz Bulldog zu sehen. Natürlich muss ich den hiesigen Gerstensaft probieren und pausiere zu diesem Zweck im „Neue 17“. Auf dem Rückweg komme ich noch einmal an „Fräulein Maria“ vorbei. Maria, eine Tochter des letzten Häuptlings Edo Wiemken, übernahm das Herrschaftsgebiet Jeverland ab 1530 und gestaltete die Stadt neu, legte Schutzwall und Graben an und verschwand dann in einem unterirdischen Gang. Bis heute wird fest an ihre Rückkehr geglaubt und allabendlich die Marienglocke geläutet, um ihr den Weg nach Hause zu zeigen.

Dann stehe ich vor dem Kosakenbrunnen, er symbolisiert die durch die Kosaken erwirkte Befreiung Jevers von der französischen Fremdherrschaft. Kurz vor 13:00 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Hof von Oldenburg, denn an einer Seitenwand befindet sich ein Glockenspiel. Pünktlich beginnt das Spektakel und die fünf historischen Figuren erweisen uns ihre Referenz nach verschiedenen Melodien, so nach der von „Ännchen von Tharau“ und „das Lieben bringt groß Freud“. Einen letzten Stopp lege ich bei der katholischen Kathedrale St. Marien ein und gehe dann noch ein kleines Stückchen an der Prinzengraft entlang. Nun ist der Gang zum Bahnhof, flankiert von schönen gemütlichen Wohnhäusern, nicht mehr weit. Um den Zug nicht zu verpassen verzichte ich auf einen Besuch des nahe liegenden Feuerwehrmuseums. Hätte ich es man getan, 50 Minuten Verspätung werden angezeigt. Dennoch denke ich gern an diesen tollen und erfüllten Tag zurück.



Aurich

Eine Woche später, am 16. August, treibt es mich wieder zum Bahnhof. Mit einem IC, den ich auf dieser Strecke mit meinem Ticket benutzen darf, geht es bis Leer und von dort mit dem Bus weiter bis zur Residenzstadt Aurich. In der zweitgrößten Stadt Ostfrieslands, gut 40.000 Einwohner, und Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises, war ich bisher nicht. Glücklicherweise hat der Regen aufgehört und so wandere ich gemütlich Richtung Marktplatz, doch was sehe ich, genau wie am letzten Freitag beginnt gerade ein Stadtfest. Fahrgeschäfte, Essensstände und Trinkbuden verhindern ein relaxtes Ansehen der Gebäude. Dennoch ragt er empor und ist nicht zu übersehen: der 25 Meter hohe Sous-Turm, 1990 aufgestellt und u. a. hergestellt aus Abfällen aus dem Forschungszentrum Jülich. Er soll verschiedene Zivilisationsstufen darstellen, wird längst nicht von allen Aurichern geliebt und deshalb auch spöttisch „Auricher Tauchsieder“ oder „futuristischer Schrotthaufen“ genannt.
 
Leider hat die Drogerie Maaß heute krankheitshalber geschlossen. Es soll sich um die wohl älteste erhaltene Drogerie Ostfrieslands handeln, mir bleibt leider nur ein Blick durchs Schaufenster. Dann setzt der Regen wieder ein und ich lese in meinem Begleitheft, dass Aurich auch „heimliche Hauptstadt Ostfrieslands“ genannt wird, weil sie mehr als 400 Jahre Mittelpunkt regionaler Politik und Kultur war. Das schmucke Gebäude der „Ostfriesischen Landschaft“, früher Verbund der ostfriesischen Stände und heute Ostfrieslands Kulturparlament, werde ich mir später anschauen.

Der Regen hat nachgelassen und so gehe ich zum Rathaus, das leider von einem Riesenrad verdeckt wird. Am Kreistag und der katholischen Kirche vorbei erreiche ich das „Pingelhus“, das frühere Hafenwärterhaus. Früher reichte der Hafen bis zu dieser Stelle und ankommende Schiffe wurden mit einer Glocke oder Pingel begrüßt. Und dann stehe ich vor der schon genannten Ostfriesischen Landschaft.

Das Auricher Schloss, eine ursprünglich 1447 als Wohnsitz einer Häuptlingsfamilie erbaute Burg, ist mein nächstes Ziel. Zwei Löwen bewachen den Eingang des Schlossplatzes. Die Burg wurde während der Zugehörigkeit zum Königreich Hannover, 1815 bis 1866, wegen Baufälligkeit abgerissen. Das jetzige Schloss hat man Mitte des 19. Jahrhunderts auf den alten Grundmauern neu errichtet. Gegenüber erkenne ich das wunderschöne Marstallgebäude, in dem sich jetzt das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung befindet.

Die Stiftsmühle, eine unter Denkmalschutz stehende fünfstöckige Holländerwindmühle aus dem Jahre 1858, ist weithin sichtbar. Schade, dass ein Bäckerwagen vor dem Eingang seine Leckereien verkauft und somit „im Wege steht“. Es soll sich um die höchste zu besichtigende Windmühle Deutschlands handeln. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Hafen, wo ein paar Schiffe im Wasser dümpeln. Ein Ausflugsdampfer setzt sich gerade in Bewegung. Beim Weitergehen sehe ich ein paar Holzskulpturen und lese, dass eine Gruppe junger Leute ein Freiwilliges Soziales Jahr abgeleistet und zusammen mit den Bewohnern der Werkstätten für behinderte Menschen diese Werke erschaffen haben, um ein Zeichen für Inklusion zu setzen.

Dann geht es zurück ins Zentrum, wo der Turm der Lambertikirche nicht zu übersehen ist. Durch die Fußgängerzone erreiche ich den Lambertihof, eine Besichtigung der Kirche versage ich mir, da gerade ein Gottesdienst stattfindet. Die älteste Gaststätte Aurichs, „Zur ewigen Lampe“, hat zwar ihre Tür geöffnet, aber noch keine Geschäftszeit und ein Foto wird mir leider, obwohl ich im Gastzimmer stehe, nicht erlaubt. Danach stehe ich noch einen Moment vor dem Seehundzirkus und gehe dann zum ZOB. Hier erkundige ich mich nach einer Fahrt zum Upstalsboom, einer Versammlungsstätte im 13. und 14. Jahrhundert. Leider ist zwar noch eine Hin-, aber keine Rückfahrt am heutigen Tage mehr möglich. Wegen des wechselhaften Wetters ist mir eine Rückkehr zu Fuß, immerhin fünf Kilometer, doch zu riskant, so warte ich auf den Bus nach Leer und freue mich auf der Rückfahrt über zwei alte Mühlen in Bagband und Holtland. Einmal erkenne ich ein Schild, das auf ein Fehngebiet hinweist (Moorsiedlung entlang eines Kanals) – es gibt also gute Gründe für einen weiteren Besuch der Stadt im Herzen Ostfrieslands.


Bremerhaven

Natürlich habe ich die Stadt an der Wesermündung, gut 110.000 Einwohner, schon häufiger besucht, sowohl privat als auch dienstlich. Dennoch reizt mich heute, am 18. August, ein Besuch, denn es finden gerade die maritimen Tage statt, eine Kleinausgabe der „Sail“, über die wir uns im nächsten Jahr wieder freuen dürfen. So sind mir die touristischen Highlights durchaus bekannt: Im Schaufenster Fischereihafen durfte ich Meeresdelikatessen genießen, kalt und heiß war mir im Klimahaus. Mit Bekannten streifte ich durch das Auswandererhaus und spürte die Tränen und den Abschiedsschmerz der Abreisenden, die ihre alte Heimat womöglich nicht wiedersehen werden. Im Zoo am Meer sahen wir den lustigen Robben und den Eisbären zu, die Kogge, ein vermutlich 1380 gebautes Wrack, bei Baggerarbeiten 1962 in Bremen-Rablinghausen gefunden und jetzt im Schifffahrtsmuseum ausgestellt, ist mir ebenfalls nicht fremd.

So kann ich mich heute fest auf die Feierlichkeiten der maritimen Woche konzentrieren. Vom Bahnhof sind es gut 1,5 Kilometer bis zu den Havenwelten, dem maritim geprägten Stadtviertel in Fishtown. Einen Moment verweile ich am Holzhafen und erfreue mich an den Wasserspielen. Und dann ist auch schon das ATLANTIC Hotel Sail City in Sichtweite, mit dem Fahrstuhl geht es in den 20. Stock und von oben, immerhin 86 Meter hoch, hat man einen grandiosen Ausblick auf den alten und neuen Hafen, in der Ferne ist sogar ein Kreuzfahrtschiff zu sehen. Kleine Schilder erklären dem Unkundigen das Gesehene, so zum Beispiel das Mediterraneo, das U-Boot „W. Bauer“, das AWI Alfred-Wegener-Institut, das Columbus Center oder das Schaufenster Fischereihafen. Gut zu erkennen ist der Zoo am Meer und das Auswandererhaus kenne ich bisher nur aus einer anderen Perspektive.

Viele Segelschiffe dümpeln an der Pier und können teilweise besichtigt werden, auch das Schiff der Wasserschutzpolizei und das der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Lange Schlangen bilden sich vor den Spiel- und Hüpfbuden, ganz Bremerhaven scheint unterwegs zu sein. Einen Moment lausche ich dem Shantychor Hude. Dann wird es Zeit für ein Fischbrötchen.

Plötzlich werden wir aufgefordert, eine Zugbrücke zu verlassen, da gerade ein Schiff voller schaulustiger Gäste passieren möchte. Es wird immer voller und das Fortbewegen immer schwieriger. So bleibe ich ein paar Momente vor der Alex 2, der Alexander von Humboldt II, die mit ihren grünen Segeln ja auch für Werbezwecke eingesetzt wurde. Gegenüber erkenne ich das Segelschulschiff Deutschland. Sehr angetan von dem Gesehenen mache ich mich langsam auf den Heimweg. Am ZOB angekommen sehe ich, dass auch ein Bus zu den Feierlichkeiten fährt, aber bei diesem schönen Wetter hätte ich keinen Gebrauch davon gemacht. Kurze Zeit später sitze ich im Regionalzug, der auf der Rückfahrt nur in Osterholz-Scharmbeck hält, die Hinfahrt mit den mehr als fünf Stopps dauerte erheblich länger, aber was macht das schon …

Tags darauf habe ich einen Termin in Bad Zwischenahn und bin wieder begeistert von der Kultur in den Ammerländer Baumschulen, Bäume, wie ich sie vorher nicht gesehen habe. Das Zwischenahner Meer glitzert in der Abendsonne.


Buxtehude

Nun also auf zur vorletzten diesjährigen Fahrt mit dem Deutschlandticket. Wilfried hatte mir Buxtehude empfohlen – und er hat sich nicht geirrt. Doch der Reihe nach:

In Buchholz (Nordheide) muss der Zug wegen einer Signalstörung länger als zehn Minuten halten, so dass ich die S 5 in Harburg verpasse und eine spätere Bahn nehmen muss. Aber auch die Orientierung im Harburger Bahnhof ist nicht einfach wegen unterschiedlicher sich widersprechender Angaben. Eine freundliche Dame an der Information hilft mir weiter. Nun bin ich also in der Stadt angekommen, die bekannt ist wegen des Märchens vom Hasen und Igel. Zahlreiche Statuen und Figuren, die an diesen Wettlauf erinnern, werde ich in den nächsten Stunden sehen. Und ich meine auch, dass hier „die Hunde mit dem Schwanz wedeln“.

Auf dem Weg in die Altstadt begegne ich zunächst der Lautenspielerin aus Bronze und dann stehe ich schon auf der Estebrücke und kann ein weiteres Kunstwerk, nun auf dem Wasser, bewundern, nämlich die „Kunstinsel“. Am Anfang der Langen Straße erweist sich der „Hase und Igel Brunnen“ als beliebtes Fotomotiv. Heute habe ich großes Glück, denn in Buxtehude wird an diesem Wochenende kein Stadtfest gefeiert und weder Fahrgeschäfte noch Fressbuden stehen im Wege.

Das Wandern durch die Altstadt gefällt mir, zwar hatte man Regenschauer angekündigt, aber momentan freue ich mich über das Einsehen von Petrus und genieße den Spaziergang durch die charmanten Gassen, vorbei an historischen Fachwerkhäusern und idyllischen Plätzen. Gut 40.000 Einwohner zählt die Hansestadt im Landkreis Stade. Das Tourist Office befindet sich im wunderschönen Rathaus, das gleich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs eröffnet wurde. Hier versorge ich mich mit den nötigen Informationen und schaue mir dann ein paar Räume in diesem historischen Gebäude an, selbstverständlich sind auch Hase und Igel anwesend.

Bei der St. Petri-Kirche, meinem nächsten Ziel, handelt es sich um eine der ältesten Kirchen Norddeutschlands. Im 14. Jahrhundert erbaut beeindruckt sie mit ihren schönen Glasmalereien, aber auch mit besonderen Altären. Der Halepaghen-Altar im Nordschiff der Kirche, erschaffen Anfang des 16. Jahrhunderts, gilt als bedeutendstes Kunstwerk und wichtiges Zeugnis mittelalterlicher Malerei in der Stadt. Motive der Bilder sind u. a. die Kreuztragung von Jesus und die Anbetung durch die Weisen. Momente später werde ich auf dem Petriplatz eine Brunnenfigur von Magister Gerhard Halepaghen sehen. Er wachte über die strenge Einhaltung der Klosterregeln und wird ebenfalls auf dem Altar abgebildet. Sein in eine Stiftung umgewidmetes Vermögen unterstützt auch heute noch verschiedene wohltätige Zwecke. Im Jahre 1410 entstand der Marienaltar. Auf 18 Bildern wird das Leben von Maria dokumentiert.

Im Bürgerhaus, einem Steinhaus mit herrlichem Portal, befindet sich ein Restaurant. Und dann stehe ich auch schon vor der nächsten Skulptur, ein Knabe reitet auf einem lebensgroßen Stier. An der Alten Markthalle vorbei gehe ich dann zum Marschtorzwinger, der früher Teil der Stadtbefestigung war und heute für Ausstellungen und Kultur genutzt wird. In der Nachbarschaft kann der „siebte Schornstein“, ein weiteres 16 Meter hohes Kunstwerk, besichtigt werden. Anschließend sehe ich mir noch die grachtenartige Flethanlage und die Hansekogge an. Seit 2017 kann dieses acht Meter lange Schiff aus Stahl auf einer Kreisverkehrsinsel betrachtet werden. Die benachbarte Kattau-Mühle, ein denkmalgeschütztes Gebäude aus dem Jahre 1914, wird jetzt als Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Beim reich verzierten Fuhrmannshaus, an dem ich jetzt vorbeigehe, erklärt eine Tafel, dass es sich bei diesem Gebäude um das ehemalige Wohnhaus eines Ackerbürgers und Fuhrmanns mit Stallung handelt, erbaut 1553 und restauriert im Jahre 1979.

Auf dem Rückweg begegnen mir weitere Kunstwerke, zunächst der Kofferturm. Im Jahre 2018 vom Bremer Künstler Uwe Schloen erstellt, erklärt dieses Kunstwerk angeblich die Arbeitsprozesse Falten, Legen und Nieten. Zum Schluss komme ich noch am Strandzeichen vorbei. Es ragt seit 1981 aus dem Wasser des Vivers. Eine Bäckerei wirbt mit Altländer Apfelbrot, ich erwerbe es, merke aber später zuhause nichts von dieser Kernfrucht. Ein letztes Mal halte ich vor einer Bodenplatte die Winfried Ziemann gewidmet ist, dem Initiator des Jugendbuchpreises Buxtehuder Bulle. Es beginnt zu regnen, als wir Harburg erreichen, der Anschlusszug kommt in ein paar Minuten, wird aber in meiner DB-App nicht angezeigt – das soll einer verstehen …


Fehmarn

Vier Tage habe ich noch Zeit, danach ist mein Deutschlandticket abgelaufen. Total entspannt fahre ich bis Hamburg und wundere mich über den riesigen Maisanbau zwischen Sagehorn und Ottersberg. Danach geht es im überfüllten Zug weiter bis Lübeck, doch in Bad Oldesloe verzeichnen wir bereits 10 Minuten Verspätung, also nehme ich den nächsten Bus nach Fehmarn-Burg. Das „NP Hotel Wissers“ hatte ich telefonisch reserviert, aber es liegt keine Anmeldung vor, ein freies Zimmer ist glücklicherweise vorhanden und ich spare sogar sieben Euro. Bislang kannte ich die Insel nur vom Durchfahren nach Puttgarden, um von dort mit der Fähre nach Dänemark zu gelangen.

Burg, rund 6.000 Einwohner, war bis 2003 als Stadt eigenständig und ist nunmehr ein zentraler Stadtteil der Stadt Fehmarn. Der Ort gefällt mir auf Anhieb und so gönne ich mir erstmal ein leckeres Fischbrötchen. Tipps für die nächsten Stunden erhalte ich im Tourist-Office. Heute brennt die Sonne vom Himmel, das Thermometer nähert sich der 30 Grad-Marke und ich bedauere, meine Schirmmütze vergessen zu haben. Gemütlich schlendere ich über den Markt am Museum und Rathaus vorbei, sehe mir die St. Nikolai-Kirche im Süden des Stadtkerns an und wandere dann etwa drei Kilometer die Strandsstraße entlang. Allerdings hätte ich für diese Strecke auch einen Bus nehmen können. Im Ort Neue Tiefe kann man einen Barfußpark besuchen. Dann staune ich über drei Türme vor mir in Burgtiefe, nämlich über drei Fernblickhäuser am Südstrand: Haus Kopenhagen, Haus Berlin und Haus Stockholm, teilweise als Hotel genutzt. Über Schönheit und Attraktivität kann man geteilter Meinung sein. Diese weit und breit höchsten Erhebungen entstammen aus der Feder von Arne Jacobsen, der mit diesen Entwürfen einen öffentlichen Ideenwettbewerb gewann.

Beim Weitergehen fällt mir auf, dass viele Ferienhäuser belegt sind. Ständig werde ich von Radfahrern überholt, diese Art der Fortbewegung scheint hier sehr populär zu sein, andere Fußgänger bemerke ich nicht. Rechts von mir habe ich einen guten Blick auf die Kohlhofinsel, einem Vogelschutzgebiet, Enten aller Art haben sich hier niedergelassen. Zum Yachthafen laufe ich noch und dann geht es auf anderem Weg über Burgstaaken zurück. Im hiesigen Schiffsmuseum schaue ich mir u. a. das U-Boot an und erfrische mich dann im Lotsenhaus mit einer Apfelschorle. Beim benachbarten Obstmarkt erwerbe ich eine Kleinigkeit, schaue mir dann einen hohen Silo an, der nun als Silo Climbing zweckentfremdet wird. Leider fährt von hier kein Bus ins Zentrum zurück und so muss ich wohl oder übel durch die Hitze stapfen, aber häufig laden Ruhebänke zu einer Pause ein.

Zum Abendessen gehe ich ins Restaurant Kröger, das anno 1644 gegründet wurde, und esse leckeren Fisch. Leider schließt das Lokal bereits um 22:00 Uhr, aber man empfiehlt mir die Bar „Brandung“ und dieser Empfehlung komme ich gerne nach und probiere u. a. den Zuckerrübenschnaps „Rööv“ einer hiesigen Brennerei.

Am nächsten Tag besichtige ich noch die alte St. Jürgen-Kapelle, in der heute noch Gottesdienste stattfinden. Das 12 x 6 Meter große oder kleine Haus wurde 1439 erstmals als Teil eines Siechenhauses, in dem Pestkranke gepflegt wurden, erwähnt. Anschließend gehe ich gemütlich zum Busbahnhof. Das Thermometer im Bus nach Lübeck zeigt 33! Grad an. Wie immer erlebe ich im Hamburger Hauptbahnhof Chaos, ergattere aber noch einen letzten freien Platz und verstehe überhaupt nicht, dass einige Reisende einen Sitz mit ihrem Koffer blockieren.

Zum Schluss sei mir ein kleines Fazit erlaubt: Diese Reisen im Juli und August habe ich in vollen Zügen genossen, jedenfalls meistens …

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