An den Buchten des Balkans
Prizren
Soll ich in den Kosovo fahren oder nicht. Diese Frage hatte ich mir vorher häufig gestellt und mit Bekannten diskutiert. Wir waren uns einig, dass es im Süden eigentlich relativ sicher ist und man nur den Norden, die Gegend um Priština, der Hauptstadt des Landes, meiden sollte. Außerdem wird empfohlen, nicht über Serbien ein- oder auszureisen.
Prizren, eine malerische Stadt mit orientalischem Flair, umgeben von hohen Bergen, hat etwa 100.000 Einwohner. Freundliche ältere Parkplatzordner verlangen zwei Euro, dafür darf ich den ganzen Nachmittag hier parken. Auch in diesem Land, gerade mal ein halbes Jahr unabhängig, ist der Euro die staatliche Währung. Ich gehe am Fluss Lumebardhi entlang ins Zentrum und sehe mit Erstaunen, dass es in dieser Stadt ein "Deutsches Kaufhaus" gibt. Am zentralen Marktplatz wetteifern einige Lokale um Kundschaft und ich lege eine verspätete Mittagspause ein. Als ob mich das Glück verfolgt, auch hier bietet man mir an, einen Kaffee auf Kosten des Hauses zu trinken. Die Innenstadt gefällt mir, sie wird von einer Moschee dominiert.
Aber man wird auch mit der politischen Wirklichkeit konfrontiert. Ein KFOR-Jeep hält an und fünf Soldaten steigen aus, um schwer bewaffnet auf Streife zu gehen. Auf der Weiterfahrt komme ich an riesigen Kasernenanlagen vorbei, an einigen Baracken weht die deutsche Flagge. Mein nächstes Ziel heißt Skopje und es gibt einen direkten Weg. Aber immer leiten mich die Schilder und Vorwegweiser nach Norden in Richtung Priština. Einmal hupt ein Auto neben mir, ich schaue hin und erkenne den Grenzsoldaten, der mir fröhlich zuwinkt.
Mir wird nun doch etwas mulmig, die Hauptstadt ist nur noch gut 20 km entfernt. An einer Tankstelle erklärt mir ein hilfsbereiter Mann, wie ich auf eine Zubringerstraße in den Süden gelange. Und auch hier freue ich mich über eine Einladung zum Kaffee, dabei habe ich weder getankt noch etwas gekauft. Heute scheint wieder ein heiratsfreudiger Tag zu sein, denn auch in diesem Land sind viele Hochzeitsgesellschaften auf der Straße, einige Männer halten die Kosovo-Fahne triumphierend aus dem Auto. Einmal bildet sich ein langer Stau, ein Traktor fährt vor uns und ist auf der engen Gebirgsstraße nur schwer zu überholen. Zwischen dem 15.11. und 15.03. müssen Schneeketten angelegt werden.
Gegen Abend erreiche ich die Grenze und verlasse ohne große Kontrolle den Kosovo. Auf mazedonischer Seite werden der Führer- und Fahrzeugschein und erstmals auch die grüne Versicherungskarte geprüft