Böller über Bilbao
Bilbao
Ein angenehmes langes Weihnachtswochenende liegt hinter mir, als ich zum Flughafen fahre. Von Bremen geht es via Amsterdam nach Bilbao. Über Frankreich klärt sich der Himmel auf und ich genieße den Blick auf den kilometerlangen Golf von Biscaya und die Stadt Biarritz. Von den Pyrenäen ist nichts zu sehen. Der Bus ins Zentrum steht schon zur Abfahrt bereit und kurz nach 17:00 Uhr checke ich im wirklich ideal in der Altstadt gelegenen Hotel „Bilbao Jardines“ ein. Das Thermometer zeigt lauschige 17 Grad an. Nun habe ich noch genügend Zeit, die ersten Eindrücke von Bilbao im warmen Licht der Abendsonne auf mich einwirken zu lassen – und es lohnt sich. Von der Altstat, der Casco Viejo, bin ich begeistert, und ich wohne mittendrin, brauche kein Taxi und keinen Bus, um nachts zu meinem Zimmer zu gelangen.
Den ersten Abend verbringe ich im Herzen der geschäftigen Altstadt, sehe mir die „Siete Calles“ an, die so genannten Sieben Straßen, mit Läden, Restaurants, Bars und anderen kleinen Geschäften versehene Fußgängerzonen. Viele Passanten sitzen draußen, trinken ihren Wein oder ihr Bier, verzehren leckere Pintxos, wie die Tapas im Baskenland genannt werden, und unterhalten sich. Aber auch vor den mit Köstlichkeiten beladenen Theken drängen die Menschen in mehreren Reihen. Heute ist Dienstag und ich habe das Gefühl, mich mitten in einem Wochenendtrubel zu befinden. Das Leben scheint sich abends auf der Straße abzuspielen. Ich schließe mich dieser Gewohnheit gerne an und werde mich in den nächsten Tagen ausschließlich an den Pintxos-Tresen verköstigen. Wie in anderen spanischen Regionen hängen auch hier dicke Schinken an der Decke. Der Wein im Ausschank mundet mir sehr, als Rotwein werden in fast allen Bars ausgezeichnete Crianzas aus der Rioja-Gegend angeboten. Aber auch die heimischen Weißweine, wie z. B. der Txakoli aus dem Baskenland und Kantabrien, brauchen keinen Vergleich zu scheuen.
Erstaunlicherweise sind holländische Biere begehrt, dabei gibt es doch durchaus trinkbare Produkte aus Spanien.
Im Herzen der Altstadt erhebt sich die Kathedrale, die Catedral de Santiago. Dieser heilige Ort gilt als traditioneller Pflichthalt für Pilger auf dem Jakobsweg, ein Jakobusbildnis ist im Inneren zu besichtigen. Lange Menschenschlagen stehen vor einem Geschäft für Lose der Loteria del Niño.
Etwas verwundert bin ich über die zweisprachigen Straßenschilder, ich hätte nicht gedacht, dass die baskische Sprache, Euskera oder Euskara, noch einen derart hohen Stellenwert einnimmt. Offen gestanden, diese Dominanz verwirrt mich etwas. Für mich total fremd, ich kann nicht einen Begriff ableiten und lese, dass keinerlei Affinität zu anderen Sprachen und Dialekten besteht. Über eine halbe Million Menschen beiderseits der Pyrenäen sollen Euskera noch beherrschen, Schulen bieten Baskisch als Wahlfach an.
Einige Beispiele: Bilbao/Bilbo, San Sebastián/Donostia, Vitoria/Gasteiz, Alava/Araba, playa/hondartza.
Über zwei Millionen Menschen wohnen im Baskenland, davon etwa 370.000 in Bilbao und ca. 190.000 in San Sebastián. Es handelt sich um eine der wohlhabendsten Regionen Spaniens, im Reiseführer lese ich, dass man hier die sonst im Lande bekannte „Mañana-Mentalität“ nicht antrifft und die Bewohner als fleißig und zuverlässig gelten.
Am nächsten Morgen wandere ich am Ufer des Rio Nervión entlang. Es wurden schöne Promenaden angelegt und ich lese, dass die Stadt Bilbao seit 1990 einige Milliarden Euro in die Stadterneuerung investiert hat. Bei der Puente del Arenal sieht man das Teatro Arriaga, ein im Jahre 1919 eröffnetes Opernhaus im Neobarockstil. An einem Park und der Iglesia de San Nicolás vorbei erreiche ich wenig später das Rathaus. Jogger und Walker, aber auch Eltern mit Kinderwagen, nutzen das schöne Wetter und die idealen örtlichen Voraussetzungen. Dann habe ich auch schon die futuristisch anmutende Fußgängerbrücke Zubizuri vor mir. Sie ist 75 Meter lang und wurde 1997 in Betrieb genommen. Ihr Name kommt aus der baskischen Sprache und heißt übersetzt „weiße Brücke“. Trockenen Fußes erreiche ich die andere Flussseite, gehe unter der imposanten Puente Príncipes de España, auch Puente de la Salve genannt, hindurch und bin an meinem nächsten Ziel, der wohl bekanntesten Sehenswürdigkeit in Bilbao, dem Guggenheim-Museum.
Dieses avantgardistische Gebäude von Frank O. Gehri wird auch als Vorreiter der Architektur des dritten Jahrtausends bezeichnet. Nach vier Jahren Bauzeit wurde das Museum 1997 eröffnet. Dünne Titanplatten sorgen für einen weithin sichtbaren Glanz. In 20 Galerien stehen über 11.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung. Es werden eine Dauer- als auch wechselnde Wanderausstellungen gezeigt. Drei Ebenen wurden um ein Atrium entwickelt. Mama, eine riesige Bronzespinne, steht vor dem Eingangsportal. Etwa eine Million Besucher, überwiegend aus dem Ausland, strömen jährlich in dieses Wahrzeichen der Stadt. Natürlich kaufe auch ich eine Eintrittskarte und schlendere gemächlich, ausgestattet mit einem Audiophone, durch die weitläufigen Räume.
Nachmittags wandere ich in der Innenstadt umher, sehe mir die Geschäfte auf der Gran Via de Don Diego López de Haro an, trinke hier und da einen Café solo und lande schließlich wieder in der Altstadt, auf der Plaza Nueva. Der von Laubengängen eingefasste Platz trotzt vor Cafés und Tapas-Tresen. Auf der etwas angehobenen Innenfläche toben Kinder, spielen Fußball und jauchzen ihren Eltern und Großeltern zu. Ich suche mir draußen einen freien Platz, bestelle ein Glas Weißwein und lese. Herrlich, wir notieren den 30. Dezember und können uns trotzdem gemütlich an der frischen Luft aufhalten. Hier werde ich an den nächsten Abenden häufiger zu Gast sein. Hunderte anderer Passanten scheinen ebenfalls Gefallen an diesem Platz zu finden. Auffallend viele Männer sind mit einer Baskenmütze bekleidet. In einem Tabaco-Laden erwerbe ich ein paar Briefmarken.
Abends, beim Wandern durch die Pintxo-Läden, stelle ich erstaunt fest, dass es wohl so etwas wie einen Trampelpfad geben muss, denn einige Gesichter der Gäste meine ich auch in den vorherigen Bars gesehen zu haben.
Die Puente Vizcaya ist anderntags mein nächstes Ziel. Mit der Metro Nr. 1 fahre ich von der in Hotelnähe liegenden Station Abando bis Areeta im Vorort Las Arenas. Ein freundlicher Mitarbeiter ist mir am Fahrkartenautomat behilflich und schenkt mir anschließend einen Netzplan. Möglich wäre auch eine Fahrt mit der Linie 2 oder mit Renfe, der spanischen Eisenbahn, bis Portugalete gewesen, am anderen Ufer des Flusses gelegen. Diese älteste und erste Schwebefähre der Welt wurde 1893 in Betrieb genommen und gehört mittlerweile zum Unesco-Weltkulturerbe. An dicken Seilen befestigt schwebt die Fähre über den Fluss Nervión. An den Seiten wurden überdachte Plätze für Fußgänger, Rad- und Kradfahrer geschaffen, die Mitte ist den Autos vorbehalten. Zunächst fahre ich mit einem Fahrstuhl auf den Fußgängersteg in etwa 50 Meter Höhe und gehe dann bedächtig zur anderen Seite, es sind nur 160 Meter zurückzulegen. Eine fantastische Aussicht belohnt dieses Unterfangen. Ansagen in vier Sprachen informieren über die nahen und fernen Gebäude und Landschaften. Seit Gründung haben, so lese ich, etwa 650.000 Menschen die Fähre beansprucht, ich jedoch spaziere allein über die pasarela, den Fußgängerweg. Auf der Seite von Portugalete fahre ich mit dem Aufzug hinunter und wandere am Fluss entlang. Es regnet etwas, findige Straßenverkäufer haben etliche Regenschirme an die Mauer gestellt und erhoffen ein einträgliches Geschäft. An einem Haus prangt ein Schild „ETA no“.
Die ETA, Euskadi Ta Askatasuna, was übersetzt „Baskenland und Freiheit“ heißt, ist eine marxistisch-leninistische Separatistenorganisation, die im Untergrund agiert. Sie wurde 1959 als Widerstandsbewegung gegen die Franco-Diktatur gegründet, geht terroristisch vor, und verfolgt die baskische Autonomie, einen sozialistisch geprägten, von Spanien unabhängigen Staat, als Ziel. Bei dieser Auseinandersetzung wurden bisher über 800 Menschen getötet. Nachdem im November 2011 ein Waffenstillstand vereinbart wurde, erklärte sich die ETA ein Jahr später zur Auflösung und Entwaffnung bereit, falls ihre Forderungen von der spanischen Regierung ausgeführt werden. Die militärischen Operationen wurden ab November 2011 gemäß den Bedingungen, die Spanien für das Einhalten des Waffenstillstandes gestellt hatte, bis auf weiteres eingestellt. Die Entwaffnung der Organisation begann Anfang 2014.
Weitere Begegnungen mit der ETA habe ich auf dieser Reise nicht. Mit der Schwebefähre fahre ich zurück nach Las Arenas und laufe am Wasser entlang in der Hoffnung, ein Café zu finden. Aber ich habe keinen Erfolg, erst in der Nähe der Puente finde ich ein Lokal und freue mich über eine kleine Verschnaufpause. Dann geht es mit der Metro zurück, in der Altstadt habe ich Probleme, eine Bestellung aufzugeben, die Straßen quellen über. Ich esse eine Kleinigkeit, trinke ein Glas Wein und gehe dann auf mein Zimmer, um mich etwas auszuruhen und zu schonen. Heute ist schließlich Silvester.
Gegen 21:00 Uhr wage ich mich wieder auf die Straße, doch was sehe ich: Gespenstische Stille, leere Gassen und dunkle Lokale, ich glaube, in einem schlechten Traum zu sein. Im Hotel erfahre ich, dass man hier zu Hause mit der Familie oder mit Freunden ins neue Jahr feiert, la Nochevieja ist ein privates Fest. Restaurants bieten ein teueres Silvestermenü an, aber alle Plätze in den Lokalen sind reserviert, nur draußen könnte ich noch einen Tisch belegen. Mittlerweile ist das Thermometer auf 13 Grad gefallen und ich verzichte lieber. Stattdessen gehe ich in einen Asia-Shop, kaufe mir Brot und etwas Aufschnitt und speise auf meinem Zimmer. Eine Flasche Rioja hatte ich tags zuvor schon für schlechte Momente erworben.
Dürftig gesättigt mache ich mich wieder auf den Weg. Ein paar Italiener im Hotel meinen, dass auf der anderen Flussseite einige Lokale geöffnet hätten. Und so ist es dann auch. Doch bei den Gästen handelt es sich vorwiegend um Menschen, an denen das Leben vorbei zu laufen scheint, um Personen, die ihr Dasein einsam am Rande der Gesellschaft fristen. Mit glasigen Augen werden Selbstgespräche geführt, niemand unterhält sich, es ist skurril. Lieber verlasse ich das Lokal und suche mir eine von Asiaten geführte Bar. Aber auch hier ist es nicht viel anders und so kehre ich zurück, bestelle mir ein Glas Wein und rutsche ins neue Jahr. Ein Paar aus Frankreich ist eingetroffen, wir stoßen an und unterhalten uns ein wenig. Leider sprechen sie kein Englisch. Glücklicherweise erreicht mich ein Anruf aus der Heimat und so habe ich Gelegenheit, meine aktuellen Erlebnisse zu schildern. Auf der Puente del Arenal beobachte ich das Silvesterfeuerwerk und höre dem Geballere zu. So nach und nach füllen sich die Straßen, kurze Zeit unterhalte ich mich mit einem Paar, das auch in der Asia-Bar auf den Jahreswechsel gewartet hat. Zurück in meiner Straße muss ich zur Kenntnis nehmen, dass weiterhin alles dunkel und kein Lokal wieder geöffnet ist. Der Betreiber des Hotels hat mit seinen Verwandten gefeiert und lädt mich auf ein Glas Sekt ein, das ich gern annehme. Seine Eltern haben lange in Hannover gearbeitet und der Vater ist froh, mal wieder seine deutschen Sprachkenntnisse anwenden zu können. Zum Schluss gehe ich noch einmal zur Plaza Nueva, aber auch der Platz ist immer noch in tiefes Dunkel verhüllt.
Ausflug nach Bermeo
Am Neujahrstag steige ich in den Zug und fahre, einer Empfehlung von Bent folgend, nach Bermeo. Zwar ist das Städtchen, ca. 17.000 Einwohner, nur 25 Kilometer von Bilbao entfernt, trotzdem benötigen wir mehr als eine Stunde für die Fahrt. Aber es ist sehr angenehm, die Sonne scheint, wir fahren durch kleine Ortschaften und Flecken, wie z. B. Guernica, durchqueren eine moderate Berglandschaft und tuckern gemütlich durch die Gegend.
Der Bahnhof liegt sehr zentral und binnen weniger Minuten erreiche ich den zentralen Platz, wo schon etliche Menschen vor den Bars drängeln und ihren Nachdurst bekämpfen. An der langen Mole entlang schlendere ich bis zum Leuchtturm, weiter geht es nicht. Ein tolles Bild, sowohl auf den Atlantik hinaus als auch auf die Stadt mit dem Hafen, den Türmen und den pittoresken Gebäuden. Bermeo verfügt über einen wichtigen Fischereihafen. Langsam gehe ich ins Zentrum zurück und kehre ein. In der Bar „Lamera“ stärke ich mich mit interessanten Pintxos. Für die Rückfahrt wähle ich den Bus, er benötigt aber genauso lange. Im Licht der untergehenden Sonne fahren wir längere Zeit am Meer entlang und streifen dieselben Orte wie auf der Hinfahrt. Aber dieses Mal erlebe ich sie intensiver und der Busfahrer muss sein ganzes Können aufwenden, um unfallfrei durch die engen Gassen zu kommen. In der Nähe der Metrostation Abando ist der interessante Ausflug zu Ende. Die Straßen in Bilbao sind wieder voller Menschen, kein Wunder, denn am frühen Abend zeigt das Thermometer noch angenehme 18 Grad an. Ich nehme mein Buch zur Hand, setze mich draußen hin und lese ein wenig. Später besuche ich die einzige Tapas-Bar in meiner Straße. Die drei Männer hinter dem Tresen schwitzen und um 21:00 Uhr sind alle Pintxos-Teller leer.
San Sebastián
Der freundliche Bahnhofsvorsteher ist mir beim Kauf der Fahrkarte am Automaten behilflich. Es ist sehr ruhig auf dem Bahnhof, lediglich zwei weitere Personen verirren sich in mein Abteil. Langsam setzt sich der Zug in Bewegung, wiederum genieße ich die Aussicht auf die gebirgige Landschaft. Behäbig geht es voran, denn die Strecke ist sehr kurvig. Langsam füllt sich unser Wagen und der Lautstärkepegel steigt vehement. Im Ort Deba, wo wir kurz halten und viele Gäste aussteigen, findet heute ein Viehmarkt statt. Hin und wieder ist der Atlantik zu sehen. Nach über 2 ½ Stunden sind wir am Ziel, ich schnappe meinen Koffer, frage im Bahnhof nach dem Weg und gehe zum Hotel „Zaragoza Plaza“, es ist nicht sehr weit.
Nun bin ich also in der europäischen Kulturhauptstadt 2016 oder auch der Hochburg der Pintxo-Szene bzw. der baskischen Küche allgemein angekommen. Aber auch früher war ein Besuch der Stadt beliebt, als königlicher Sommersitz war San Sebastián ein begehrter Anlaufpunkt des Adels und revanchierte sich mit elegantem und elitärem Ambiente. In heutiger Zeit ist der Tourismus eine Haupteinnahmequelle der Stadt, Hotelburgen und ähnliche Merkmale des Massentourismus gibt es jedoch glücklicherweise nicht.
Mein Hotel liegt ideal in Sichtweite zum Meer, die Sonne scheint und eine Minute später stehe ich vor der Muschelbucht. Die Playa de la concha, so der spanische Name, schmiegt sich von der Altstadt, der parte vieja, bis fast hin zum Hausberg Monte Igueldo. Viele Menschen sind unterwegs und genießen die warme Nachmittagssonne. Einige Mutige baden im Meer, andere surfen. Mit der Zahnradbahn fahre ich den 200 Meter hohen Aussichtsberg Igueldo hinauf und bin begeistert. Ein Panorama wie man es sich nur wünschen kann, unter uns der Golf von Biscaya, die Stadt, die Muschelbucht, einfach faszinierend.
Langsam und total beeindruckt steige ich den Berg hinunter, schlendere wieder an der concha entlang und erreiche gegen Abend die für ihre Pintxos bekannte Altstadt. Doch zunächst ist noch etwas Kultur angesagt und ich sehe mir das Rathaus, ursprünglich ein Casino, und die barocke Basilica de Santa Maria an. Mittlerweile ist es windiger geworden und bis zu zehn Meter hohe Wellen peitschen an die Mole. Fotografen suchen kreischend und fluchend das Weite. Auf dem zentralen Plaza de la Constitución, den ich als nächstes ansteuere, wurden früher Stierkämpfe ausgetragen. Finanzkräftige Schlachtenbummler konnten dem Spektakel in nummerierten Logen beiwohnen, aus sicherer Entfernung versteht sich.
Den Rest des Tages tauche ich in die Pintxos-Szene ein und werde, um es vorweg zu nehmen, nicht enttäuscht. Im Gegenteil, die Vielzahl und Originalität dieser Köstlichkeiten lässt einen nur staunen. Auch hier herrscht ein gewisser Rundgang von Bar zu Bar, wie ich es ebenfalls in Bilbao erlebt habe. Auch in Donostia, so der baskische Name der Stadt, bummeln hungrige und durstige Menschen in den kleinen Gassen und drängen an die umlagerten Tresen, um sich dann in der Bar oder draußen, ein Glas Wein oder Bier in der Hand, an den Leckerbissen zu laben. Wer kann diesem attraktiven Angebot schon widerstehen, ich jedenfalls nicht.
Und so erfreue ich mich in verschiedenen Bars beispielsweise an Tortilla de Bacalao, an Ravioli mit Blutwurstfüllung, an Chipirones (Tintenfisch), an Kabeljau- und Gambaspießen und an kleinen Broten mit Anchovis und Langostinos, nicht zu vergessen die vielen Variationen mit Schinken und Chorizo, einer Paprikawurst. Um Mitternacht sind noch viele Tische besetzt.
Am Sonntag regnet es und auch die Temperatur ist gesunken. Etwas missmutig sehe ich mir erst die Iglesia Vicente und daran anschließend das am Fuße des Monte Urgull eröffnete Museum San Telmo an, das früher ein Dominikanerkloster war. Eine Besteigung des genannten Berges versage ich mir angesichts des Wetters. Schade, denn die zwölf Meter hohe Christusstatue habe ich bisher nur aus der Ferne gesehen. dafür nehme ich lieber einen Kaffee in einer Cafeteria am Plaza de la Constitutión, lese etwas und verfolge eine Fußballübertragung. Sportliche Hauptmeldung ist heute der Trainerwechsel bei Real Madrid, Zinedine Zidane hat das verantwortungsvolle Amt angetreten. Zurück im Hotel zappe ich durch die Sender. Auf einem Programm wird „Paulas Traum“ von Lilly Schönauer gezeigt, synchronisiert in spanischer Sprache.
Für die Heimfahrt nach Bilbao entscheide ich mich für einen Bus, es kostet etwas mehr, ist aber doppelt so schnell wie der Zug. Am Pesa-Schalter sehe ich, dass es auch Direktbusse zum Flughafen Bilbao gibt, wenn ich das vorher gewusst hätte. Zurück in Bilbao nehme ich die Metro bis zur Station Casco Viejo und checke im schon bekannten Hotel ein. Am nächsten Tag fliege ich bis Paris, habe einige Stunden Zeit und fahre bis zur Station Hotel de Ville, um noch einmal Notre Dame die Ehre eines Besuchs zu erweisen. Aber die lange Schlange der Wartenden und die mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten schrecken mich etwas ab und so bestelle ich in einer nahen Brasserie eine Plat du Jour und fahre dann zurück. Glücklicherweise ist der Flughafen Bremen vom Schnee geräumt und dem Weiterflug steht nichts mehr im Wege. Der kleine Junge hinter mir jubelt lauthals, als das Flugzeug abhebt.
Eine schöne, interessante Reise liegt hinter mir - und meinen Pullover habe ich nicht gebraucht.