Brügge
Der Winter ist vergangen und die Frühlingssonne motiviert zum Ausfahren. An einem Freitag im April 1992 fahre ich mit Elisabeth in die Hauptstadt Westflanderns. Organisiert hatten wir vorher nichts, aber es ist auch kein Problem, ein vernünftiges Hotel zu einem akzeptablen Preis in der Innenstadt zu finden. Die nächsten Nächte werden wir in einem Himmelbett schlafen.
Brügge, rund 120.000 Einwohner, ist eine der schönsten Städte Belgiens, sie hat ihr mittelalterliches Altstadtbild erhalten können und nennt interessante Sehenswürdigkeiten ihr Eigen. Einige Kanäle und der Fluss Reye fließen malerisch durch den Ort, durch einen Kanal besteht direkte Verbindung mit Seebrügge und somit zur Nordsee.
Im 13. und 14. Jahrhundert konnte Brügge sich zu einem der bedeutendsten Handelszentren Europas entwickeln, im 15. Jahrhundert erlebte die Stadt ihre Blütezeit. In diesem Teil Belgiens wird flämisch gesprochen. Mir kommt es entgegen, durch zwei Jahre Aufenthalt in den Niederlanden ist mir die Sprache vertrauter als französisch.
Unser erster Spaziergang führt gleich zum Wahrzeichen der Stadt, dem Belfried. Der 83 m hohe Turm im Zentrum am Marktplatz ist weithin sichtbar und ein guter Orientierungspunkt.
Wir steigen die 366 Stufen hinauf und haben einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung.
Anschließend schreiten wir über den Burgplatz und kommen zum Rathaus mit der wunderschönen Fassade. Daneben befindet sich die Basilika des Heiligen Blutes mit der Basiliuskapelle unten und der Heiligblutkapelle oben.
Gegen Mittag steigen wir auf ein Boot und fahren einige Stunden auf den Kanälen entlang durch die Stadt. Auch von hier bieten sich interessante Aussichten auf Brügge und ihre Sehenswürdigkeiten. Immer wieder ergeben sich neue Perspektiven und der Belfried ist meistens im Blickfeld.
Wieder an Land gönnen wir uns eine kurze Pause und kehren in ein Lokal ein. Die Auswahl an Bier ist enorm, selten konnte ich als Gast unter so vielen verschiedenen Sorten wählen.
Anschließend setzen wir unseren Stadtrundgang fort und gehen zunächst zur Liebfrauenkirche (Onze-Lieve-Vrouwe-Kerk), dank ihres 122 m hohen Turmes ist sie leicht zu finden. Im Innenraum befinden sich bedeutende Kunstwerke, so wird u. a. eine Madonna aus weißem Marmor von Michelangelo ausgestellt.
Durch kleine malerische Gassen geht es weiter zum Weingartenplatz und dann über einen Kanal zum Beginenhof. In diesem gestifteten Wohnhof leben heute Benediktinerschwestern.
Auf dem Platz zwischen den kleinen weißen Häuschen stehen hohe Ulmen, unten im Rasen blühen gelbe Osterglocken.
Eine kurze Zeit verweilen wir im Folkloremuseum, wo u. a. ein altes Klassenzimmer mit Schiefertafeln und Rechenmaschine gezeigt wird.
Abends kehren wir wieder in ein gemütliches Restaurant ein und schlendern anschließend
durch die Innenstadt. Viele markante Gebäude werden von Scheinwerfern angestrahlt und spiegeln sich fotogen im Wasser der Kanäle, es ist ein tolles Bild.
Die restlichen Stunden bemühen wir uns, in verschiedenen Biersalons zumindest einen Teil des umfangreichen Sortiments an Gerstensaft kennenzulernen.
Am nächsten Morgen verlassen wir Brügge und sind total begeistert von der Stadt. Noch ein letzter Blick auf eine alte Windmühle am Ortsausgang und schon geht es weiter.
In Seebrügge halten wir kurz an und machen einen kleinen Spaziergang an der Nordsee.
Aber die Sonne hat sich versteckt, es ist trübe und verhangen und nach einer halben Stunde steigen wir wieder ins Auto.
Den letzten Stopp legen wir in Gent ein. Auch diese Stadt hat ihren Belfried, er ist 95 m hoch und liegt an der Tuchhalle. Nachdem wir uns das Wasserschloss angesehen haben, geht es schnurstracks nach Hause.
Brügge lohnt sich, eine Wiederkehr ist wahrscheinlich.