Golf von Neapel
Auf einer früheren Reise erzählten mir zwei Australier unabhängig voneinander, der absolute Höhepunkt ihrer Europareise sei der Besuch der versunkenen Stadt Pompeji gewesen.
Schon war mein Interesse geweckt und der Wunsch, diesen Part von Italien zu besuchen, geboren.
Am 10.03.2002 fliege ich mit der Lufthansa via München nach Neapel und steige im Hotel Cavour an der Piazza Garibaldi ab.
Zum ersten Mal im Euroland, keine fremde Währung mehr, irgendwie langweilig. Ich vermisse das gespannte oder prickelnde Gefühl, das sich bei mir am Tauschschalter oder Geldautomaten im Ausland einschleicht.
Warmes Frühlingswetter empfängt mich, gleich nach der Ankunft beginne ich zu Fuß die nähere Umgebung zu erkunden. Gute Ratschläge hatte man mir mit auf den Weg gegeben, "immer vorsichtig sein, Neapel ist gefährlich, viel Kleinkriminalität". Nichts dergleichen habe ich erlebt, vielleicht gehören die Banden, die mopedfahrend Handtaschen an sich reißen, auch der Vergangenheit an.
Neapel ist eine turbulente laute Stadt mit wunderschönen Plätzen, eigentlich Italien, wie man es sich vorstellt.
Wenn ich einen Polizisten, Busfahrer oder eine andere Person nach dem Weg frage, wird mir immer höflich und freundlich geholfen.
Zur Zeit meines Besuches findet ein Marathonlauf in der Stadt statt. Ein weiterer sportlicher Aspekt verschönert meine Reise. Im Fernsehen, auf der Deutschen Welle, erfahre ich, dass Werder in Nürnberg 3 : 0 gesiegt hat.
Von Neapel aus lassen sich alle umliegenden Inseln und Sorrent per Fähre oder Schnellboot erreichen. Ich mache zunächst eine Tour auf die kleine und relativ unbekannte Insel Procida, alle Schiffe von und nach Ischia legen hier an.
Procida ist nicht überlaufen, sehr romantisch und übersichtlich, vom Hügel hat man einen wundervollen Ausblick auf den Golf von Neapel, den Vesuv und die anderen Inseln. Am Hafen laden gemütliche Restaurants und Trattorias zum Verweilen ein.
Mit der Eisenbahn, der circumvesuviana, fahre ich nach Pompeji. Schon aus dem Zugabteil sieht man riesige Menschengruppen.
In der Stadt, die 79 n.Chr. beim Ausbruch des Vesuvs von Lavamassen verschüttet wurde, verlaufen sich die Mengen und man kann, zumindest an diesem Tag, alles in Ruhe anschauen. Besonders beeindruckt hat mich das Forum, der Apollotempel, der Lupanare (Puff) und das Amphitheater. Man kann wirklich stundenlang herumgehen und die Eindrücke auf sich einwirken lassen. Es ist erstaunlich, welche handwerklichen Fähigkeiten die damaligen Einwohner hatten und wie gut die Substanz teilweise noch erhalten ist. Wandmalereien sind in einem noch sehr guten Zustand zu bewundern, ganz besonders in der Villa der Mysterien.
Auf dem Rückweg steige ich in Ercolano aus, um auch dort die wieder ausgegrabenen aber wesentlich unbekannteren Ruinen zu besichtigen. Die frühere Stadt Herculaneum ist im Vergleich zu Pompeji wesentlich kleiner, der Zustand der Gebäude ist allerdings z. T. besser. Die Besichtigung hier ist wesentlich entspannter, nur einige Besucher verlaufen sich auf dem Areal.
Vom Bahnhof Ercolano fahren Busse auf den Vesuv, leider an diesem Tag nicht mehr, der letzte verlässt die Stadt gegen 12.30, man bietet mir ein Taxi für 60 EURO an, geht mit dem Preis noch herunter, ich beschließe jedoch, diesen Besuch auf einen späteren Tag zu verschieben.
Die Zugfahrt ist sehr schön, fast durchgehend führt die Strecke durch Zitronen- und Orangenhaine.
Drei Nächte Neapel (die letzte Nacht wurde mir, warum auch immer, vom Hotel nicht in Rechnung gestellt) sind genug, mit dem Schnellboot geht es nach Capri. Zusammen mit mir werden in rascher Frequenz aus etlichen Booten und Fähren Hunderte von Touristen an Land gespült. Vorneweg der Leithammel mit Schirm oder sonstigem Kennzeichen, hinterher die Menschen - wie Schafe in der Herde.
Ich suche mir am Hafen in Marina grande ein Quartier mit Blick aufs Mittelmeer und mache mich auf den Weg.
Zuerst mit der Seilbahn hinauf zum Ort Capri. Der zentrale Platz an der Kathedrale quillt über vor Besuchern, dennoch ist es wunderschön. Das Bier, das ich mir in der Mittagssonne gönne, kostet 6 EURO, in Bremen hätte ich etwas mehr als 2 EURO gezahlt.
Trotz der vielen Menschen hat mir Capri gut gefallen, ich mache schöne Spaziergänge, an bestimmten Aussichtspunkten kann man sich an der Umgebung berauschen, einen phantastischen Ausblick hat man in der Nähe der Krupp-Villa.
Ein Ausflug in die Blaue Grotte ist nicht möglich, da zu heftiger Seegang herrscht, man vertröstet mich auf den nächsten Tag.
Abends hat in Marina grande lediglich ein Restaurant geöffnet. Beim Abendessen, wie immer Pasta, Fisch und Wein, treffe ich andere Gäste unseres Hotels.
Die Insel ist abends nicht wieder zu erkennen, idyllische Ruhe, Inselatmosphäre pur.
Als Taxi fungieren meines Erachtens nur Cabriolets, selbst die Minivans haben ein abnehmbares Dach.
Am nächsten Tag, gefrühstückt wurde auf der Dachterrasse des Hotels, geht es zur Blauen Grotte, erst mit dem Motorboot, dann werden wir auf kleine Ruderboote verladen.
Das Innere der Grotte hat mich wenig beeindruckt, wahrscheinlich weil jeder Bootslenker meinte, "o sole mio" singen zu müssen. Wie schön, wie andächtig wäre es ohne diesen Krach gewesen.
Also weiter! Nach 30-minütiger Fahrt mit der Fähre erreiche ich Sorrent. Eine steile Treppe führt hinauf in die Stadt. Nach längerer Zeit und Einschalten einer Hotelvermittlung beziehe ich ein Quartier in der Innenstadt, die Hotelpreise haben es in sich.
Sorrent ist schön gelegen, viel Aufregendes hat die Stadt nicht zu bieten. Ein Ausflug nach Amalfi ist an diesem Tag nicht möglich, die Hauptstraße ist wegen eines Fahrradwettbewerbs gesperrt. Stattdessen fahre ich zurück nach Ercolano, von dort mit dem Bus auf den Vesuv. Die Busfahrt dauert eine knappe Stunde.
Vom Parkplatz aus sind noch etwa 100 Höhenmeter zu bewältigen, am Eingang werden Spazierstöcke angeboten, ich verzichte jedoch. Die Qualen des Bergsteigens werden durch eine wunderbare Aussicht belohnt. Es ist nicht viel los, man kann den Krater etwa halb umgehen, einige Kiosks bieten Souvenirs an, eine Flasche Wasser ist mir wichtiger.
Beim Abstieg traue ich meinen Augen nicht: Hunderte von Menschen, etliche Busladungen kommen mir entgegen, wie gut, dass ich den Besuch des Vulkans schon hinter mir habe. Jetzt verstehe ich auch, warum nachmittags keine Busse aus Ercolano mehr herauffahren, diese Zeit ist den Pauschaltouristen vorbehalten.
Die Plätze auf der rechten Seite sind leider schon besetzt, als ich den Bus nach Amalfi erreiche. Wen wunderts, hat man hier doch die beste Aussicht auf die Amalfi-Küste.
Aber auch auf der linken Seite hat man ausreichend Gelegenheit, die Berge, die Buchten und das türkisfarbene Wasser zu betrachten. Nach etwa einer Stunde erreichen wir Positano, gut 60 Minuten später sind wir in Amalfi.
Der Name Amalfi fasziniert mich, er zergeht auf der Zunge und verbreitet Sehnsucht in mir.
Von Sorrent bis hierher sind es etwa 60 km.
Nach einem kleinen Bummel durch die Stadt, hier treffe ich ein italienisches Ehepaar, das ich auf dem Weg zum Vesuv kennen gelernt habe, nehme ich den Bus nach Ravello.
Ravello liegt oberhalb von Amalfi in den Bergen. Zunächst besuche ich den Rufolo-Garten, wo, lt. Reiseführer, Richard Wagner für die Oper Parsival inspiriert wurde. Die Gartenanlage ist herrlich, zumal die Natur schon weiter fortgeschritten ist als in Deutschland. Der Panoramablick ist überwältigend, man hat die ganze Küstenregion vor sich.
Zu meinem Erstaunen auf einmal ein bekanntes Bild: zwei Türme und eine Pinie, dieses Foto hatte ich auf der Titelseite von zwei Reiseführern gesehen, klar, dass auch ich die Kamera hervorhole. Ein Gartenrestaurant in bester Lage direkt an der Steilküste lädt zum Verweilen ein.
Meinen ursprünglichen Plan, auf dieser Reise auch zu den Liparischen Inseln zu fahren, gebe ich auf, lieber noch einmal nach Pompeji.
Da der letzte Besuch ja erst einige Tage zurückliegt, kann ich mich auf einige wesentliche Dinge konzentrieren und gezielt deren Besichtigung in Angriff nehmen. An diesem Tag ist es wesentlich voller, nach etwa drei Stunden fahre ich zurück.
In Sorrent konzentriere ich mich in erster Linie auf die Restaurants und Bars. Man kann bis spät in die Abendstunden draußen sitzen, Eis essen, einen Campari schlürfen oder den Wein genießen.
Fisch gibt es in allen Variationen, eine Speisekarte mit englischer Übersetzung ist obligatorisch, und so arbeite ich mich dann Stück für Stück durch. Bei Pasta favorisiere ich die pikante Penne arabiata oder Spaghetti mit Meeresfrüchten.
Am Samstagabend ist die Durchgangsstraße für den Autoverkehr gesperrt, ganze Menschenmassen schlendern ungestört entlang, plaudernd, verweilend, ein Eis in der Hand.
Am nächsten Morgen noch ein schnelles Frühstück auf dem Balkon, zu Fuß zum Bahnhof, der Zug zurück nach Neapel ist schon vorgefahren.