Zur Stippvisite nach Holland
Gouda
Zwei Jahre meines Lebens habe ich in den Niederlanden verbracht – und nicht ein Tulpenfeld gesehen. Zwar sind wir in der Zeit von Oktober 1969 bis September 1971 häufig durchs Land gefahren, haben die großen Städte erkundet, die Nordseeküste, Texel, den Osten und den Süden, aber halt nicht die Gegend um Lisse. Nun, im April 2016, scheint mir die Zeit reif zu sein und beschwingt steige ich in mein Auto und fahre dem Königreich entgegen.
Ein Video über diese Reise kann bei YouTube unter
https://www.youtube.com/watch?v=mr05NRo3JWQ
angesehen werden.
Mein erstes Ziel heißt Kinderdijk. Der Ort liegt etwa 15 Kilometer südöstlich von Rotterdam entfernt in der Provinz Südholland. Gern erinnere ich mich an unsere Reise im Jahre 1981, als Elisabeth unbedingt die mir bis dahin noch unbekannten Windmühlen sehen wollte. Damals konnten wir noch am Kanal entlang fahren und die Bauwerke begutachten. Heute jedoch sieht es anders aus. Mein Auto stelle ich auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz ab und sehe, dass für die Besichtigung einiger Exponate, als Museum umfunktioniert, auch Eintritt erhoben wird. Ein Spaziergang jedoch ist kostenlos und, um es vorweg zu nehmen, sehr angenehm. Heute habe ich großes Glück mit dem Wetter, die Sonne meint es gut und so gehe ich die Wege entlang, steige hin und wieder über einen kleinen Steg, lausche dem Froschgequake und erfreue mich an den Mühlen.
Mittlerweile sind es 19 an der Zahl, 1981, so meine ich mich zu erinnern, gab es nur drei. Die aus dem 18. Jahrhundert stammenden und sehr gut erhaltenen Windmühlen gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sie sind teils rund, teils achteckig und einige werden privat bewohnt, andere sind, wie oben beschrieben, zum Museum ausgebaut. Sie wurden nicht gebaut um Korn zu mahlen, sondern um das Land zu entwässern, um die feuchte Polderlandschaft am Kinderdijk für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Das Wasser wurde damals aus der Erde gepumpt und in den höheren Wasserverlauf der Lek geleitet.
Nun geht es in nördlicher Richtung weiter und mit der Fähre über den Fluss Lek zum Ort Krimpen aan de Lek, dann auf normalen Straßen weiter nach Gouda. Morgens hatte mich noch eine Mitarbeiterin von Booking.com angerufen und mitgeteilt, dass meine Reservierung aus Krankheitsgründen abgesagt werden musste, man sich aber um ein anderes Hotel bemühe und eine mögliche Preisdifferenz übernehmen würde. Im „Logement de Keizers Kroon“ werde ich nunmehr die nächste Nacht verbringen.
Die Unterkunft liegt zentral in der Innenstadt und so brauche ich nur ein paar Minuten, um zum Markt zu gelangen. Hier gönne ich mir endlich einmal wieder eine Frikandel spezial, ein in den Niederlanden gern gegessenes frittiertes Wurstgericht mit pikantem Topping. Es gibt bestimmt gesundere Speisen, aber wenn man schon mal im Lande ist …
Gesättigt widme ich mich nun der historischen Innenstadt mit der jahrhundertealten Geschichte. Das 1450 fertig gestellte Alte Rathaus ist eine Augenweide. Es ist freistehend gebaut, da der Vorgänger durch einen Großbrand zerstört wurde. Einer Tafel entnehme ich, dass es sich bei diesem Gebäude um eines der ältesten gotischen Stadthuisen handelt. Leider kann es heute nicht mehr besichtigt werden und so komme ich nicht in den Genuss, den Trausaal oder das Bürgermeisterzimmer zu erleben.
In absoluter Nähe zum Rathaus steht die Goudse Waag, das Waagehaus. Früher wurde hier der Käse gewogen, heute befindet sich an dieser Stelle die Touristeninformation und ein Käse- und Handwerksmuseum. Ein weiterer Blickfang ist die St. Janskerk, die mit 123 Metern längste Kirche des Landes, berühmt für ihre Kirchenfenster mit biblischen Szenen. In einer Cafeteria, der Gewoon Gouds Terrras, unter freiem Himmel mit Blick auf die Stadtwaage, lege ich eine kleine Pause ein und bestelle mir einen Uitsmijter, den hier üblichen Strammen Max mit Kochschinken.
Die Stadt Gouda zählt etwa 70.000 Einwohner und liegt ebenfalls in Südholland. Besonders bekannt ist der von April bis September an einem Donnerstag stattfindende Käsemarkt. Nur fällt der Tag in dieser Woche auf Himmelfahrt und der Markt aus. Ich kann es verschmerzen, denn 1981 waren wir ebenfalls in der Stadt und konnten diesem Spektakel beiwohnen. Die restlichen Stunden halte ich mich im „Kamphuisen“ auf, erhole mich und verarbeite das Gesehene.