Karte
Bilder
Bernsteinmuseum in Königsberg

Bernsteinmuseum in Königsberg

Königsberg und Baltikum

eine Reise in die deutsche Vergangenheit

Nach Königsberg

Ein Bericht in einem Reisemagazin über alte Hansestädte weckte mein Interesse an der folgenden Reise, die ich im September 1999 antrete.

An einem heißen Sonntag, es sind bestimmt an die 30 Grad, setzt sich der Linienbus Bremen - Königsberg gegen 17.oo h in Bewegung. Am ZOB Bremen warten noch diverse andere Busse auf die Abfahrt ins osteuropäische Ausland. Zunächst sind wir zwei Passagiere und drei russische Fahrer, in Hamburg kommen weitere 15 Fahrgäste hinzu, alles Russen, ich bin der einzige deutsche Mitfahrer.

Kurz nach Mitternacht erreichen wir bei Frankfurt/Oder die polnische Grenze. Etwa eine Stunde dauert die Grenzprozedur, neben uns müssen einige Autofahrer den Kofferraum öffnen. Die Grenzbeamtin auf der deutschen Seite kennt leider nicht die Bundesliga-Ergebnisse, später lese ich im Internet, dass Werder Bremen gegen Kaiserslautern hoch gewonnen hat. Im Bus werden permanent Videos a la Bruce Lee gezeigt, ich ziehe es vor, in meinem Buch zu lesen.

8.15 h ist es, als wir die russische Grenze passieren und in die Königsberger Oblast fahren. Die Formalitäten dauern wieder gut eine Stunde, wir müssen eine Zolldeklaration ausfüllen. Ein Visum hatte ich mir schon vorher besorgt, d. h. zwei Visa für Russland hatte ich vor Wochen beantragt, das zweite ist später für den Übergang Estland/St. Petersburg nötig. Noch 50 km bis Königsberg, der früheren Hauptstadt von Ostpreußen oder auch der damals östlichsten deutschen Metropole.

Königsberg bzw. Kaliningrad, die Reiseführer verfallen bei der Beschreibung nicht unbedingt in Euphorie. Das Hotel Baltica hatte ich bereits in Deutschland gebucht, ein Taxi bringt mich dort hin. Es dauert und dauert, die Innenstadt liegt schon lange hinter uns, einige Zweifel an der Redlichkeit des Taxifahrers beschleichen mich, was hat man nicht alles schon gehört und gelesen, dann, endlich, sind wir da.

Die Dame am Empfang spricht sehr gut deutsch, ich checke ein und tausche, 1 DM = 11 Rubel.

Nach kurzer Pause bestelle ich ein Taxi und fahre in die Innenstadt, besichtige den Dom, der gerade restauriert wird, und mache einen langen Spaziergang am Pregel entlang. Geradezu entsetzt bin ich beim Anblick des "Haus der Räte", das auf dem Fundament des alten Stadtschlosses gebaut, aber nicht vollendet wurde. Angeblich, so lese ich Jahre später, wird das legendäre Bernsteinzimmer in den nicht mehr zugänglichen Kellerräumen vermutet, zumindest ist dieses eine von mehreren Thesen. Der Straßenzustand ist schlecht, besonders unangenehm ist das Überqueren von Straßenbahnschienen, da sie nicht in die Pflasterung eingebettet sind.

Abends esse ich Königsberger Klopse, sie sind ganz lecker, aber mit unseren nicht zu vergleichen. Als Getränk wähle ich Ostmark-Bier.

Im Hotel ist nicht sehr viel los, bei den Gästen handelt es sich überwiegend um Deutsche jenseits der 60. Ein Balalaika-Orchester vermittelt die richtige Stimmung.

Bei der nächsten Fahrt in die Innenstadt werde ich von einem "alten" Bekannten chauffiert, am Ankunftstag hatten wir schon einmal das Vergnügen. Er klopft an meine Hoteltür, stellt sich als Mitglied der Taxi-Brigade vor und will den Tagesablauf mit mir planen. Eine Stunde kostet 15,-- DM.

Wir fahren zunächst zum Südbahnhof und erwerben für den nächsten Tag ein Busticket nach Klaipeda. Anschließend geht es zum Dohna -Turm, in dem das Bernsteinmuseum untergebracht ist.

Ich halte mich eine gute Stunde auf und spaziere dann am Schlossteich entlang zur Universität. Hier, am Kant-Denkmal auf dem Uni-Gelände, das von der Zeit - Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff gestiftet wurde, bin ich mit dem Taxifahrer verabredet. Mein Vorschlag, uns in einem zentralen Hotel zu treffen, wurde nicht akzeptiert, angeblich herrscht dort die Mafia.

Jurij Jakovlev, mein Fahrer, spricht halbwegs deutsch und entwickelt sich zu einem perfekten Stadtführer. Ich frage nach der Hufenallee, hier wurde Herr Seddig, mein Chef, geboren. Sofort wird ein Stadtplan aus den 30er Jahren gezückt. Wir erkennen, dass diese Allee nunmehr ein Teilstück des Mira-Prospekts ist, zwischen Theater und Luisenkirche. Die Kirche wird heute als Puppentheater genutzt. Wir besichtigen einen deutschen Friedhof, die Grabsteine mit deutschen Namen wurden entfernt.

Jurij ist sehr kundig, er versucht eindrucksvoll, mir seine Stadt näher zu bringen, mir die Vorstellung zu geben, wie schön Königsberg früher gewesen sein muss.

Einige alte Schilder sind noch lesbar, so z.B. das der früheren Kreuzapotheke. Unsere Fahrt geht weiter am Königstor vorbei zum Sackheimer Tor, an der ehemaligen Reichsstraße 1 gelegen.

Auf dem Weg zum Hotel kommen wir noch an einer Straßensperre vorbei, es wird kontrolliert, ob bewaffnete Bürger aus dem Kaukasus unterwegs oder ob Bernsteinschmuggler auf dem Weg nach Litauen sind.

Am nächsten Morgen bringt mich ein anderer Fahrer zum Bahnhof, auf seiner Mütze steht "Sportverein Hannover-Limmer".

Es sind etwa 160 km bis Klaipeda, dem früheren Memel. Ein Zaun zeigt uns den Beginn der Kurischen Nehrung. Das Wetter ist schön, ein sonniger Herbsttag, auf der Straße ist wenig los. Nach zwei Stunden Busfahrt erreichen wir die Grenze. Die Abfertigung auf russischer Seite dauert 30 Minuten, auf litauischer Seite schaffen wir es in der halben Zeit. Wir müssen das gesamte Gepäck aufnehmen und durchleuchten lassen.

Reisebericht bewerten (bisher 57 Stimmen)