Königsberg und Baltikum
Tallin
Mit dem Autobus fahre ich dem nächsten Ziel entgegen, es sind etwa 315 km bis Tallin, früher Reval.
Die Lektüre passt bestens, ich lese "Verwehte Blätter" von Camilla von Stackelberg, gerade jetzt handelt das Buch von Riga und Reval.
Es werden einige Pausen eingelegt, die Toiletten sollte man nur aufsuchen, wenn es nicht mehr anders geht. Zwei Löcher in der Erde und bestialischer Gestank.
An der Grenze müssen wir 30 Minuten warten, kontrolliert wird nur auf estnischer Seite. Ein Japaner muss den Bus verlassen, sein Visum ist abgelaufen. Deutsche benötigen seit dem Frühjahr 1999 kein Visum mehr für den Besuch der baltischen Länder.
Die Holzhäuser in den Ortschaften, die auf unserem Weg liegen, könnten einen Farbanstrich vertragen.
In Tallin angekommen fährt der Bus erst zur Helsinki-Fähre, dann zur Stockholm-Fähre, zum Schluss zum Busbahnhof.
Mit dem Taxi fahre ich zum Hotel Mihkli, tausche Geld, um den Taxifahrer bezahlen zu können. Mein restliches lettisches Geld wird leider nicht angenommen bzw. umgetauscht. Der Zimmerpreis schliesst Frühstück und Sauna am Vormittag mit ein.
Beim Abendessen im Hotelrestaurant wird die Vor- und Hauptspeise zu meiner Verwunderung zeitgleich serviert. Beim Zimmerfernsehen kann man unter verschiedenen Kanälen wählen, sogar ein kostenloses Pornoprogramm ist eingespeist.
Bei herrlichem Sonnenschein spaziere ich ins Zentrum. Es zieht mich sofort auf den Domberg und ich bin fasziniert. "Kiek in de Kök" -ein alter Kanonenturm-, die russische Kathedrale mit den schönen Zwiebeltürmen, der lange Hermann oder Pik Hermann, das Schloss, die alten Stadtmauern, die grandiose Aussicht, einfach wunderschön!
Nach einer Bierpause auf dem Rathausplatz geht es weiter zu den alten Gildehäusern, zur Dicken Margarete, vorbei an der Olevistekirche mit dem imposanten Turm, den die Seefahrer von weitem erblicken und sich somit besser orientieren können.
Im Vergleich zu Riga gibt es in Tallin nicht die drei Brüder, sondern das Drei-Schwestern-Haus, ich laufe allerdings erst an dem Ensemble vorbei und bemerke es nicht.
Im Staatsarchiv befindet sich ein Internetcafe.
In der Rathausumgebung sieht man eine Reihe schöner Restaurants, um das leibliche Wohl braucht man sich nicht zu sorgen. In einem Lokal findet eine Folklore-Aufführung statt, die Gästeschar besteht ausschließlich aus Japanern.
Mein Zahn macht mir doch mehr und mehr zu schaffen, also gehe ich in die Zahnarztpraxis in meinem Hotel. Die Zahnärztin erkennt gleich, dass Nerven bloßliegen, gibt mir eine Spritze, dreht die Nerven heraus und verschließt den Zahn wieder.
Die Einrichtung ist etwas altmodisch, die Ärztin erschien mir sehr kompetent, sie arbeitet mit Mundschutz jedoch ohne Handschuhe. Unter dem Spucknapf ist ein Sieb, in dem alle Behandlungs- und Zahnreste aufgefangen werden, nicht jedermanns Sache. Beim Bezahlen bin ich angenehm überrascht, es sind lediglich DM 38,--fällig, sehr akzeptabel.
Mit dem Bus fahre ich ins benachbarte Pirita, zurück gehe ich zu Fuß an der Ostsee entlang, immer das schöne Panorama von Tallin vor Augen. In der Höhe des Sängertheaters hält ein amerikanischer Straßenkreuzer an, ein Brautpaar entsteigt und lässt sich mit der Ostsee im Hintergrund fotografieren.
Im Cotton-Club spielt eine Liveband, sie sagt mir aber nicht sonderlich zu. Leider gibt es keine Theke und ich habe Probleme, Kontakt zu den anderen Gästen herzustellen.