Mandelblüte auf Mallorca
Mit einer für Ryanair eigentlich unüblichen Verspätung von etwa einer Stunde heben wir vom Bremen Airport Hans Koschnick ab, um nach gut zweistündigem Flug in Palma zu landen. Es hat geregnet und dicke Wasserpfützen machen sich auf der Start- und Landebahn breit. Schwere Wolken bedecken den Himmel und das Thermometer zeigt lausige sieben Grad an.
Ein Shuttle bringt mich zur Click & Rent Station in Can Pastilla. Es herrscht ein großes Gedränge und jeder Mieter muss, wie bei der Behörde, eine Wartemarke ziehen. Endlich bin ich an der Reihe und ein paar Momente später erhalte ich den Schlüssel und steige erwartungsvoll in meinen vor Wochen im Internet reservierten Ford Fiesta. Gut eine Viertelstunde später ist das Hotel „Amic Colón“ im Zentrum von Palma erreicht – und dann beginnt die quälende Parkplatzsuche. Es gibt einfach zu viele Autos in der mallorquinischen Hauptstadt. Doch irgendwann habe ich Glück, stelle das Fahrzeug ab und checke ein. Die Rezeptionistin meint, zwischen 20:00 Uhr abends und 8:00 Uhr morgens ist das Parken kostenlos. Leider muss ich mich wohl verhört haben, denn ich denke, dass bereits ab 18:00 Uhr keine Gebühr mehr erhoben wird und pünktlich um 18:40 Uhr schmückt ein Bon der Obrigkeit meine Windschutzscheibe. Innerhalb der nächsten 20 Tage sind 30,- Euro fällig, danach kostet der Spaß 60,- Euro.
Mit einem Hotelregenschirm ausgestattet, mache ich mich nachmittags auf den Weg in die Innenstadt. Bisher hatte ich Palma zweimal besucht, aber stets bei besserem Wetter. So schlendere ich durch die Gassen und konstatiere, dass viele Geschäfte, die sich dem Tourismus verschrieben haben, geschlossen sind. Am Rathaus vorbei erreiche ich dann die vielleicht größte oder bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt, die Kathedrale der heiligen Maria, oder einfach La Seu, wie sie von den Einheimischen genannt wird. Seit Jahrhunderten auch Bischofssitz, gehört sie zu den fünf schönsten Kirchen Spaniens. Der weite Innenraum wird von 14 Säulen dominiert. Neun Glocken aus fünf Jahrhunderten, darunter vier aus dem Jahr 1312, gehören zum Bestand. Gut, dass ich bei meinen vorherigen Besuchen Gelegenheit hatte, La Seu von innen zu besichtigen, denn heute ist sie bereits geschlossen.
Es regnet immer noch, als ich meinen Spaziergang fortsetze. Gleich neben der Kathedrale erhebt sich der Palau de l´Almudaina. Der frühere arabische Alkazar bzw. Palast der Könige ist heute offizieller Amtssitz des spanischen Königs. Gegen Abend lege ich eine Pause in der Tapasbar „Es Suqet“ ein, esse ein paar der köstlichen Kleinigkeiten und trinke einen trockenen Rotwein. Später halte ich mich ebenfalls in dieser Gegend auf, mein Hotel ist nicht weit entfernt und das gastronomische Angebot mehr als in Ordnung.
Am nächsten Morgen hat sich der Regen leider immer noch nicht verzogen. Zunächst fahre ich bis Valldemossa und stelle mit Bestürzung fest, dass die meisten Mandelbäume bereits verblüht sind. Bei einigen sind noch ein paar Restblüten zu erkennen, die meisten jedoch haben schon ihr grünes Kleid angezogen. Dabei habe ich in verschiedenen Reiseführern, in der Zeitung und im Internet gelesen, dass die Mandelbaumblüte in der Zeit von Ende Januar bis Anfang März zu bewundern ist – und heute schreiben wir den 23. Februar. Wenn ich das gewusst hätte …
Der Regen hat etwas nachgelassen, als ich in Valldemossa eine Bar zum Frühstücken ansteuere. Die Dame des Hauses ist sichtlich bemüht, ihren einzigen Touristen zufrieden zu stellen, und es schmeckt wirklich vorzüglich, Anschließend wandere ich durch den Ort und besichtige die Kartause bzw. das Kartäuserkloster aus dem Mittelalter. Ein paar Reisegruppen aus Deutschland, zumeist im Rentenalter, sind ebenfalls unterwegs.
Am späten Vormittag geht es weiter in Richtung Deia und dann, ich könnte jubeln, sehe ich doch noch die begehrte Pracht. Rechts und links der Straße befinden sich Wiesen mit in voller Blüte stehenden Mandelbäumen. Ein wunderschönes harmonisches Bild. Zwei Esel und eine Schafherde beäugen mich argwöhnisch, als ich versuche, meine Kamera durch den Maschendrahtzaun zu schieben. Aber auch das Landschaftspanorama bei Deia ist einzigartig, ich lege etliche Fotopausen ein und lasse mich von der schönen und interessanten Gegend gefangen nehmen.
Auf der Weiterfahrt über nicht enden wollende Serpentinen komme ich an riesigen Olivenhainen vorbei und sehe zahlreiche Orangen- und Zitronenbäume, mit reifen Früchten dick behangen. Radfahrer in passendem Outfit kommen mir auf dieser Strecke häufig entgegen. In Sóller angekommen bleibe ich zunächst im Auto, denn Petrus hat seine Schleusen wieder vollständig geöffnet. Einen kurzen Blick kann ich auf die bekannte historische Straßenbahn werfen. In Port de Sóller, etwa fünf Kilometer vom Hauptort entfernt, steige ich aus dem Auto und gehe ein paar Minuten an den Strand, jeder trockene Moment muss schließlich gut genutzt werden.
Nachmittags bessert sich das Wetter und selbst die Sonne lässt sich so dann und wann blicken. In Banyalbufar wundere ich mich über die schöne Terrassenlandschaft. Ein paar Kilometer weiter habe ich wieder einen wunderbaren Blick auf die Mittelmeerküste. Ein paar Interessierte klettern auf dem Torre des Verger herum. Der auch Torre oder Mirador des seis Animes genannte Aussichtspunkt diente früher als Wachturm. Über Andratx, wo ich noch einmal Gelegenheit habe, verblühte Mandelbäume zu fotografieren, geht es nach Hause. Nachdem ich eine Viertelstunde vergeblich einen Parkplatz gesucht habe fahre ich ins nächste Parkhaus. Es ist nicht so weit vom Hotel entfernt. Nun noch ein paar Gläser Wein in der schon bekannten Bar „Es Suqet“, heute werde ich schon mit Handschlag begrüßt, und dann ist auch dieser Tag erfolgreich beendet. Etwas weniger Stücke von „Modern Talking“ hätten die Anwesenheit noch angenehmer gestaltet. Abendessen braucht heute nicht bestellt zu werden, denn zu jedem Glas Rioja werden mir Tapas gereicht.
Am Samstagmorgen begrüßt mich heller und warmer Sonnenschein. Ich hole mein Auto aus der Tiefgarage, zahle missmutig 22,45 Euro Parkgebühr und orientiere mich dann in östlicher Richtung. Eine Nachbarin riet mir, unbedingt den Ort Cala Figuera zu besuchen. Dieser Empfehlung folge ich gern, denn den Osten der Insel kenne ich bisher nicht. Im Zentrum von Campos frühstücke ich draußen an der frischen Luft und freue mich, dass Petrus nun doch noch ein Einsehen hat. Da ich gelesen habe, dass sich in der Gegend von Santanyi und Felanitx ebenfalls zahlreiche Mandelbäume befinden, mache ich einen Abstecher und erlebe dann doch nur noch, wie auch meistens bisher, verblühte Exemplare, aber ich hatte ja wenigstens einmal das Erfolgserlebnis. Kurze Zeit verweile ich am Strand von Cala Figuera und Cala d`Or und bin zumeist einziger Besucher, trotz des warmen Sonnenwetters. Die Saison hat halt noch nicht begonnen und für die einheimischen Strandlokale scheint sich eine Öffnung wohl noch nicht zu rechnen. Gern hätte ich, mit Blick auf das blaue Meer, ein Glas Wein getrunken und ein paar Meeresfrüchte gegessen. Das hole ich auf der Rückfahrt, wiederum auf einer Placa in Campos, nach. Das Thermometer hat die 17 Grad-Marke erreicht. Am frühen Abend erreiche ich Can Pastilla, gebe mein Auto ab und fahre mit dem Bus Nr. 1 zurück ins Zentrum.
Da in der Umgebung meines Hotels kein deutscher Fußball im Fernsehen angeboten wird, lege ich mich aufs Bett, schalte meinen Laptop ein und verfolge das Spiel Werder gegen den HSV mittels Lifeticker. Bremen hat bekanntlich gewonnen und so verlebe ich den letzten Abend auf den Balearen in bester Stimmung und Laune. Morgen geht es mit dem Taxi zum Flughafen – und es ist sogar preiswerter, als wenn ich mein Auto noch eine Nacht länger in der Tiefgarage geparkt hätte. Im Airport lese ich, dass hier jährlich 23 Millionen Passagiere landen, darunter 95 Prozent Touristen – das muss man sich mal vorstellen …