Rimini und Bella Roma
Rom
Vom Bahnhof Termini ist es nicht weit bis zum Hotel "Harmony", das ich ebenfalls im Internet reserviert hatte. Leider ist im Zimmer zwar ein Safe, aber keine Aircondition vorhanden. Ich signalisiere dem Portier, dass ich womöglich ab morgen eine andere Unterkunft favorisiere. Aber, um es vorweg zu nehmen, ich habe nicht gewechselt, nachts konnte ich das Fenster öffnen, gut durchlüften und ordentlich schlafen, außerdem war der morgens Dienst habende Portier so kompetent, hilfreich und freundlich, dass mir ein Wechsel des Hauses wie ein Verrat vorgekommen wäre.
Die Hauptstadt Italiens hatte ich bisher einmal besucht, im Dezember 1986 war ich hier mit Wilfried für einige Tage. Damals haben wir auch in der Nähe des Hauptbahnhofs gewohnt. Rund 2,7 Einwohner leben in der Ewigen Stadt, die bekanntlich auf sieben Hügeln erbaut wurde.
Zu Fuß mache ich mich auf den Weg und ich muss gestehen, es kommt mir so gut wie nichts mehr bekannt vor, so muss ich einige Male auf die Karte sehen, bevor ich die Piazza Venezia erreiche und den weißen Marmorbau "Monumentale Nazionale a Vittorio Emanuele II", das Denkmal für König Viktor Emanuell II., vor Augen habe. Ich erinnere mich, dass wir 1986 Probleme hatten, dieses interessante Gebäude im Reiseführer zu bestimmen.
Nun ist es nicht mehr weit bis zum Forum Romanum, schon ein paar Schritte weiter hat man einen optimalen Blick auf das Zentrum der antiken Welt. Im Gegensatz zu früher ist heute Eintritt zu entrichten. Ein französisch sprechender Mann entrüstet sich lautstark, dass es nur Tickets in Kombination mit dem Besuch des Kolosseums gibt. Nachdem er überhaupt nicht gewillt ist, die Erklärungen der sachlich reagierenden Mitarbeiterin anzunehmen, mische ich mich ein und erkläre ihm, ebenfalls lautstark, dass die Dame an der Kasse doch nicht für die Bedingungen verantwortlich sei.
Eine Beschreibung der historisch interessanten Säulen, Ruinen etc. versage ich mir, das ist in den umfangreich vorhandenen Reiseführern viel besser nachzulesen. Begehrtes Fotomotiv ist der Titusbogen. Besuchermagnet ist auch der Palatino, wo früher die Imperatoren in ihren Kaiservillen residierten und wo, der Sage nach, Romulus das Zeichen erhielt und Herrscher von Rom wurde.
Mit dem Bau des Kolosseum wurde 72 nach Christus begonnen. Es war das größte Theater der römischen Welt, über 50.000 Zuschauer fanden Platz, um Zeuge der Gladiatorenkämpfe und der Tierhetze zu sein. Ein Sonnensegel konnte sie früher vor der Sonne schützen und Schatten spenden. Vor dem Kolosseum findet man den Konstantinbogen, ein Denkmal aus der Spätantike. Ein Brautpaar lässt sich mit dem Bogen im Hintergrund fotografieren.
Mein nächstes Ziel heißt Spanische Treppe. Der Weg dorthin stellt kein Problem dar, einfach mit der U-Bahn zur Station "Spagna" fahren und dann ein paar Schritte gehen. Das Metronetz gefällt mir, viele für Touristen interessante Ziele können mit diesem Verkehrsmittel erreicht werden und es ist auch gar nicht teuer. Eine einfache Fahrt kostet 1,- Euro, für die Tageskarte werden 4,- Euro verlangt, das Streckennetz wird derzeit erweitert.
Die Treppe unter der Kirche Trinità dei Monti war früher ein Treffpunkt der internationalen Jugendszene. Es wurde getrunken und gehascht, heute geht es gesitteter zu. Dennoch sollte ein Besuch dieses Wahrzeichens der Stadt nicht fehlen, die Treppe, der Brunnen, der Obelisk und die Kirche im Hintergrund ergeben ein schönes Bild.
Dann fahre ich mit der Metro zurück zum Bahnhof Termini und erhole mich in einem Straßenrestaurant in Sichtweite zum Hotel von den Strapazen. Kurz darauf stellen sich weitere Gäste ein. Es handelt sich um Mitarbeiter der Landessparkasse zu Oldenburg, wir kommen ins Gespräch und stellen mit großer Überraschung fest, dass wir durchaus gemeinsame Bekannte haben. Die Banker arbeiten in verschiedenen Filialen und sind häufiger in dieser Runde unterwegs. Neue Gäste werden vom Kellner immer nach dem Heimatland gefragt und er antwortet in steter Regelmäßigkeit, dass er dort eine Freundin habe, so erlebt bei den Oldenburgern und spät abends noch bei Amerikanern und einem Ehepaar aus Nordirland. Die Frau aus Belfast stellt ihn daraufhin zur Rede und er zuckt nur lakonisch mit den Schultern.
Es ist schon dunkel, als ich mich wiederum auf den Weg mache und mit der Metro zur Fontana di Trevi, zum Trevibrunnen, fahre. Viele Menschen müssen wohl denselben Gedanken gehabt haben, denn ich habe Mühe, an die Brüstung zu gelangen, um wenigstens ein paar Bilder ohne Zuschauer aufnehmen zu können, hier ist wirklich was los. Aber das Wasserschauspiel im Scheinwerferlicht ist tatsächlich sehenswert und lohnend. Allerdings verkneife ich es mir, eine Münze rückwärts über die Schulter in das Wasser zu werfen, angeblich wird jeder nach Rom zurückkehren, der einen solchen Obolus entrichtet hat. Bei diesem wohl berühmtesten Brunnen der Stadt wird dargestellt, wie der Meeresgott Neptun von Seepferden und Tritonen durch einen Triumphbogen gezogen wird. Einige Männer stellen sich als römische Krieger verkleidet für ein Foto in Pose, doch das aus dem Umhang scheinende Handy passt so gar nicht zum Outfit.
Bevor ich ins Hotel gehe, halte ich noch einmal bei dem schon bekannten Ristorante an, fast alle Stühle auf dem Bürgersteig sind besetzt und der Kellner hat alle Hände voll zu tun. Längere Zeit unterhalte ich mich mit einem Paar aus Toronto, das auch schon in Deutschland war. Barry ist in der IT-Branche tätig und lobt deutsche Autos, SAP und deutsche Software. Später gesellt sich noch die schon genannte Familie aus Belfast zu uns und es bleibt nicht bei einem Glas Wein.
Der Portier empfiehlt mir am nächsten Morgen, den Bus Nr. 62 zu nehmen, er fährt angeblich in die Nähe aller bekannten Sehenswürdigkeiten. Diesen Rat befolge ich gern und es stimmt, man muss zwar häufig ein paar Schritte gehen, aber was macht das schon.
Zunächst fahre ich noch einmal zum Trevibrunnen. Jetzt am frühen Vormittag ist es hier doch ruhiger. Dann steige ich wieder in den Bus und begebe mich zum nächsten bekannten Brunnen, zur Fontana dei quattro Fiumi (Vier-Flüsse-Brunnen) auf der Piazza Navona, dem wohl interessantesten Platz der Stadt. Berninis Kunstwerk stellt die größten Ströme der damals bekannten Erdteile in Götterfiguren dar: Nil, Donau, Rio de la Plata und Ganges. Ein Obelisk thront über dem Ensemble. Weitere schöne Brunnen sind auf der Piazza angesiedelt.
Ein paar Straßen weiter kommt die nächste Sehenswürdigkeit, das Pantheon an der Piazza della Rotonda. Dieser einzig erhaltene Kuppelbau der Antike wurde 27 v. Chr. erbaut. Vor dem Rundbau beeindrucken mich die riesigen Säulen, die die Vorhalle des Tempels stützen.
Dann geht es im Bus weiter über den Tiber bis zum Vatikan. Ich mache ein paar Bilder vom Petersplatz, von seinen ebenfalls von Bernini konzipierten Kollonaden und vom Petersdom und wandere dann zur Engelsburg, die durch einen Gang mit dem Vatikan verbunden ist. Päpstliche Prunkräume aber auch dunkle Gefängniszellen sind hinter den dicken Mauern verborgen.
Der Kapitolsplatz ist mein nächstes Ziel. Er wurde von Michelangelo entworfen, an den Seiten befinden sich der Konservatorenpalast und das Kapitolinische Museum, in der Mitte steht ein Reiterstandbild von Kaiser Marc Aurel. Die Aussicht auf das Forum Romanum ist von hier oben, dem Haupthügel Roms, phantastisch.
Auf dem Weg ins Hotel möchte ich gern einen Blick ins Internet werfen, aber man verlangt, meinen Personalausweis zu sehen – und der ist sicher im Hotelsafe eingeschlossen. Beim nächsten Café habe ich mehr Glück und kann einige Grüße versenden.
Abends folge ich der Empfehlung im Reiseführer und fahre etwas außerhalb zum Monte Testaccio, angeblich ein Szenetreff. Ich sehe zwar einige Bars und Restaurants, nur, sie haben geschlossen, und das am Samstagabend. Irgendwann wird es mir zu bunt und ich fahre zurück. Am Circo Massimo steige ich aus und sehe mir vor Einbruch der Dunkelheit die antike Rennbahn an.
Am nächsten Morgen stehe ich rechtzeitig auf und fahre wieder zum Vatikan, möglicherweise ist sonntags der Papst zu sehen. Aber es ist ein solches Treiben auf dem Petersplatz, dass ich nur kurze Zeit bleibe. Die Schlange vor dem Eingang zur Kirche ist riesig und ich habe partout keine Lust, stundenlang auf Einlass zu warten. Plötzlich höre ich eine bekannte Stimme, es ist die des Papstes. Seine Andacht wird auf riesigen Bildschirmen übertragen. Aber dann gehe ich lieber einer anderen Empfehlung für Sonntage nach und schaue mir die Via Appia Antica an, die an diesem Tag nicht vom Berufsverkehr überfüllt, sondern für Autos gesperrt ist.
Der schon erwähnte freundliche Portier hatte mir aufgeschrieben, dass ich bis zur Kirche S. Giovanni in Laterano fahre, die ich unbedingt besichtigen sollte, und dort in den Bus 218 umsteige. Gesagt, getan. Kurze Zeit später betrete ich das Gotteshaus und gehe durch den Licht durchfluteten Säulengang in den Innenraum. Es handelt sich um eine der ältesten christlichen Kirchen Roms und ehemalige Papstresidenz. In dieser Basilika sollen die Schädel der Apostel Paulus und Petrus aufbewahrt sein. Die vergoldete Kassettendecke hat mich sehr beeindruckt.
Der Bus wartet schon und setzt sich Minuten später langsam in Bewegung. Die Via Appia Antica ist schnell erreicht und ich staune über die gute Beschaffenheit dieser vor über 2.300 Jahren angelegten und von hohen Mauern gesäumten altrömischen Staatsstraße. Einige Mitreisende raten mir, beim 2. Meilenstein auszusteigen, da sich in unmittelbarer Nähe die San Callisto Katakomben befinden.
Eine individuelle Besichtigung der Gräber ist nicht möglich und so warte ich auf die nächste Führung, die gruppenweise in über fünf Sprachen stattfindet. Das gesamte Areal erstreckt sich auf mehr als 15 ha, die Beisetzung der Toten erfolgte in mehreren Stockwerken. Um keinen Verwesungsgeruch aufkommen zu lassen, wurden Tücher über die Leichen gelegt und darauf Kalk gestreut. Die ältesten Gräber stammen aus dem 2. Jahrhundert, viele Kinder wurden in diesen Katakomben beerdigt. Bis heute hat man etwa 150.000 Grabkammern frei gelegt, einige Wandmalereien sind noch schwach zu erkennen. Auf einer Entfernung von rd. 20 km wurden in diesem Gebiet etwa 60 Katakomben entdeckt.
Auf dem Weg zum Hotel lege ich noch eine Pause auf der Piazza della Repubblica ein und trinke einen Caffè, ambulante Händler bieten Fotostative in unterschiedlicher Länge an. Abends wird im Fernsehen eine Derrick-Folge gezeigt.
Der letzte Tag steht ganz im Zeichen des Vatikans. Die Schlange vor dem Petersdom ist übersichtlich und so stelle ich mich an und fahre, zunächst mit dem Fahrstuhl, zur Kuppel hinauf, eines von Michelangelos Meisterwerken. Von hier oben ergibt sich ein herrlicher Blick auf das Innere des Petersdoms, einen besonders guten Blick hat man auf den Papstaltar. Dann folgen schweißtreibende Stufen auf die Spitze und endlich erschließt sich Rom aus der Vogelperspektive, die Aussicht ist grandios und das Panorama auf die Ewige Stadt einfach großartig.
Bei der Beschreibung des Dom-Innenraums möchte ich mich auch zurückhalten, es wäre eine Geschichte für sich. Die Kirche bietet 60.000 Menschen Platz und ist von der Fläche her mehr als doppelt so groß wie der Kölner Dom. Erstaunlicherweise ist es erlaubt, seine Tasche oder den Rucksack mit in den Innenraum zu nehmen. Auch wundere ich mich, dass man im ärmellosen Hemd und in kurzer Hose eintreten darf. Das war früher anders, so hatte ich mir doch extra für diesen Besuch noch ein neues langärmliges Hemd in einer römischen Boutique gekauft. Alle Hinweisschilder auf adäquate Bekleidung werden ignoriert und die Securities scheinen tolerant zu sein. Die in ihren traditionellen Kleidern auftretende Schweizer Garde ist hier derzeit nicht präsent und scheint anderen Aufgaben nachzugehen.
Gleich nach dem Eintritt steht man vor der Heiligen Pforte, etwas weiter dahinter sieht man Michelangelos Meisterwerk, die Pietà. Es folgt die Statue von Petrus, wo jeder meint, den Fuß küssen zu müssen. Eine lange Schlange wartet vor dieser Figur, auf der anderen Seite stehen die Bekannten mit dem Fotoapparat im Anschlag. Unter der Ebene kann man sich die Vatikanischen Grotten mit den Papstgräbern ansehen, die letzte Ruhestätte von Johannes Paul II darf nicht fotografiert werden und das Grab von Petrus ist nur aus der Ferne anzusehen.
Die Vatikanischen Museen sind mein nächster Anlaufpunkt, es soll sich um eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt handeln. In dieser musealen Superlative gibt es wirklich alles. Über 1.000 Räume stehen dem Besucher zur Verfügung, man sieht u. a. Gemälde von Weltruf, römische Mosaiken, ägyptische Mumien und Sarkophage, Grabstelen, griechische Skulpturen, edle Wandteppiche und die Sixtinische Kapelle. Die ehemalige päpstliche Hauskapelle Cappella Sistina ist das Ziel aller Touristen. Beim Eintritt traue ich meinen Augen nicht, sie ist zum Bersten voll. Beim letzten Besuch 1986 waren auch schon viele interessierte Besucher unterwegs, aber heute fühle ich mich wie ein Fisch in einer Sardinenbüchse. Das war damals nicht der Fall. Bei dieser Fülle habe ich kein Auge mehr für Michelangelos Deckengemälde und die weiteren unvergleichlichen Schätze, ich möchte einfach nur nach draußen. Eine solche Pracht sollte man sich, genau wie das Bernsteinzimmer vor einem guten halben Jahr, nur außerhalb der Saison und auf gar keinen Fall in der Ferienzeit ansehen. Irgendwann werde ich zurückkehren und diese Kostbarkeiten noch einmal in Ruhe betrachten.
Den interessanten Tag schließe ich mit einem Besuch der Villa Borghese, Rom´s grüner Lunge, ab und mache einen schönen entspannenden Spaziergang durch die weiträumige Parkanlage mit ihren schönen Villen und kleinen Seen.
Abends ist in meinem Haus-Ristorante wieder Hochbetrieb. Der Kellner unterhält seine neuen Gäste wieder mit dem Hinweis auf seine Freundin in dem betreffenden Land. Ich unterhalte mich mit Anna-Maria aus Mexiko. Sie ist ein Fan vom Schloss Neuschwanstein und möchte ihrer Tochter beim nächsten Europatrip Deutschland näher bringen.
Nun heißt es Abschied nehmen. Ein Zug fährt vom Bahnhof Termini zum Flughafen Fiumicino. Zunächst fliege ich mit flyniki nach Wien. Sollte mir übel werden, brauche ich nur nach dem Speisackerl zu greifen. Und dann startet auch schon der Airbus von Air Berlin, der mich sicher nach Hannover bringt.
Arrividerci Roma.
PS:
Ein Video "Sieben neue Weltwunder", dazu gehört auch das Kolosseum, kann bei Youtube unter
https://www.youtube.com/watch?v=A_s1tVKtzp0&t=19s
angesehen werden.