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Kloster in Odessa

Kloster in Odessa

Potemkinsche Treppe in Odessa

Potemkinsche Treppe in Odessa

Hafen Odessa

Hafen Odessa

Blick auf Pot. Treppe und Hafen

Blick auf Pot. Treppe und Hafen

In der Passage

In der Passage

Olga im Internetcafe

Olga im Internetcafe

In Odessa

In Odessa

In Jalta

In Jalta

Das Schwalbennest

Das Schwalbennest

Kathedrale in Jalta

Kathedrale in Jalta

im Livadija-Palast

im Livadija-Palast

Gartenanlage vor dem Livadija-Palast

Gartenanlage vor dem Livadija-Palast

Gartenanlage vor dem Livadija-Palast

Gartenanlage vor dem Livadija-Palast

abends in Jalta

abends in Jalta

Von Varna bis Jalta

herbstliche Impressionen am Schwarzen Meer oder wo Tomaten noch nach Tomaten schmecken

Ukraine

Auch das Visum für die Ukraine hatte ich vor Monaten in Deutschland beantragt. Es war etwas kompliziert. Laut Reiseführer "Die Krim entdecken" ist seit dem Jahre 2000 eine Einladung nicht mehr erforderlich. Ein Mitarbeiter der ukrainischen Botschaft in Berlin behauptet auf telefonische Anfrage das Gegenteil. Auf der Internetseite der Botschaft werden zwei Reisebüros empfohlen. Die Reiseagentur "Für Jedermann" in Berlin, bestätigt noch einmal die Notwendigkeit einer Einladung. Auf die versprochene Auflistung von ukrainischen Hotels warte ich bis heute.

Sicher Reisen GmbH in München ist da besser informiert. Sie besorgt mir, natürlich ohne Einladung, in kurzer Zeit das Visum und die AXA - Krankenversicherung, die bei der Einreise ebenfalls vorgelegt werden muss.

Der ukrainische Zöllner stellt eine Menge Fragen es gibt aber keine Schwierigkeiten. Er lächelt, als er auf mein Passbild schaut, der Urlaubsbart ist schon ganz gut gewachsen.

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Ziel. Bei den ukrainischen Bauernhöfen sehe ich häufiger einen Wasserbrunnen vor dem Haus. Kürbisse liegen auf dem Hof, einige Male erkenne ich ein paar Bienenkörbe.

4 ½ Stunden nach der Abfahrt in Chisinau erreichen wir Odessa. Die Stadt hat 1,2 Mio. Einwohner. Beim Verlassen des Bahnhofs bin ich sofort von den herrlichen Türmen eines Klosters geblendet. Mit dem Taxi fahre ich ins Hotel "Spartak", meine letzten Lei-Scheine hatte ich schon in Chisinau getauscht und so kann ich dem Fahrer die ausgehandelten 30 Griwna (HUA) bezahlen, viel zu teuer, wie ich später merke.

Leider ist im Hotel kein Zimmer mehr frei und man legt mir nahe, ins Hotel "Passage" zu gehen. Hier gibt es keine Probleme, es sind genügend Räume frei und ich bin froh, eine preiswerte Unterkunft im Zentrum gefunden zu haben.

Odessa zieht mich sofort in seinen Bann. Vor knapp 20 Jahren war ich schon einmal hier, aber ein Deja-vu-Erlebnis bleibt aus. Ich erinnere mich nur noch, dass früher auf den Straßen nichts los war. Jetzt ist es umgekehrt. Viele Leute spazieren in der Abenddämmerung durch die Stadt und die Restaurants und Bistros sind gut besucht. Wechselstuben, Bankautomaten, Kioske, Fast-Food-Lokale, Stände mit Andenken, Tische voller Matruschkas, wie hat es sich verändert. Handys gehören zur Grundausstattung vieler junger Menschen, Fiakerfahrten, Pferdeausritte, Warsteiner ohne Alkohol, Radlermaß, all das ist vorhanden und wird angeboten.

Beim Geldtausch erhalte ich für einen Euro etwa sechs HUA. Einige Male esse ich im "Steakhouse". Die Bands arbeiten sehr viel mit Diskette, ich treffe aber durchweg nur auf gute Musiker. So besuche ich einmal ein Jazzkonzert und bin erstaunt, wie virtuos die noch jungen Solisten sind.

Das Hotelzimmer ist, wie auch in Chisinau, mit einem Schwarzweißfernseher ausgestattet. Auf allen Stockwerken wacht eine Etagenfrau, die Deschurnaja. Der Supermarkt neben dem Hotel hat bis Mitternacht geöffnet.

Bei herrlichem sonnigen Herbstwetter wandere ich durch die Straßen und erkunde die Stadt. Selbstredend gehört ein Besuch der Potemkinschen Treppe mit ihren 192 Stufen dazu.
Sie wird von oben nach unten ständig breiter, von oben sind nur die zehn Treppenabsätze, von unten nur die Stufen zu sehen. Das Richelieu-Denkmal, die Börse, jetzt Ort der Stadtverwaltung, mit dem Puschkin-Denkmal, die Oper, verschiedene Museen, der Hafen, Odessa hat viel zu bieten.
Während meines Besuchs wird im Hafen eine Bauhandwerksausstellung vorbereitet, auch deutsche Produkte werden gezeigt. Eine exakt spielende Blaskapelle untermalt die Aktion musikalisch. Das Kreuzfahrtschiff "Jasmine" fährt in den Hafen ein.

Im Hotel "Odessa" frage ich, wie ich am besten nach Jalta komme. Die Dame ist sehr bemüht und führt einige Telefonate. Eine Fahrt mit dem Schiff über das Schwarze Meer ist leider nicht möglich, wohl aber eine Direktfahrt mit dem Bus. Später erkundige ich mich auch in meinem Hotel und auch hier rät man mir, mit dem Bus zu fahren.

Das Einlösen von Reiseschecks ist bei Banken kein Problem. Ein Auto ist mitten auf der Kreuzung vor dem Bankgebäude stehengeblieben und sein Fahrer schüttet aus dem Reservekanister Benzin nach.
Viele Männer schlendern mit einer Flasche Bier in der Hand durch die Straßen.

Mit einem Wolga-Taxi fahre ich zum Busbahnhof, um mir eine Fahrkarte nach Jalta zu kaufen. Der Fahrer spricht sehr gut Englisch und ist über die Bundesliga bestens informiert.
Er kennt die aktuellen Ergebnisse des Wochenendes und natürlich auch den Werder-Spieler Viktor Skripnik aus der Ukraine. Von ihm erfahre ich, dass viele Amerikaner und Deutsche nach Odessa kommen, um die Frau des Lebens zu finden.

Die Verständigung im Bahnhof ist eher schlecht, aber mit Hilfe meines Taschenkalenders und einer kleinen Landkarte kann ich der Frau am Schalter Zeit und Zielort vermitteln und den Rest schaffen wir durch Austauschen einiger Notizzettel auch. Die Fahrkarte kostet 48 HUA.

Auf schlecht gepflasterten Straßen fahren wir zurück in die Innenstadt, immer wieder müssen wir Schlaglöchern ausweichen. Odessa zeigt sich hier nicht von seiner schönsten Seite.
Einmal sehe ich, wie ein Straßenbahnfahrer aussteigt und die Weiche mit der Hand umlegt.

In der Nähe des Hotels, in einem Park, spielen ältere Männer Schach und Domino, viele "Kiebitze" schauen dem Geschehen zu. Direkt hinter dem Hotel befindet sich eine wunderschöne Passage, Nymphen aus Stuck schauen auf die Vorbeigehenden herab.
Häufig besuche ich die Internet-Bar des Hotels, weniger um zu surfen, als um mich mit Olga, die hier arbeitet, zu unterhalten. Sie spricht leidlich Englisch und ist sehr an westeuropäischen Themen interessiert. Wir tauschen unsere e-mail-Adressen aus. Olga meint, dass es zu Sowjetzeiten besser um Odessa bestellt war und die Bürger heute mehr Probleme haben.

Ansichtskarten gibt es nur bei der Post. Ich erledige dort meine Urlaubskorrespondenz und gehe zum Schalter, um mir Briefmarken zu kaufen. Die freundliche Dame lässt es sich nicht nehmen, alle Marken persönlich aufzukleben.

Pünktlich um 17.oo Uhr verläßt der sehr betagte Ikarus-Bus die Stadt in Richtung Jalta. Er ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Vor mir sitzen Suerta und Jana. Jana spricht etwas Französisch, sie studiert Jura in Odessa. Eine Freundin von ihr besucht ein College in Boppard am Rhein.

In Nikolajev halten wir etwa 40 Minuten, insgesamt werden rund 10 Stopps eingelegt, u. a. in Chersson, Kachovka und Sinferopol. Im Radio wird durchweg flotte Musik gespielt, leider auch von Modern Talking.

Während der Fahrt unterhalte ich mich häufig mit einem Syrer. Er studiert in Odessa und will mit seiner russischen Freundin nach Jalta zu einer Geburtstagsfeier.

Als ich am nächsten Morgen bei einem herrlichen Sonnenaufgang erwache, befinden wir uns bereits auf der vom Schwarzen und Asowschen Meer umschlossenen Halbinsel Krim.
Die Gegend ist sehr gebirgig. Von Sinferopol sind es noch etwa 80 Kilometer bis Jalta, am Straßenrand werden Zwiebelzöpfe zum Kauf angeboten.

Nach langen 14 Stunden verlasse ich den Bus und nehme ein Taxi zum Hotel "Oreanda". Leider ist alles besetzt und so gehe ich einige Schritte weiter zum "Levant" und checke dort ein.
Es verfügt über einen eigenen Badestrand direkt am Meer und ich nehme erst mal ein Erfrischungsbad. Der Strand ist sehr steinig, aber dennoch liegen viele Gäste am Wasser und genießen die warme Herbstsonne.

Direkt im Zentrum starten Boote zum Schwalbennest, der vielleicht berühmtesten Sehenswürdigkeit der Krim-Südküste. Nach 30 Minuten sind wir am Ziel und ich mag meine Augen von der im Zuckerbäckerstil gebauten Burg gar nicht abwenden. Sie ist sicherlich keine architektonische Superleistung, aber die Lage direkt am Hang, vom Wasser aus weithin sichtbar, das Bild in seiner Gesamtheit fasziniert mich.

Zunächst sind nur einige Besucher vor Ort, später kommen noch einige Busladungen dazu. Man hat einen phantastischen Blick auf die Südküste des Schwarzen Meeres.

In Jalta halte ich mich meistens im Zentrum auf. Es gibt diverse Lokale, viele direkt am Meer. Meistens klappt es mit der Verständigung. Einmal möchte ich ein Mittagessen bestellen, aber keiner versteht mich und die Speisekarte ist nur in kyrillisch geschrieben. Nachdem alle Versuche einer mündlichen Erklärung gescheitert sind, zücke ich mein Notizheft und male ein Schaschlik auf eine leere Seite und siehe da, es funktioniert.

Ein riesiges Lenin-Denkmal erinnert noch an die vergangene Zeit. Abends haben sich viele Musiker auf der Promenade aufgestellt und unterhalten die Passanten mit schönen Liedern. Lange Zeit höre ich einem Streichquartett zu.
In den Zeltdiscos direkt am Strand vergnügt sich die tanzwütige Jugend. Einige Portraitmaler bieten ihre Dienste unter freiem Himmel an.

Mit dem Taxi fahre ich gegen eine geringe Gebühr zum Livadija-Palast. Das frühere Zarenschloss liegt nur einige Kilometer von der Innenstadt entfernt. Es wurde 1945 weltberühmt, als Stalin, Churchill und Roosevelt sich hier zur Jalta-Konferenz trafen und über das Nachkriegsdeutschland entschieden.

Der Konferenztisch, die Verhandlungsräume, darunter der "Weiße Saal", und andere Zimmer stehen zur Besichtigung frei. Viele Besuchergruppen, darunter auch viele ältere Deutsche, warten am Eingang auf Einlass.

Der weiße Palast ist ein sehr beeindruckendes Gebäude, prunkvolle Räume mit viel Marmor lassen erkennen, in welcher Pracht die Zaren früher gelebt haben. Und das alles in herrlichster Lage.
Auch der Schlosspark ist einen Besuch wert, ich habe manchmal das Gefühl, in Italien zu sein. Ältere Besucher, wahrscheinlich Männer aus der Ukraine, haben ihre Orden und Ehrenzeichen angelegt.

Ein letztes Mal gehe ich abends die Strandpromenade entlang, lausche den Sängern und Sängerinnen, den Gitarren und einer Laute und bin mit meinem Urlaub rundum zufrieden.
Eine Ratte läuft über den Weg und erschrickt die Spaziergänger.

Meine Hotelrechnung begleiche ich mit Kreditkarte. Die Dame an der Rezeption hat einige Probleme mit dem Handling, übersteht die Situation aber lächelnd mit Charme und Geduld.

Mit einem Minibus fahre ich nach Sinferopol. In einer Bucht hinter Jalta liegen drei Felsen im Meer, die mich an die Faraglioni bei Capri erinnern. Lastwagen mit deutscher Beschriftung auf den Planen begegnen uns, viele Polizeikontrollen überwachen den Verkehr, aber wir kommen ohne angehalten zu werden ans Ziel. In Sinferopol halten wir zunächst am Busbahnhof, fahren dann aber weiter zum Hauptbahnhof. Nachdem ich eine Fahrkarte für den Zug nach Kiew erworben habe (73 HUA), warte ich draußen bei herrlichem Sonnenwetter auf die Abfahrt. In einer Cafeteria versuche ich, eine Bestellung aufzugeben. Die Bedienung lacht herzlich, als wir beide überhaupt nichts verstehen und mit Händen und Füßen gestikulieren. Der Bahnhof gefällt mir, er ist sauber und hell. Es gibt sogar einen Mc-Donalds-Drive-in.

Das Abteil besteht wiederum aus vier Liegen, die außer mir noch von zwei Ukrainern belegt werden. Sie sind auf dem Weg nach Nürnberg, ihrer neuen Heimat.

Auch im Speisewagen ist die Bestellung aus den schon bekannten Gründen sehr mühsam.
Bei einigen Flaschen Bier lehne ich mich wohlig zurück und beobachte kurz vor Einsetzen der Dunkelheit, wie wir die Halbinsel Krim verlassen und über eine schmale Landverbindung aufs Festland fahren. Viele Mitreisende haben ihre Socken aus- und den Trainingsanzug angezogen.
Die Zugtoilette ist nach kurzer Zeit verstopft und den Wasserhahn kann ich erst nach einigen Fehlversuchen bedienen.

Am nächsten Morgen überqueren wir kurz vor 8.oo Uhr den Dnjepr und einige Momente später sind wir nach knapp 16-stündiger Fahrt in Kiew angekommen.
Sogleich kümmere ich mich um einen Anschlusszug nach Warschau und kaufe ein Ticket für 313 HUA. Ein kurzes Frühstück im Bahnhof und schon kann ich in meinem Abteil, das ich mit Jura, einem stillen Ukrainer, teile, Platz nehmen. Der Bahnhof kommt mir sehr hektisch vor, immerfort ertönen Durchsagen und ich verschiebe ein Telefonat nach Hause lieber auf später.

Die Zugfahrt ist wunderschön. Den ganzen Nachmittag stehe ich am Fenster und lasse die Landschaft an mir vorbeiziehen. Kleine Dörfer, Bauern auf den Feldern, Pferdewagen, orthodoxe Friedhöfe, gepflegte Bahnhöfe, es wird überhaupt nicht langweilig. Kürbisse liegen auf den Höfen, Schafe, Rinder und Ziegen grasen am Bahndamm. Der Mist wird noch mit der Hand vom Wagen geladen und mit der Forke gestreut.

Abends im Buffetwagen versuche ich, ein Gespräch mit einer hübschen Ukrainerin anzufangen. Sie ist mit ihrem Sohn, der uns argwöhnisch beobachtet, auf dem Weg nach Zürich.
Ansonsten lese ich sehr viel. In jedem Wagen hält ein Samowar heißes Wasser bereit und wir können uns kostenlos mit einer Tasse Tee versorgen.

Jura steigt an der letzten Station vor der Grenze aus und eine Frau mittleren Alters betritt das Abteil. Sie zieht sofort ihre Bluse aus und ich überlege, was sie wohl vor hat. Dann steigt sie auf die obere Liege, schraubt mit einem riesigen Schraubenzieher die Deckenverkleidung ab und verstaut zwei Reisetaschen voller Zigaretten unter dem Dach des Abteils. Ohne Aufregung aber sehr zügig verschließt sie das Versteck, entfernt verräterische Spuren und lächelt mich an. Der Schaffner ist, so bin ich ganz sicher, eingeweiht, denn er hat mich der Frau, so viel konnte ich verstehen, als deutschen Fahrgast vorgestellt.

Was ist zu tun? Ich weiß es nicht. Soll ich mich mit der Zugbesatzung anlegen? Lieber nicht.
Kurz vor der Grenze wechselt die Frau ins Nebenabteil, ich merke mir die Nummer und, sollte der Schmuggel auffallen, weiß ich wenigstens, an wen ich mich halten kann.

Die ukrainischen Zöllner haben einen Hund dabei und ein mulmiges Gefühl beschleicht mich. Aber es passiert nichts, die Wagen werden wieder auf übliche europäische Fahrgestelle montiert und nach drei Stunden, die mir riesig lange vorgekommen sind, fahren wir Warschau entgegen und kommen dort wohlbehalten am frühen Morgen nach gut 18-stündiger Fahrt an.

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