Mit Freu(n)den um die Welt
Myanmar
Yangon
Mit einer Fokker 70 fliegen wir nach Myanmar, dann gehe ich zum Taxischalter und kaufe einen Gutschein für die Fahrt zum Hotel. Die mich bedienenden Frauen haben ihr Gesicht anmutig mit Thanakapaste geschmückt. Mein Chauffeur ist sehr an europäischen Themen interessiert und wir unterhalten uns prächtig. Das Steuerrad des Fahrzeugs sitzt auf der rechten Seite, obwohl im Land Rechtsverkehr herrscht. Aber das ist hier allgegenwärtig, nur bei Bussen habe ich das Steuer ab und zu auf der linken Seite gesehen. Der Fahrer ist, wie fast alle Männer im Lande, mit einem Longyi, dem Wickelrock, bekleidet. Auf einer Anzeigentafel ist die aktuelle Temperatur zu lesen: 37 Grad. Ansonsten kann ich längst nicht alles entziffern, weil Myanmar eine eigene und für mich unverständliche Schrift hat. Im ehemaligen Burma ist es eine halbe Stunde früher als in Vietnam. Das Tamada Hotel hatte ich auch wieder im Internet gebucht und dann festgestellt, dass ich 2005, beim ersten Besuch in Myanmar, auch hier abgestiegen war.
Bis zur hell erstrahlten Sule-Pagode sind nur einige Minuten zu gehen, also nichts wie hin. Aber wie hat sich der Verkehr verändert, meiner Meinung nach muss er sich in den letzten acht Jahren mindestens verdoppelt haben. Vor Betreten muss ich meine Sandalen gegen Gebühr abgeben. Einige Studenten versuchen sich als Fremdenführer. Ein Uniformierter haut um Punkt 20 Uhr acht Mal auf eine Glocke. Auf der Eisenbahnbrücke sitzt ein Vater mit seinen beiden kleinen Kindern und bettelt um eine milde Gabe.
Später sitze ich in der Bar 365, direkt am Hotel, und verzehre etwas. Da ich an dem ATM-Automaten im Flughafen nur den Gegenwert von 20 US-Dollar erhalten hatte, frage ich, ob die Rechnung auf mein Zimmer gebucht werden könnte. Der Kellner nickt, hat mich aber gar nicht verstanden, er ist der Meinung, dass er später mit auf mein Zimmer kommt, um dort das Geld in Empfang zu nehmen. So zücke ich meine sorgsam gehüteten Dollarnoten und bezahle bar. Ein Schein wird noch angeprangert, weil angeblich zu alt, aber da bleibe ich stur. Kreditkarten werden zwar im Hotel, nicht aber an der Bar, die einen anderen Inhaber hat, akzeptiert. Es ist moderner geworden im Tamada und der Service der beiden reizenden Mitarbeiterinnen an der Rezeption gefällt mir. Vor dem Eingang erkenne ich die Garküche wieder, sie stand hier auch schon im Jahre 2005.
Myanmar, amtlich Republik der Union Myanmar, ist ein Vielvölkerstaat. Seine rund 54 Millionen Einwohner gehören ungefähr 135 verschiedenen Ethnien an. Die Birmanen stellen mit 70 Prozent den größten Bevölkerungsanteil, gefolgt von den Shan mit 8,5 Prozent. Knapp 90 Prozent bekennen sich zum uddhismus. In der Landwirtschaft arbeiten rund 70 Prozent der Beschäftigten. Die durch das Militär im Jahre 1989 veranlasste Umbenennung des Staates in Myanmar wurde von den Vereinten Nationen akzeptiert, verschiedene Länder, darunter die USA und Australien, halten allerdings als Zeichen ihrer Missbilligung am alten Namen Burma fest.
Seit April 2011 sind im Lande Anfänge eines Demokratisierungsprozesses zu verzeichnen. Anlass und Nahziel dieser neuen Politik ist die Lockerung der internationalen Handelsblockaden, die das Land in der Vergangenheit stark isoliert hatten. Viele politische Gefangene wurden freigelassen, Änderungen im Arbeits- und Investitionsrecht herbeigeführt, die Kontrolle der Medien gelockert und mehr als 120 Gewerkschaften genehmigt. Nach wie vor wird Myanmar in der Korruptionsstatistik mit an vorderster Stelle genannt. In der Hauptstadt Yangon leben etwa 4,5 Millionen Menschen. Die Stadt hat mit einer sehr hohen Aidsrate zu kämpfen.
Nach dem Frühstück gehe ich zum gar nicht weit entfernten Tenders-Hotel, um eventuell eine Fahrt nach Bagan zu buchen. Nicole, die Amerikanerin auf dem Boot in der trockenen Halong Bucht, hatte mir dieses Haus empfohlen. Es ist mir aber ein paar Nummern zu exklusiv. Beim Betreten durchläuft man zunächst eine Sicherheitsschleuse. Eigentlich hätte ich hier einen Reiseveranstalter oder Touranbieter vermutet und auch einen Geldautomaten. Aber beides ist nicht vorhanden. Bei den nun folgenden Versuchen, genügend Geld abzuheben, immer das gleiche Ergebnis. Permanent wird nur ein geringer bzw. zu geringer Betrag angezeigt, der sich gar nicht lohnt, abgehoben zu werden. Die freundliche Dame an der Rezeption meint, es liege am Datum. Anfang eines Monats benötigen viele Mitbürger Geld aus dem Automaten und die Auszahlungssumme wird deshalb reduziert. Schweren Herzens greife ich meine eiserne Reserve an, hole Bargeld aus dem Safe und tausche etwas in einer Wechselstube. Ein paar Tage später erkenne ich, dass es mein eigener Bedienungsfehler war, ich hätte durchaus alternative Summen eingeben können.
Gegenüber vom Bahnhof kaufe ich dann eine Busfahrkarte nach Bagan für den nächsten Tag um 19.00 Uhr. Sonntags, also heute, haben die Reisevermittler geschlossen und eigentlich ist es mir so auch lieber.
Das Thermometer zeigt wieder 37 Grad an, als ich mich auf den Weg zur wohl berühmtesten Sehenswürdigkeit von Yangon, dem früheren Rangoon, mache: der Shwedagon-Pagode. Am Eingang sind die Schuhe gegen eine kleine Spende abzugeben und dann ist Eintritt zu entrichten. 8.000 Kyat werden verlangt, rund acht US-Dollar. Rein zufällig ist an dieser heiligen Stelle ein Geldautomat zu finden.
„Und dann erhob sich ein goldenes Wunder am Horizont, ein leuchtendes, glänzendes Wunder, das in der Sonne strahlte“. Mit diesen Worten, so lese ich in Reiseführern und Prospekten, hat Rudyard Kipling seine Begegnung mit der Shwedagon-Pagode beschrieben.
Die Superlative häufen sich, Wahrzeichen des Landes, wichtigster Sakralbau von Myanmar, einer der berühmtesten Stupas der Welt. Mich plagen ganz andere Sorgen, es ist barfuß sehr beschwerlich, einigermaßen, ohne sich zu verbrennen, auf dem heißen Pflaster zu gehen. Anmutig auf einem Hügel gelegen erhebt sich die Pagode etwa 100 Meter hoch. Verschiedene unterschiedliche Legenden berichten über die Entstehung dieses etwa 2.500 Jahre alten prachtvollen Bauwerks.
Vier überdachte Treppenaufgänge führen zur Pagode hinauf. Der Hauptstupa ist von 60 kleineren umgeben. Man schätzt das Gewicht der Goldplatten auf 60 Tonnen. Zahlreiche Diamanten strahlen im Sonnenlicht. Hunderte von Buddhafiguren gehören zum einzigartigen und beeindruckenden Gesamtkomplex. Viele Familien sind unterwegs, geben ein Opfer und beten. Mönche gehen mit gefalteten Händen durch die prachtvolle Anlage. Das geschriebene Wort kann ich nicht lesen, denn dieses Land pflegt, wie bereits erwähnt, eine eigene Schrift.
Wider Erwarten kann ich mich wieder bei facebook einloggen, dafür funktioniert das Telefonieren und Simsen mit dem Handy nicht mehr. Abends in der Bar 365 fällt mir auf, dass sich im Pissoir zig Eiswürfel befinden, was das wohl bedeuten mag.
Da ich meinen großen Rucksack nicht nach Bagan mitnehmen möchte, gehe ich zum Ruby Markt und kaufe eine preiswerte Umhängetasche. Vorsorglich möchte ich für die Rückkehr wieder ein Zimmer reservieren, aber das Preisangebot gefällt mir nicht. Hinter vorgehaltener Hand erfahre ich an der Rezeption, dass ich doch bei agoda.com buchen möge. Danke für den Hinweis, manchmal kann man ein Zimmer tatsächlich bis zu 40 Prozent günstiger buchen, als bei vergleichbaren Portalen. Beim Spaziergang sollte immer der Bürgersteig im Auge behalten werden, denn häufiger klaffen riesige Löcher im Boden und das kann zu nicht unerheblichen Verletzungen führen.
Der Taxifahrer bringt mich zum richtigen Bus, alleine hätte ich bei diesem Gewühle sicherlich lange suchen müssen. Und die Schrift kann ich ja auch nicht lesen. Wir kämpfen uns durch den Feierabendverkehr, überholen Cyclos und zu Personentransportern umgebaute Lastkraftwagen, weichen Bussen aus und wühlen uns durch das Gedränge. Pünktlich um 19.00 Uhr setzt sich der bis auf den letzten Platz gefüllte Bus in Bewegung. Jeder Gast erhält eine Flasche Mineralwasser und eine Decke - und die ist auch nötig denn es ist lausig kalt. Aus der Klimaanlage wird alles herausgeholt. Nach 2 ½-stündiger Fahrt halten wir auf einem riesigen Parkplatz an und diverse Restaurants stehen den hungrigen Reisenden zur Verfügung. Vorher erhält jeder vom Busbegleiter ein Zahnputzset und ein Erfrischungstuch.
Meine sympathische Sitznachbarin spricht ein wenig Englisch und wir unterhalten uns ganz ordentlich. Sie ist in eine dicke Winterjacke verhüllt und wird unterwegs ein paar Male auf ihrem Handy angerufen. Dem lauten Video schenkt sie genauso wenig Aufmerksamkeit wie ich. Die Fahrt ist relativ preiswert, es hätte noch eine Möglichkeit in einem Bus mit komfortableren Schlaf- oder Liegesitzen gegeben, und der Preis wäre nur unmaßgeblich höher.
Bagan
Kurz nach 4.00 Uhr erreichen wir Bagan und das Abenteuer kann beginnen. Der Busbahnhof ist nur karg beleuchtet, total staubig und zum Transport stehen Pferdekutschen bereit. Mein Fahrer kennt das gebuchte Hotel, fährt los, natürlich unbeleuchtet, und nach fünf Minuten sind wir am Ziel. Wenn ich das gewusst hätte …
Man lässt mich herein, aber ein Zimmer hatte ich ja erst für die kommende Nacht gebucht. So versuche ich, in der Rezeption etwas zu schlafen, bis eine mittelgroße Ratte durch den Raum läuft. Schnell stelle ich mein Gepäck zur Sicherheit auf einen Schemel. Dann, so nach und nach, kommen die ersten Mitarbeiter und endlich auch einer, der der englischen Sprache mächtig ist. Er macht viele interessante Vorschläge, aber es muss meistens bar und in US-Dollar bezahlt werden.
Unter dem lauten Gebet eines Mönches gehe ich zur nahe gelegenen Shwezigon-Pagode, gebe meine Sandalen ab und bin wohl einziger fremder Gast. Es ist noch dunkel. Viele Mönche verharren im Gebet und andere Gläubige knien vor dem Stupa. So langsam dämmert der Morgen und bald erstrahlt die Pagode im warmen Sonnenlicht. Der Sonnenaufgang soll an dieser Stelle gut zu beobachten sein, ich habe aber keinen geeigneten Platz gefunden. Außerdem bin ich für Sonnenuntergänge prädestiniert.
Auf staubigen Wegen gehe ich zu einem Geldautomaten, frühstücke in der Nähe und unterhalte mich mit zwei deutschen Reisenden. Der junge Mann aus München ist etwa so lange unterwegs wie ich und möchte bis Mai/Juni in Asien bleiben. Sein Reisekamerad, ein älterer Herr, ist in Köln wohnhaft. Sie waren morgens weiter hinausgewandert und schwärmen vom Sonnenaufgang.
In der Bank tausche ich die erforderliche Menge in Dollarnoten, gehe zum Hotel zurück und buche eine Ballonfahrt über die Tempelfelder von Bagan. Außerdem eine Busfahrt zum Inlesee und einen Flug zurück nach Yangon. Dann ist auch mein Zimmer hergerichtet und ich kann einchecken.
Im elften Jahrhundert mutierte Bagan, eine historische Königsstadt am Irrawaddy, zur größten buddhistischen Metropole, wuchs zu einer der größten Städte des Mittelalters heran. Hohe Unterhaltungskosten und etliche Kriege führten dazu, dass die Stadt nicht mehr die frühere Bedeutung erlangte. Von den ehemals 6.000 Pagoden sind heute noch etwa 2.000 erhalten.
Nachdem sich die Mittagshitze etwas verzogen hat, fahre ich mit einer Kutsche zur Shwe-hsan-daw-Pagode. Hier soll man einen schönen Sonnenuntergang erleben können, aber so weit ist es noch nicht. Ich klettere die Stufen hinauf und bin begeistert, vor mir liegen die Pagodenfelder, die ich sehen wollte. Ein einmaliger Anblick. Da es noch lange nicht dunkelt, gehe ich zum wunderschönen Ananda-Tempel, der auch für viele Reisegruppen interessant zu sein scheint. Eine genauere Beschreibung der einzelnen Sakralgebäude aus Ziegelstein werde ich nicht vornehmen, es ist einfach zu speziell. Weiter geht es zur Law Ka Htake-Pagode, denn hier können originale Wandmalereien bewundert werden. Dann wandere ich zurück, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Der Parkplatz ist voll und die Anzahl der Interessierten hat sich vervielfacht. Dieser Besuch zur Dämmerstunde ist bestimmt ein Pflichttermin bei allen Pauschalreisenden. Und er lohnt sich. Der Blick über die Pagodenfelder im Schein der untergehenden Sonne ist unbeschreiblich und einmalig.
Abends esse ich im a little Bit of Bagan, einem Internetcafé. Aber die Surfgeschwindigkeit ist hier nicht besser als im Hotel. Hier in der Lobby plaudere ich mit einem Mann aus Singapur. Er hat sich ebenfalls für eine Ballonfahrt angemeldet. Als er seine Emails auf dem Handy nicht öffnen kann, bittet er an der Rezeption, den Router doch noch einmal hochzufahren, wird aber erst nach längerer Diskussion verstanden, und geholfen hat es nicht.
Der versprochene Weckdienst bleibt aus, zum Glück werde ich rechtzeitig wach. Um ½ 6 Uhr werden wir, der Mann aus Singapur und ich, abgeholt und zusammen mit anderen Gästen aus den umliegenden Hotels zum Startplatz der Ballons gebracht. Das war es dann aber leider auch - die Fahrt fällt, wie auch schon tags zuvor, wegen schlechter Thermik aus. Gegen höhere Mächte kommt man nicht an. Typisches Märzproblem, meint der Chef. Also zurück zum Hotel, ein Schild weist auf eine "Plastic free Zone" hin. Dann heißt es nur noch frühstücken und ausschlafen.
Nachmittags fahre ich mit einer Kutsche zum größten Tempel Bagans, dem That-byin-nyu, aber erst der zweite Kutscher ist, nachdem die Hufe seines Pferdes gereinigt sind, bereit für diese Fuhre. Der erste gewährt seinem Ross eine Pause, schließlich werden heute 40 Grad gemessen. Die Tempelanlage beeindruckt mich und eine Frau lotst mich dann noch zum angeblich einzigen Hindutempel in Bagan. Aber wohl weniger, um meine Bildung zu mehren, als vielmehr die Souvenirs vorzustellen. Auf dem Rückweg fallen mir die zahlreichen Lackfabriken und Lackierereien auf. Bagan ist bekannt für dieses Gewerbe.
Zum letzten Mal auf dieser Reise heißt es nun, Platz nehmen im Bus. Neun lange Stunden dauert die Fahrt, eigentlich war ich von sechs ausgegangen. Dabei hat es heute Spaß gemacht. Neben mir sitzt eine sehr sympathische Familie aus der Schweiz, der Mann kümmert sich rührend um seine Tochter und bastelt ihr aus ausgedienten Plastikflaschen schönes Spielzeug. Als junger Mann hat er Asien ausgiebig bereist. Unterwegs beim Lunch treffe ich wieder auf zwei Deutsche, die in Bagan im selben Hotel wie ich übernachtet haben.
Schnell sind alle Plätze im Bus besetzt, aber der Gang ist ja noch frei. Und so müssen die später eingestiegenen Gäste auf einem ungemütlichen niedrigen Schemel Platz nehmen. Ein kleiner Junge sitzt auf dem Fußboden an seinen Vater gelehnt und schläft. Ochsenkarren kommen uns entgegen, Ziegenherden werden von ihrem Hirten begleitet, viele Frauen verdienen ihr Geld beim Straßenbau.
Während einer Pause wird der Motor mit Leitungswasser aus dem Schlauch gekühlt, später halten wir, mitten im Gebirge, aus diesem Grund noch einmal an. So geht es auf Serpentinen weiter, auf den steilen Abhang mag ich gar nicht schauen.
Stupas glänzen auf den Berggipfeln und in den Dörfern. Eigentlich habe ich den Eindruck, immer einen Tempel oder eine Pagode irgendwo im Blickfeld zu haben. Häuser und Hütten aus Bast und Bambus, versehen mit einem Wellblechdach, stehen beiderseits der Fahrbahn. Zur Unterhaltung werden Musikvideos gezeigt und so kommen wir in den Genuss, die burmesische Version von "Bad moon rising" oder "Beautiful sunday" zu hören. Am Ortseingang von Nyaung ist eine Eintrittsgebühr zu entrichten.
Nyaung am Inle-See
Zum Hotel fahren wir mit einer Trishaw, etwa vergleichbar mit dem Tuk-Tuk. Abends treffe ich die beiden Deutschen wieder und wir trinken ein paar Glas Myanmar-Bier vom Fass zusammen. Uwe aus Augsburg lehrt als Wirtschaftsprofessor an einer Universität, sein Begleiter wohnt in Berlin, war Lehrer und ist bereits pensioniert. Er hat schon viel von der Welt gesehen und ich höre ihm gern zu. Interessant sind die hier üblichen Flaschenöffner, ein Griff mit einer hinein gedrehten Schraube.
Um acht Uhr werde ich von Toe Ris zu einer Bootsfahrt über den See abgeholt. Und es ist für mich, vorweggenommen, das absolute Highlight dieser Tage im alten Burma. Zunächst fahren wir auf einem Kanal zum See. Zum Schutz vor der Sonne werden mir ein Schirm und eine Decke gereicht. Stattdessen lege ich meine Jacke, die ich vorsichtshalber mitgenommen habe, über die nackten Arme und Beine. Nach kurzer Zeit naht schon der erste Höhepunkt: Die Einbeinruderer, Fischer, die mit einem Arm und einem Bein rudern, um die zweite Hand frei zu haben. Manchmal wird sich auch nur mit dem Bein fortbewegt. Der Rudernde steht am Heck des Bootes. Werden die Hände beispielsweise beim Fischen benötigt, so wird ausschließlich mit dem Bein gerudert. Der erste dieser Zunft wird von Touristenbooten nahezu eingekeilt, danach verläuft sich die Sache aber.
Toe Ris ist ein wunderbarer Bootslenker mit viel Wissen über seine Heimat. Die englische Sprache hat er sich, wie viele seiner Landsleute auch, selber beigebracht. Und das merkt man. Er fragt beispielsweise, ob ich an “Schiwwa” interessiert sei, ich antworte, ob damit der Hindugott Shiva gemeint sei und er nickt, um dann einen Augenblick später vor einer Silberschmiede (silver) anzuhalten. Aber das ist überhaupt kein Problem, weil alles mit absoluter Freundlichkeit und einem offenen Lächeln geschieht. Auf den Besuch dieses Schmuckladens verzichte ich dann aber.
Nach einer Teepause bei der Aung Mingelar-Pagode geht es weiter zum Shwe inn Tain-Stupa, allerdings sind erst mehrere hundert Meter zu gehen, die Wege eingerahmt von Devotionalien- und anderen Händlern. Die Mitnahme von Fotoapparaten ist gebührenpflichtig, ich ignoriere diese Aufforderung jedoch. Ein Mönch winkt mich in den Innenraum des Klosters herein, danach besichtige ich die einmalige Pagode.
Auch die Umgebung ist sehr interessant, man gewinnt einen kleinen Eindruck in das dörfliche Leben, sieht, wie der Körperpflege im Fluss nachgegangen oder Wäsche gewaschen wird. Einen kleinen Jungen scheint das aber nicht zu stören, denn er pinkelt ungeniert vom Steg ins Wasser. Etwas außerhalb der Ortschaft lässt ein Bauer seine Büffel im Nass abkühlen.
Kurz vor dem Mittagessen wird noch die Phaung Daw Oo-Pagode angesteuert. Gläubige bestücken die Statue mit Blattgold. Ein Schild informiert, dass nur das hier gekaufte Material anzuwenden sei. Dann geht es endlich für längere Zeit in den Schatten. Das Thermometer zeigt immerhin warme 34 Grad an. Auf einem Balkon mit Blick auf den Fluss lasse ich mir den heimischen Fisch schmecken.
Nach der Pause nähern wir uns dem nächsten Höhepunkt: den schwimmenden Gärten. Sie werden, durch angeschwemmten Schlamm entstanden und einen Meter tief, meist von Frauen bewirtschaftet, während die Männer in den Silberschmieden oder anderswo arbeiten. Angebaut werden in erster Linie Tomaten, aber auch Blumenkohl, Gurken und weiteres Gemüse.
Zum Schluss steuern wir noch das Nga Pho Chaung-Kloster an und dann geht es zurück. Auf einigen Booten werden Souvenirs oder Obstwaren verkauft, der eigentliche Floating Market findet erst morgen wieder statt. Mir ist es egal, hatte ich doch 1995 einen solchen Markt am Mekong Delta erlebt, original und ohne touristische Kosmetik. Ich hätte mir noch eine Weberei oder Tabakwarenfabrik ansehen können, aber es ist mir einfach zu heiß auf dem Boot. Man muss es ja auch nicht übertreiben. Auf der Heimfahrt bittet mich Toe Ris stolz um ein Foto, denn sein Sohn hat das Steuer übernommen. Zurück in Nyaung erfrische ich mich in einem Lokal und hänge meine Jacke über einen Stuhl. Viel zu spät merke ich, dass ich sie dort vergessen habe. Aber wer denkt denn bei dieser Hitze auch daran.
Yangon wartet erneut. Auf der Fahrt zum Flughafen registriere ich, dass das gestrige Lokal noch geschlossen ist und ich mich nun wohl von meinem Anorak verabschieden muss. Reisfelder spiegeln in der Morgensonne und die Fischer gehen schon ihrer Arbeit nach, es ist ein herrliches Bild - und das von mir als notorischem Spätaufsteher. Mönche in gelb-braunen Kutten marschieren bedächtig in langen Reihen, ein Gefäß in den Händen, die Straße entlang und bitten um Reis. Gut, dass wir auf dem Weg von Bagan zum Inle-See am Flughafen vorbei gekommen sind, denn als nach über 45-minütiger Fahrt immer noch kein Rollfeld zu erkennen ist, hätte ich unter anderen Umständen an der Redlichkeit des Fahrers gezweifelt.
Viele deutsche Gruppenreisende sind unter den Passagieren, die meisten fliegen weiter nach Singapur und dann heimwärts und tauschen schon Informationen über die möglichen Eisenbahnverbindungen vom Hauptbahnhof Frankfurt aus. Nach zügiger Abfertigung und Kontrolle warten wir auf den Start. Lautsprecher gibt es nicht, Mitarbeiter gehen durch die Reihen der Wartenden und halten eine Tafel mit Informationen in die Höhe. Manchmal bedienen sie sich auch eines Megafons. Das Gepäck wird mit Handkarren zum Flugzeug geschafft. Einige Reisende warten am Rollfeld und beobachten die startenden und landenden Flugzeuge unmittelbar, in Deutschland unvorstellbar.
Unser Bereich wird von Pui San betreut, der hübschesten Stewardess, die ich je gesehen habe. In Yangon angekommen fahre ich wieder zum Tamada Hotel, das ich bei agoda.com tatsächlich relativ preiswert reservieren konnte. Die Frau an der Rezeption zwinkert mir zu, als sie merkt, dass ich ihrer Empfehlung gefolgt bin. Nun schnell das große Gepäck und die Hemden aus der Wäscherei in Empfang nehmen und dann gönne ich mir eine Teepause in der Bar 365. Viele Tische sind bereits besetzt und die Plätze in der Nähe einer Steckdose von den meist asiatischen Gästen besonders begehrt, schließlich wird mit Handy, Tablet oder Laptop kommuniziert. Zum Essen werden Burger oder Pastagerichte bestellt und die sehr schmackhafte einheimische Kost einfach ignoriert. Manchmal stört mich die brüske Art und Weise beim Umgang mit den höflichen und aufmerksamen Kellnerinnen und Kellnern. Auf Bildschirmen wird über die Flugkatastrophe berichtet, leider ohne Ton. Aber wir hatten vorher schon im Internet gelesen, dass eine Maschine der Malaysia Airlines verschollen ist.
Zum letzten Mal auf dieser Reise geht es nun zum Flughafen, fast wäre ich zu spät gekommen. Man wird halt doch gleichgültig. Nach dem Einchecken und der Personenkontrolle investiere ich meine letzten Kyatt in ein Frühstück. Eigentlich hätte ich nach dem gestrigen Vorfall bei der Fluggesellschaft eine gewissenhaftere und intensivere Überprüfung der Reisenden erwartet. Die malaiische Insel Penang ist aus der Luft gut zu erkennen.
Beim Umsteigen in Kuala Lumpur ist es wegen der Zeitverschiebung, wieder einmal, schon 1,5 Stunden später und ich habe erhebliche Bedenken, dass mein Gepäck mit befördert wird, aber es hat funktioniert, der Anschlussflug ist auch mit Verspätung gestartet. Neben mir sitzen Mutter und Tochter aus London und wir schildern uns gegenseitig unsere Asienerlebnisse. Bei der Landung fallen mir die zahlreichen Frachtschiffe auf, die auf hoher See ankern und auf die Abfertigung warten. Ob "meine" Lisbon schon darunter ist?
Dieser Teil der Weltreise kann bei Youtube unter
https://www.youtube.com/watch?v=94oZkp4BxY0&t=35s
angesehen werden. Viel Spaß!