Mit Freu(n)den um die Welt
Costa Rica
San José
40 Minuten nach der Landung sitze ich samt Gepäck bereits im Taxi. Der erste Eindruck von der Stadt ist nicht besonders, dafür aber die Begrüßung von Patrick, dem Inhaber des "Casa Leon", umso herzlicher. Das Hotel hatte ich im Internet gebucht und den Abholservice gleich mit.
Patrick ist gebürtiger Schweizer, auch einige seiner Gäste sind Eidgenossen. Im Reiseführer lese ich, dass viele Hotels von Personen aus diesem Land betrieben werden.
Nach einem gemütlichen Frühstück in der benachbarten Bäckerei mache ich mich am nächsten Morgen auf den Weg. Als erstes heißt es Bargeld besorgen, leider erhalte ich am ATM-Automaten nur den Gegenwert von 20 US-Dollar, ich hatte bei der Eingabe eine Null vergessen. Beim derzeitigen Kurs entspricht ein Dollar etwa 500 Colones.
Auf der Avenida Central entlang orientiere ich mich zum Zentrum. Es ist laut, bewölkt und 24 Grad heiß, viele Verkäufer offerieren ihre Ware lauthals und buhlen um Kundschaft. Ihre Stimmen werden noch von der Panflötenmusik übertönt, die aus vielen Lautsprechern dröhnt. Jetzt heißt es für mich erst einmal, das wilde Durcheinander gedanklich zu entwirren. Es geht auch anders: eine Folkloregruppe unterhält in angenehmer Lautstärke mit wunderschönen mittelamerikanischen Melodien.
Später gehe ich auf der Avenida 2 zur Kathedrale, wo gerade ein Gottesdienst stattfindet. Nachdem ich mir dann das Teatro Nacional angesehen habe, erfrische ich mich im Garten des Grand Hotel. Die Sitzanlage ist von Kaffeesträuchern umgeben.
Auf dem Weg zurück spaziere ich durch ein Chinesentor und stehe vor der imposanten Iglesia la Soladia. Nun sind es nur noch ein paar Schritte bis zum Hotel. Abends gehe ich ins Fleur de Lys, esse eine Kleinigkeit und summe mit dem Barkeeper beim Karaoke um die Wette - aber ohne Mikrofon, und die meisten Stücke kenne ich gar nicht.
Später im Hotel unterhalte ich mich mit Jörg, einem anderen Schweizer, danach gesellt sich noch Rosi vom Bodensee zu uns. Wir trinken etwas und unterhalten uns, jedenfalls zuerst, prächtig. Danach beginnt eine sinnlose Diskussion über uninteressante "Probleme", die wohl nur nach Alkoholkonsum möglich ist.
Costa Rica, ein kleines Land zwischen Atlantik und Pazifik, zeigt sich sehr modern und ist politisch stabil. Bei Beachtung der üblichen Sicherheitshinweise ist das Reisen relativ unproblematisch. Es gibt kein Militär, keine Guerillas oder Terroristen. Die Infrastruktur ist hervorragend, gerade im Vergleich zu anderen zentralamerikanischen Staaten. Leider hat mein Reisebuch eine andere Meinung zur allgemeinen Lage und zuerst bewege ich mich doch ein klein wenig gehemmt. Costa Rica bietet Urlaubsfreuden vieler Art, eine einmalige Tier- und Pflanzenwelt, herrliche Strände, karibisches Flair und eine wunderbare Vulkan- und Bergwelt. Das Angebot an Sport- und Freizeitaktivitäten kann sich durchaus mit dem der europäischen Ferienzentren messen.
In den 1950er Jahren wurde das Militär zugunsten der Förderung von Gesundheits- und Bildungsprogrammen abgeschafft. 1983 erklärte das Land seine dauerhafte und aktive unbewaffnete Neutralität. Mehr als 90 Prozent des Energiebedarfs wird aus regenerativen Quellen gewonnen, der Ökotourismus wird stark gefördert. Über ein Viertel der Landesfläche steht unter Naturschutz. Mestizen und Weiße stellen mit 94 Prozent den größten Anteil der insgesamt 4,3 Millionen Einwohner. Der überwiegende Bevölkerungsanteil ist christlich.
Rosi hat nicht nur ein Telefon, sondern für übermorgen auch ein Auto angemietet. Sie bietet mir an, die nächste Woche zusammen mit ihr auf der Halbinsel Nicoya zu verbringen, gern stimme ich zu. Natürlich hatte ich im Vorfeld auch überlegt, mir eventuell ein Auto anzumieten, aber allein erschien es mir zu teuer, außerdem kannte ich das Land und das hiesige Verkehrsaufkommen nicht. Rosi hingegen war vorher schon einige Male in Costa Rica und schwärmt von den vergangenen Reisen.
Wir frühstücken in der Innenstadt auf einem luftigen Balkon mit bestem Blick auf das Treiben. Später gehen wir durch gefühlt 100 Schuhläden, Rosi wird sofort fündig, ich hingegen nicht. Dabei brauche ich wirklich ein paar ordentliche Sandalen, aber die Menschen hier leben auf kleinerem Fuße. Einmal scheint es zu klappen, da verwechsele ich die Preisangabe und verstehe 50 statt 15, und der Preis ist mir einfach zu hoch.
Auch heute der gleiche Fehler, wieder gebe ich einen zu kleinen Betrag am Geldautomaten ein, und ein zweiter Versuch, sich Geld auszahlen zu lassen, ist erst nach längerer Zeit wieder möglich. Nach einer kleinen Pause im Fleur de Lys gehe ich mit Rosi zum Grand Hotel. Dort sind wir mit Karena und Horst verabredet. Sie beenden heute eine Rundfahrt durch Costa Rica und unser Treffen an diesem Ort war lange avisiert. Sie verspäten sich etwas, da heute ein Stadtmarathon durchgeführt wird, der logischerweise Einfluss auf den Autoverkehr hat. Es wird ein herrliches Wiedersehen. Eine Frau aus meinem Geburtsort Stolzenau hat an der Rundfahrt ebenfalls teilgenommen und wir begrüßen uns kurz. Zum Abendessen schwebt uns das Restaurant La Bodeguita del Patio vor, aber hier ist leider schon geschlossen, also zurück zum Hotel. Leider hält die Küche nicht, was der Name Grand Hotel verspricht. Auf dem zentralen Platz vor dem Haus spielt eine vielköpfige Blaskapelle wunderbar arrangierte Weihnachtslieder. Wir verbringen einen sehr angenehmen Abend zusammen und dann heißt es wieder Abschied nehmen.
Da es gestern nicht geklappt hat, gehe ich heute in die Bodeguita del Patio zum Frühstück. Rosi ist mit einer Gruppe zu einer organisierten Vulkanbesichtigung unterwegs. Danach versuche ich, ohne Erfolg, den einen Schuhladen wieder zu finden. Dafür bediene ich aber den Geldautomaten perfekt und erfolgreich. Es ist sonnig und heiß. Im Zentrum spielt eine Kapelle, die mich stark an Buena Vista erinnert. Es hört sich fantastisch an und viele Passanten applaudieren und legen ein Geldstück in den bereitliegenden Hut.
Zurück im Hotel kümmere ich mich um Wäscheservice und Schreibarbeit, später gehe ich noch ins Fleur de Lys, wo Patrick auch noch zeitweise tätig ist. Seine Frau arbeitet ebenfalls im Casa Leon, im Innenhof werden zwei Gänse gehalten. Außerdem gehört Lourdes, der freundliche Wachhund, zur Stammbesetzung.
In der schon bekannten Bäckerei besorge ich mir am nächsten Morgen etwas Wegeszehrung, zwei Männer liegen neben der Straße am Bahndamm und schlafen. Pünktlich auf die Minute fährt der Interbus vor und die Fahrt zur Fähre in Puntarenas beginnt. Im Reiseführer las ich, wie oben beschrieben, schreckliche Dinge über Fahrten in öffentlichen Bussen, von Überfällen und Raubzügen war die Rede. Aber, um es vorweg zu nehmen, ich habe nicht eine einzige Situation in Costa Rica erlebt, die auch nur halbwegs bedrohlich erschien.
Starker Verkehr in San José lässt uns nur langsam vorankommen. Verglichen mit Deutschland kostet der Sprit hier weniger als ein Drittel. Viele rote Taxis sind unterwegs und eine starke Polizeipräsenz, selbst in Fußgängerzonen, sorgt für Sicherheit der Passanten und anderen Verkehrsteilnehmer. Die Stadt ist von Bergen eingerahmt. Viele Häuser haben vergitterte Fenster, Eisenstäbe verhindern unbefugtes Eindringen.
Am Stadtrand steigt ein Paar aus Wales zu uns. Er arbeitet im Sommer als Surflehrer auf der Insel und im Winter als Ausbilder für Snowboardfahrer in der Schweiz. In Puntarenas besteigen wir die Fähre "Tambor III" und erreichen nach etwa 75 Minuten Paquera. Ein Bus bringt Rosi und mich nach Cóbano und mit einem Landrover schließlich geht es nach Montezuma, der früheren Anlaufstelle für Aussteiger und Freaks, gelegen auf der Halbinsel Nicoya.
Montezuma
Nach dem Einchecken gehen wir einkaufen und dann, endlich, an den Strand. Rosi war schon früher in Montezuma und kennt sich bestens aus. Das Wasser ist herrlich klar und wir stürzen uns sofort in die Fluten. Nach einem Aperitif in Chico´s Bar begeben wir uns zum Abendessen ins Cocolores. Jetzt, kurz vor Weihnachten, ist der Andrang nicht so groß und wir haben kein Problem, einen guten Platz zu finden. Köstlich, wie der Fisch hier zubereitet wird.
Zum Frühstück gehen wir in eine Strandbar und gönnen uns u. a. die Nationalspeise Gallo Pinto, ein Gericht aus gebratenem Reis mit schwarzen Bohnen und Zwiebeln. Dazu werden häufig Spiegel- oder Rühreier serviert. Anschließend marschieren wir zum playa grande, Rosi war schon einmal hier und schwärmt davon. Wir gehen den sendero sueño entlang, ich wundere mich über den fantastischen kilometerlangen Strand - und wir sind fast die einzigen Gäste. Später gesellt sich noch ein Pärchen aus den Surfhochburgen Österreich und New York dazu. Ebbe und Flut sind sehr stark spürbar, nach vier Stunden ist nur noch ein kleiner Teil des Strandes vorhanden. Besuch kriegen wir von einem neugierigen Leguan und von vielen gelben und bunten Schmetterlingen. Auf dem Heimweg nehmen wir noch einen Drink in einer noblen Ferienanlage. Im Ortszentrum haben mittlerweile die Althippies und Weltenbummler Verkaufstische am Straßenrand aufgebaut und bieten ihren Silber- und Muschelschmuck an. Quadfahrer brausen verwegen durch die Stadt.
Später bei Chico wird Rosi Kokain aus Kolumbien angeboten. Sie lehnt ab, dafür erwerbe ich endlich im Supermarkt ein Paar neue Sandalen.
Heute nehmen wir das Auto in Empfang. Mit dem Bus fahren wir zunächst nach Cóbano und frühstücken dort gemütlich. Bis zur Weiterfahrt nach Mal País bleibt uns noch genügend Zeit, bei der Post vorbei zu schauen und Briefmarken zu kaufen. Dann geht es weiter, im Innenraum des Fahrzeugs sind bestimmt 50 Grad Hitze. Alle möglichen Fenster werden aufgerissen, um sich mit dem Fahrtwind etwas abzukühlen. Aber der Bus hält diverse Male an, manchmal nach nur 25 Metern Fahrt und so ergeben wir uns schwitzend unserem Schicksal.
Stolz übernehmen wir im wunderbar kühlen Alamo-Büro den Autoschlüssel des Suzuki und fahren den Strand von Mal País entlang. An einer schönen Bucht legen wir eine Pause ein und springen ins Wasser. Habe ich gedacht, schon alle schlechten Straßenverhältnisse zu kennen - hier ist es noch schlimmer. Gut, dass wir keine Limousine angemietet haben. Rosi muss sich mächtig konzentrieren, um an den Schlaglöchern vorbei zu kommen. Dafür werden wir aber mit einsamen Stränden erster Güte belohnt. Ganz falsch können wir uns nicht orientiert haben, denn ich hatte zwischendurch den GPS eingestellt. Viele Einheimische, aber auch Touristen, sind mit einem der hier üblichen Quads unterwegs, sie scheinen die miserablen Wege zu genießen.
Zurück in Montezuma treibt es uns gleich wieder ans Meer und nach einer wunderbaren Abkühlung ins Organico, einem italienischen Lokal. Es bedient uns die lustige Tantally aus Madagaskar. Hier werden wir an den nächsten Abenden noch öfter einkehren. Im Hotel informiert mich der Portier, dass vor dem Chico ein Feuertanz stattfindet und so habe ich zum Schluss des Tages noch ein kleines kulturelles Erlebnis.
Heute feiern wir Nikolaustag und ein wahres Highlight steht an. Kurz vor 9.00 Uhr werden wir zum Canopy abgeholt. Brad und Frau aus Boston sind mit von der Partie. Ein irres Erlebnis steht uns bevor, wir werden an Seilen befestigt und schweben über die Baumkronen, einfach genial! Zwischendurch haben wir Gelegenheit, uns an einem Wasserfall zu erfrischen. Brüllaffen dösen auf den Baumwipfeln. Die letzte Fahrt ist am spannendsten, über 300 Meter fliegen wir über den Urwald hinweg. Aber ich will auch gestehen, dass die 2 1/2-stündige Prozedur, speziell die Kletterei, für mich ganz schön anstrengend ist. Die gesamte Tour erstreckt sich über zehn Plattformen. Rosi erwirbt zum Schluss noch eine DVD mit Aufnahmen unseres "Ausflugs". Bedient wird sie von einer jungen Frau aus Deutschland, die hier für neun Monate arbeitet.
Nach kurzer Pause fahren wir zur Entspannung an den Strand, schwimmen, schnorcheln und relaxen. Größere Fische sind unter Wasser noch nicht zu sehen, wahrscheinlich müsste man sich deswegen weiter aufs Meer hinausbegeben. Abends stärke ich mich mit Tintenfisch in Knoblauchsoße in einem Lokal direkt am Meer. Sechs Geckos an der Wand neben und über uns gehen auf Insektenjagd. Und der Nikolaus lässt sich den ganzen Tag nicht blicken.
Am frühen Morgen geht es dann mit dem Auto in Richtung Playa Tambor. Zum Frühstücken halten wir unterwegs in Cóbano. Auf das bei den Einheimischen beliebte Gallo Pinto verzichte ich gern. Von einer Stelle haben wir einen traumhaften Blick auf einen fast unberührten Strand. Die schönen Anlagen in dieser Gegend sind meist in der Hand von privaten Hotel- oder Golfressorts.
Bei Tambor finden wir dann ein schönes Plätzchen und beobachten, wie Pelikane im Sturzflug auf Fischfang gehen. Auf einem Baum neben uns warten zeitweise sieben Elstern auf Beute. Ich schwimme ein Stück auf das hier sehr ruhige Meer hinaus, lege die Schnorchelbrille um, aber von der Unterwasserwelt ist wieder nicht viel zu sehen. Das satte Grün der Landschaft fasziniert mich, gar kein Vergleich mit der vertrockneten Prärie unterwegs in den USA. Die Regenzeit hat ganze Arbeit geleistet.
Abends suchen wir ein Restaurant am Ortsrand von Montezuma auf und sind sehr angetan von der Küche. Den Abend lasse ich im Organico ausklingen, ein Gitarrist unterhält die Gäste mit Oldies.
Am nächsten Tag geht es früh los, schließlich steht das relativ weit entfernte Samara auf der Wunschliste. Aber die kleinen Überlandstraßen lassen es nicht zu. Spätestens als eine Überschwemmung unsere Straße zum See werden lässt, kehren wir um und fahren in Richtung Paquera. Auch dort geht es irgendwann nicht mehr weiter, Strommasten sind umgekippt und versperren die Straße. Also auf "guten" Straßen weiter. Beim Frühstück unterwegs beobachten wir einen Papagei, der es sich auf einem Lautsprecher gemütlich gemacht hat. Als ich ins Auto einsteigen will, werde ich von einer Gans "angegriffen". Wir fahren dann weiter bis Jicaral, denn dort gibt es eine Tankstelle. Fünf Tankwarte warten auf Beschäftigung, aber keiner kümmert sich um die Windschutzscheiben.
Später, während einer Pause am Meer, beobachten wir eine Truthahnhenne mit kleinen Küken. Mir fällt auf, dass viele Menschen gemütlich auf der Fahrbahn stehen und sich unterhalten. Es stört sie nicht, wenn Autos vorbeifahren möchten und deswegen stoppen müssen. Auf vielen Wiesen stehen schattenspendende Bäume und gewähren den Pferden und Rindern Schutz vor der Sonne. Es soll sich dabei um den Guanacaste, den Nationalbaum Costa Ricas, handeln. Selbst eine Provinz im Nordwesten des Landes wurde nach ihm benannt. Auf der Rückfahrt haben wir noch das Glück, eine Rinderherde zu beobachten, die von drei Cowboys zu einer anderen Weide getrieben wird. Einen letzten Fotostopp legen wir dann noch vor einer "offenen" Kirche ein. Es stimmt, das Gotteshaus hat tatsächlich nur ein Dach und Wände sind nicht vorhanden.
Zurück im Hotel beneide ich die Gäste in den oberen Etagen, sie verfügen nämlich über eine Hängematte, und die hätte ich jetzt auch gern. Im Haus befindet sich auch die "Escuela del Sul", sie bietet Interessierten Kurse in Surfen, Spanisch und Feuertanz an.
Beim Strandspaziergang beobachte ich einen Nasenbär, später im Garten von Chico´s Bar diebische Elstern, die versuchen, Zuckertüten vom Tisch zu stehlen. Zum Abendessen geht es, wieder einmal, ins Organico. Tantally begrüßt uns freudig. Dann folgt Lifemusik. Einige Interpreten machen ihre Sache ganz gut, aber halt nicht alle und ein Mann aus Costa Rica scheint mit seiner Gitarre auf Kriegsfuß zu stehen. Später folgen noch zwei Banjospieler, aber auch hier herrscht durchaus Übungsbedarf. Was soll´s, den Gästen hat es Spaß gemacht und der Applaus kann sich hören lassen.
Die nächsten Tage lassen wir es ruhig angehen, fahren die umliegenden Strände an, hüpfen ins Wasser, schnorcheln, lassen uns von der Sonne streicheln und trinken Kaffee in einer von Lonely Planet empfohlenen Bäckerei in Cabuya. Abends vor dem Schlafengehen unterhalten wir uns wiederholt mit Gabriel, einem Hotelmitarbeiter, der vor kurzer Zeit Kelsey, eine Frau aus Kanada, geheiratet hat. Er kennt das Lied "Die Bremer Stadtmusikanten" und ich verspreche, ihm ein Buch mit diesem Titel zu senden. Kelsey beschwört uns, dass wir im Winter unbedingt versuchen sollen, das Nordlicht zu sehen. Als wenn das so einfach wäre. Sie verbringen ihre Flitterwochen in der Hotellobby, trinken Wein und essen tamales, eine angeblich typische Weihnachtsspeise in Costa Rica. Die Hoteltüren sind mit einer Glocke geschmückt und vermitteln ein wenig Adventsstimmung.
Dann kommt leider der Tag, an dem das Auto abgegeben werden muss. Wir fahren erst nach Cóbano, geben an der "interessanten" Poststation unsere Ansichtskarten ab und steuern dann Mal País an. Doch schon nach ein paar Metern versperrt uns ein Polizeiauto die Fahrbahn. Ein Unfall? Wahrscheinlich, aber genau können wir es nicht feststellen.
Bei Alamo soll noch nachbezahlt werden, aber glücklicherweise hat Rosi alle wichtigen Belege zur Hand und nach telefonischer Rücksprache ist die Angelegenheit in unserem Sinne erledigt. Bevor wir mit dem Bus zurückfahren, gehen wir noch einen Moment in Mal País an den Strand.
Zurück in Cóbano haben wir wieder Zeit, bis es weitergeht nach Montezuma. Zwei Friseurläden geben mir einen Korb auf die Frage, meinen Bart abzurasieren. Dafür erhält Rosi ein Sandwich, das bestimmt Stunden vorhält. Auch der Anschlussbus muss vor einer Polizeisperre warten, später hat er Probleme, am quer gestellten Polizeiauto vorbei zu kommen. Da haben wir uns doch den obligatorischen Sundowner verdient. Meine Stimmung wird etwas getrübt, als ich erfahre, dass morgen die geplante Direktverbindung nach La Fortuna wegen mangelnder Nachfrage nicht möglich ist. Also erst nach San José und dann weiter. Schade, und es kostet auch das Doppelte. Aber das ist halt der Preis der Nebensaison. Und dann muss ich mich leider von Rosi verabschieden, wir hatten eine schöne Zeit zusammen und ich bin froh, dass wir uns getroffen haben.
Das Taxi von Interbus fährt pünktlich vor und los geht es zum Fähranleger in Paquera, dann mit der Fähre bis Puntarenas und weiter mit dem Interbus bis zur Stadtgrenze von San José. Als einziger Gast, denn jetzt kurz vor Weihnachten ist überhaupt keine Saison. Eine gute Stunde warte ich vor einer Spielhalle. Die Gäste müssen sich einer Personenkontrolle unterziehen und ein Schild besagt, dass das Tragen von Schusswaffen in diesem Bereich verboten ist. Es regnet etwas, als ich in den Shuttlebus nach La Fortuna steige, immerhin ist noch eine junge Dame im Wagen. Drei Herren, die wir in der Nähe des Flughafens abholen sollen, erscheinen nicht. Unterwegs legen wir einmal eine Pause ein, ich bin sehr dankbar, kann ich mich doch etwas aufwärmen. Ich verstehe nicht, warum die Aircondition immer so stark eingestellt wird. Unterwegs kommen wir an vielen Möbelfabriken vorbei, zeitweise ist es sehr neblig. Gut drei Stunden später ist das Tagesziel erreicht. Viele Häuser in La Fortuna sind weihnachtlich geschmückt.
La Fortuna
Das Hotel gefällt mir, eine schöne Gartenanlage mit Bar ist vorhanden. Hängematten laden zum Entspannen und Ausruhen ein. Beim Bier treffe ich auf ein Paar aus der Schweiz, das auch schon eine Weltreise hinter sich hat und nun Zentralamerika erkundet. Später trinke ich noch ein Bier mit Kathi und Stefan aus Düsseldorf.
Heute schreiben wir Freitag, den 13. (Dezember 2013). In der Nacht hat es reichlich geregnet. Zum Frühstück besuche ich die vom Barkeeper empfohlene benachbarte Lodge, es gefällt mir aber nicht besonders. Lieber mache ich einen Spaziergang durch den Ort und gehe zum Fluss, wo man wie Tarzan an Lianen oder ähnlichen Naturseilen durch die Lüfte fliegen kann. Aber es sind keine mutigen Abenteurer zugegen.
Auf dem Heimweg geben die Wolken einen guten Blick auf den nicht mehr aktiven Vulkan Arenal frei. Bei der Reisevorbereitung hatte ich in mehreren Reiseführern noch das Gegenteil gelesen und gerade wegen des zu erwartenden Feuerzaubers dieses Ziel avisiert. Und dann finde ich doch tatsächlich einen Friseur, der meinen Bart abrasiert. Zusammen mit Haarschnitt kostet der Spaß sechs Dollar. Hier in La Fortuna sind die meisten Preise in US-Dollar angegeben.
Später lege ich mich in die Hängematte und lese. Kathi und Stefan erzählen, dass sie von dem geplanten Gang über Hängebrücken Abstand genommen haben, als sie den geforderten Preis hören. Abends gehe ich ins Don Rufino und esse an der Bar leckeren Fisch. Hier scheinen nur Touristen zu speisen. Längere Zeit unterhalte ich mich mit einem Paar aus Washington, das sich auf Hochzeitsreise befindet. Auf dem Rückweg kehre ich noch in eine andere Bar ein. An Lokalen mangelt es in La Fortuna wahrlich nicht.
Aber natürlich möchte ich mir auch die Umgebung ansehen. Im Hotel werden diverse Exkursionen angeboten und ich entscheide mich für eine geführte Wanderung durch den Nationalpark. Um 7.30 Uhr werde ich abgeholt und von 8.00 bis kurz vor 10.00 Uhr marschiere ich in Begleitung eines sympathischen Guides aus Nicaragua durch den Wald. Die Seite, auf der wir uns bewegen, war vom letzten Ausbruch des Vulkans El Arenal besonders betroffen und viele Menschen und Tiere verloren dabei ihr Leben. Zahlreiche Kraterlöcher zeugen noch von dieser Tragödie.
Mein Begleiter ist sehr kundig, aber der englischen Sprache nicht so mächtig. Er zeigt mir Mimosen, demonstriert, wie sie sich bei Gefahr zusammenziehen, erklärt die Anispflanze und macht vor, wie man damit Moskitos fernhalten kann.
Wir kommen an bestimmten Teepflanzen und Zedern vorbei und ich erfahre, dass eine Beschädigung oder Zerstörung dieses Baumes sogar mit Gefängnis geahndet wird. Aber natürlich sehen wir auch Tiere, allerdings habe ich die in englischer oder spanischer Sprache erhaltenen Namen später nachrecherchiert, um sie halbwegs richtig wiedergeben zu können. So sehen wir eine eyelash viper, was wohl übersetzt "Greifschwanz-Lanzenotter" heißt. Eng an den Baum geschmiegt, in gelber, später auch in brauner Farbe, beobachte ich sie doch mit gebührendem Abstand, denn das 60 bis 80 Zentimeter lange Tier ist äußerst giftig und wenn man denn vom Biss nicht stirbt, so muss doch mit Amputation oder Verstümmelung der Gliedmaßen gerechnet werden. Ameisen begleiten uns fast auf dem ganzen Weg, aber auch wunderschöne Vögel, bei denen ich irgendwann nicht mehr die Namen notiert habe, darunter die herrlichen Tukane und genauso prächtigen Pirole.
In der Ferne lässt sich ein Nasenbär blicken, an einem Baum hängt ein stattliches Hornissennest. Ziemlich zum Schluss der Wanderung blicken wir auf Brüllaffen, die hoch in den Baumkronen versteckt Siesta halten und sich von uns und unseren Lockrufen überhaupt nicht stören lassen. Kleine Frösche quaken in einer Höhle. Zum Schluss der Wanderung werfen wir noch einen Blick auf den Arenalsee.
Bei der Buchung dieses interessanten Weges hätte ich im Anschluss einen Aufenthalt in einem Thermalhotel anhängen können. Stattdessen lasse ich mich am Fluss aussetzen, bei den nature hot springs, und bade umsonst in dessen heißen Quellen. Immer wieder steigen Ticos, wie sich die Einwohner aus Costa Rica selbst gern bezeichnen, aus einem Auto oder Minibus und springen in die warmen Fluten. Auch Lastwagenfahrer halten an und erfrischen sich im Fluss.
Nachher habe ich noch Gelegenheit, einen Blick in das Innere des nebenan gelegenen Resorts zu werfen und nicht bereut, das Geld gespart zu haben. Der Eintritt hätte 60 Dollar, mit Dinner sogar 80 Dollar, gekostet. Rosi hat von dieser Art der Entspannung sehr geschwärmt, Stefan mir aber gestern davon abgeraten. Es heißt zwar freie Getränkeauswahl, so erzählte er, aber dazu gehören nur bestimmte Säfte und der gewünschte Cocktail muss separat bezahlt werden.
Auf dem Rückweg kommen wir noch an dem derzeitigen Marktführer der Thermalhotels vorbei. Sein Parkplatz ist überfüllt von Bussen und PKW, gut dass ich dort nicht hinein muss.
Abends ist die Polizei permanent unterwegs und kontrolliert die Haupt- und Nebenstraßen von El Arenal. Die letzten Stunden des Tages verbringe ich in der Lava Lounge, gegenüber meinem Hostel. Nur mit Mühe gelingt es mir, einen freien Platz zu finden. Später auf dem Zimmer lese ich noch eine Weile, mit der Bedienung des Ebook Readers komme ich nun doch immer besser zurecht, zumindest, wenn es um belletristische Literatur geht. In den Vereinigten Staaten habe ich noch lieber auf die traditionelle Reiseliteratur von Harms zurückgegriffen. Bei allen Vorteilen, die zugegeben vorhanden sind, einen richtigen Reiseführer in Buchform kann der Computer aber nicht ersetzen.
Um 1/2 6 Uhr klingelt der Wecker am nächsten Morgen, denn heute steht ein Abstecher nach Nicaragua auf dem Programm. Kurz nach 6.00 Uhr bringt mich ein Taxi nach El Tanque und von dort geht es mit 15-minütiger Verspätung weiter nach Peñas Blancas, also zur Grenze nach Nicaragua. Die Fahrt im public bus ist doch recht abenteuerlich, zunächst geht es ganz leger vorwärts, aber auf halber Strecke ist das Fahrzeug nach unseren Kriterien um satte 100 Prozent überfüllt. Ich wundere mich über die Ruhe und Gelassenheit der Mitreisenden. In den Ortschaften wird im Abstand von 50 Metern angehalten und die Aussteigenden treffen mitten im Bus mit den Neuankömmlingen aneinander, denn der Ausstieg ist nur vorn beim Fahrer möglich. Auf dem Sitz neben mir stillt eine Mutter ihr Kind, andere Passagiere haben meinen Nebenmann aufgefordert, ihr und dem Baby doch Platz zu machen. Die Straßensituation kommt mir zwar besser vor als auf Nicoya, ist aber dennoch recht verbesserungswürdig. Wahrscheinlich ist der Bus so begehrt, weil viele Menschen aus Nicaragua in Costa Rica arbeiten und über Weihnachten nach Hause zu ihrer Familie fahren. Auf halber Strecke werden wir von der Polizei kontrolliert.
Nach 5 1/2 Stunden sind wir an der Grenze und dann geht alles sehr zügig. Arthur, ein junger Mann aus Amsterdam, den ich beim Warten in El Tanque kennen gelernt habe, meint, dass wir bestimmt drei Stunden brauchen und keine Chance mehr haben werden, rechtzeitig nach Granada zu kommen. Da hat er sich aber geirrt, in weniger als 60 Minuten sind wir auf der Nicaragua-Seite und einer Meute von Geldwechslern, Taxifahrern oder Schleppern ausgesetzt. Heute ist Sonntag und bestimmte Linien werden deshalb nicht bedient. Aber wir behalten die Ruhe, steigen in einen um 200 Prozent überladenen Bus nach Managua mit der Vereinbarung, irgendwann bei Jinotepe an einer Kreuzung auszusteigen und den Bus nach Granada zu nehmen. Unser Gepäck verweilt derzeit auf dem Dach des Fahrzeugs, gut, dass es nicht regnet. Aber es klappt vorzüglich, wir werden rechtzeitig aufgefordert und quälen uns an den anderen in Doppelreihe stehenden Mitreisenden vorbei zum Ausgang. Mein Rucksack wurde bereits vom Dach des Busses auf den Boden geworfen. Eigentlich wollte ich mir diese Art des Reisens gar nicht mehr antun. Natürlich habe ich solche oder ähnliche Busfahrten schon erlebt, aber da war ich noch jünger.
An besagter Kreuzung wartet eine hübsche Frau aus Moskau ebenfalls auf den Bus nach Granada. Sie hatte den Mombacho bestiegen. Ein Tuktuk-Fahrer bietet an, uns für je zwei Dollar nach Granada zum Hotel zu fahren. Da überlegen wir nicht lange und steigen ein. Kühe grasen angekettet am Straßenrand und Schweine tummeln sich auf den Höfen und wühlen im Matsch. In der Stadt angekommen, enteilt Arthur mit der Frau aus Moskau aus Gründen, die ich verstehen kann, in deren Hostel, dort wäre noch Platz, meint sie. Ich fahre weiter zum schon reservierten Hotel Kekoldi.
Granada/Nicaragua
Granada ist als älteste Kolonialstadt Mittelamerikas ein Muss für alle Nicaragua-Besucher. Die Unterkunft, die nach einem karibischen Indianerstamm benannt ist und übersetzt etwa "heiliger Baum des Wassers" heißt, liegt relativ zentral und schon nach wenigen Minuten bin ich an der etwas verfallenen Kirche La Merced und an der besser erhaltenen Kathedrale. Etwa 20 Pferdekutschen stehen für eine Stadtrundfahrt bereit. Nach kurzer Erfrischungspause steige ich auf den Turm der "Merced", natürlich gegen Gebühr, die nur in Dollar und nicht in Córdobas genannt wird. Aber der Einsatz hat sich gelohnt. Man hat eine wunderbare Rundumsicht auf den Vulkan, die Kathedrale und den Nicaraguasee. Ein Regenbogen gibt dem Ganzen noch eine besondere Note. Etwas schwer tue ich mich bei der Suche nach einem Restaurant, finde dann aber etwas in einem Atrium. Nebenan wird ein Mann in Handschellen von der Polizei abgeführt.
Mein Hotel ist bereits abgeschlossen und ich warte eine längere Weile, bis jemand die Klingel hört und mir öffnet. Ein korpulentes Paar aus den USA sitzt mit ihren beiden Kindern am Pool, der im angenehmen Gartenbereich angelegt ist.
Nicaragua ist flächenmäßig der größte Staat Mittelamerikas, aber nur ein gutes Drittel des Landes ist nutzbar. Unzugängliche Regenwälder und Gebirge lassen eine größere Bewirtschaftung nicht zu. Ein großer Teil der Pazifikküste wird von teilweise noch aktiven Vulkanen eingerahmt. Land der tausend Vulkane ist deshalb eine weitere Bezeichnung für Nicaragua.
Über 5,5 Millionen Menschen wurden 2007 gezählt, die meisten davon sind Mestizen. Rund 80 Prozent der Nicaraguaner sind heute römisch-katholisch. Nach vielen Kriegen und nationalen Auseinandersetzungen konnte der ehemalige Guerillaführer Daniel Ortega mit den Sandinisten bei der Wahl 2006 die Macht zurückgewinnen.
Nicaragua gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, etwa 50 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, auf dem Land sogar 70 Prozent. In einem Null Hunger-Programm erhalten hunderttausende Schulkinder täglich eine unentgeltliche Mahlzeit. Gesundheitsvorsorge und Bildung sind wieder kostenlos. Um die Abhängigkeit Nicaraguas von Nahrungsmittelimporten zu senken, offeriert die Regierung kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben Ackerland zu einem sehr niedrigen Zinssatz.
Am nächsten Tag geht es ruhiger zu. Nach dem eher mäßigen Hotelfrühstück besorge ich mir ein Ticket für die Weiterfahrt und gehe dann zum Lago Nicaragua, dem größten Binnensee des Landes. Er grenzt direkt an die Innenstadt von Granada. Sein Ufer ist ziemlich verdreckt, sonst liegt er wunderbar und bietet ein tolles Panorama. Ein Eisverkäufer leistet Schwerstarbeit, drei Kinder versuchen, zusammen auf einem Fahrrad zu fahren. Später kommen sie zu mir, schreiben mir ihre Namen auf und reden so schnell, dass ich fast nichts verstehe.
Auf einer Wiese stehen diverse Geschäfte und bieten Feuerwerkskörper und Pyrotechnik an. Kein Wunder, dass es immer irgendwo knallt. Während einer Pause in der Calle Calzada, hier gibt es die meisten Lokale, beobachte ich, wie ein hübsches langhaariges und -beiniges Model auf der Straße fotografiert wird. Mariachimusik scheint hier sehr angesagt zu sein, mir gefällt sie, obwohl die Salsa- oder Merenguemelodien, die überall in Costa Rica gespielt werden, schon den Pulsschlag erhöhen können. Aber auch andere, individuelle, Lieder sind möglich, denn immer wieder fragen Straßenmusikanten nach dem Wunsch. Kinder laufen durch die Sitzreihen und versuchen, ihre Ware an den Mann zu bringen. Ein Ehepaar bittet ein paar von den jungen Verkäufern an seinen Tisch und spendiert ein Getränk.
Arthur kommt zufällig vorbei und wir unterhalten uns eine Weile. Er hatte sich ein Fahrrad gemietet und wurde von Hunden gehetzt. Leon wird sein nächstes Ziel sein, die Weihnachtstage will er in San Salvador verbringen.
Auf dem Heimweg kommt mir eine Kinder-Weihnachtsprozession entgegen. Auch hier im Zentrum von Granada sind die Häuser stark verriegelt und gesichert. Auf mehreren Vorhöfen leuchtet ein Tannenbaum.
Und dann heißt es wieder Abschied nehmen. Am Folgetag tausche ich im Hotel meine restlichen Córdobas und gehe dann zur Haltestelle. Sie liegt nur ein paar 100 Meter vom Hotel entfernt. Vorsichtshalber kehre ich noch in einen Kiosk ein und versorge mich mit ausreichend Mineralwasser. Um 10.00 Uhr fahren wir im Tikabus in Granada los und um 11.30 ist die Grenze erreicht. Nach langen zwei Stunden Wartens in der Mittagshitze geht es weiter. Die Ausreiseformalitäten übernimmt ein Busbegleiter, bei der Einreise in Costa Rica muss das Gepäck aufgenommen und der Pass persönlich vorgelegt werden. Unterwegs hält uns eine Polizeisperre etwa 30 Minuten auf und einige Mitreisende müssen aussteigen, nähere Informationen habe ich nicht erhalten. Verkäufer steigen ein und bieten Erfrischungen an. Wieder ist es mir wegen der Klimaanlage zu kalt im Bus. Straßenbaustellen erschweren das Weiterkommen. Einmal erkenne ich eine riesige Stierkampfarena, ist es in San Cristobal? Ganz sicher bin ich mir nicht. Die Strecke führt dann weiter über Liberia und Puntarenas. Es ist schon dunkel, als wir nach insgesamt mehr als sieben Stunden in San José ankommen. Mit dem Taxi fahre ich dann wieder zum Casa Leon. War ich vor Wochen noch nervös, als ich die Stadt nachts erreichte, fühlt es sich heute wie ein “wieder Ankommen” an.
Patrick hatte mir ein Interbusticket für die Weiterfahrt nach Puerto Viejo am nächsten Morgen besorgt, ich kümmere mich online um eine Unterkunft. Um 8.15 Uhr werde ich abgeholt, danach steigen Mann und Frau aus San Francisco und eine Schwedin in den Bus. Später gesellt sich noch ein sympathisches Ehepaar aus Hamburg zu uns. Wir unterhalten uns prächtig und die Fahrt ist sehr angenehm. Es regnet fortwährend. Während einer Pause fährt ein Rotel-Bus ebenfalls auf den Parkplatz.
So kommen wir an riesigen Bananenplantagen und den Verarbeitungsfabriken vorbei, sehen zig Container, u. a. von Hamburg Süd und Maersk, und den Ort, wo Kolumbus seinerzeit an Land gegangen sein soll. Auch beobachten wir ein Faultier, das, wie es der Name vermuten lässt, ziemlich relaxt auf einem Ast in den Tag hinein schlummert. Ist es das gute Auge unseres Fahrers, dass er das Tier während der Fahrt wahrnimmt, oder hält es sich dort öfter auf? Ich weiß es nicht.
Aber auch der Sport kommt nicht zu kurz. Hin und wieder müssen wir anhalten und Radfahrer vorbei lassen. Zurzeit findet die mittelamerikanische Variante der Tour de France statt, die vuelta ciclistica de Costa Rica. Dementsprechend stoßen wir auf eine mächtige Polizeipräsenz. Das Teilnehmerfeld besteht u. a. aus einheimischen, italienischen und kolumbianischen Sportlern.
Puerto Viejo
Dann sind wir am Ziel und hier erlebe ich ein Costa Rica wie nie zuvor - Karibik pur. Wegen des Regens sind die Straßen teilweise überschwemmt, die Sonne hat sich eine Pause genommen. Aber das Leben auf der Straße gefällt mir, Rasta, Reggae, Stimmung, Aussteiger, Tanz, hier versteht man das Motto oder Mantra der Ticos: Pura Vida, das wahre oder pralle Leben. Trotzdem müssen aber auch die profanen Arbeiten erledigt werden und ich suche eine Wäscherei auf und ziehe Geld aus einem Automaten.
Am Strand spielt in den Abendstunden eine Reggae-Band, am Ende des Sets verkündet der Sänger fünf Minuten Pause, "fünf karibische Minuten" ergänzt er schmunzelnd. Im zweiten Durchgang wird u. a. der alte Satchmo-Song "It´s a wonderful world" als Reggae gespielt und mir gefällt es. Das Bier fließt in Strömen und die Joints glühen. Auch mir wird immer mal ein Zug angeboten, den ich natürlich ablehne.
Später treffe ich noch auf die beiden Hamburger und wir nehmen zusammen einen Drink. Aber ich will nicht verhehlen, im Moment ist überhaupt keine Saison, die Anzahl der Touristen sehr übersichtlich und die Souvenirhändler träumen wohl schon vom Weihnachtsgeschäft.
Die Nacht verlangt am anderen Morgen nach einem erfrischenden Bad im karibischen Meer, dann wird gemütlich gefrühstückt. Die Sonne scheint und es ist riesig heiß. Nachmittags skype ich ein paar Male, mit Bärbel, dem Stammtisch und Dieter, wegen der Zeitverschiebung ist es nicht anders möglich.
Dann wird im Lazymon wieder bei toller Lifemusik der Feierabend eingeläutet, heute sind Oldies und Blues angesagt. Ein schöner Sonnenuntergang geht im Regen unter. Zum Abendessen wähle ich heute Calamares mit Reis, zwei Mexikaner spielen Gitarre und eine hübsche Frau tanzt dazu mit ihrem Reifen.
Nachdem unser Shuttlefahrer durch Handyunterstützung alle Personen in den verschiedenen Hostels endlich gefunden hat, geht es anderntags weiter zur Grenze. Wieder sehen wir zu beiden Seiten der Straße große Bananenfelder. Das Weihnachtsfest möchte ich in Panama verbringen. Es dauert und dauert, bis wir das Land endlich verlassen können, die Sonne brennt und kein Schatten ist vorhanden. Dann, nach der Costa-Rica-Abfertigung, haben wir eine von Planken belegte wackelige Eisenbahnbrücke zu überschreiten und schon ist Panama erreicht. Von wegen, erst muss Eintritt bezahlt werden, drei Dollar werden verlangt. Ich lege eine Fünfernote hin und merke nicht, dass es sich dabei um einen neuen Euroschein handelt. Der Grenzer schüttelt immer mit dem Kopf, sagt aber nichts oder ist nicht in der Lage, mich aufzuklären. Endlich mischt sich eine junge Europäerin ein, macht mich auf den Irrtum aufmerksam und danach zahle ich in der richtigen Währung. Anschließend sind Steintreppen mit riesigen Absätzen hinab zu schreiten und irgendwo weiter hinten befindet sich das Einreisebüro. Bezeichnenderweise wird der staubige Weg noch von einem quer parkenden Lastwagen versperrt. Aber auch diese Prozedur ist irgendwann vorbei und mit dröhnender Technomusik fahren wir unserem nächsten Ziel entgegen.
Ein Video über diesen Teil der Reise kann unter
https://www.youtube.com/watch?v=cY1kaaBARbA&t=153s
eingesehen werden, viel Spaß!